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2: Niedrig dosiertes Naltrexon (LDN) bei Fibromyalgie und chronischem Erschöpfungssyndrom

LDN hat sich in den letzten Jahren als kostengünstige und effektive Maßnahme bei der Behandlung von Fibromyalgie und dem chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS) erwiesen. Das bestätigen die Berichte Betroffener ebenso wie medizinische Studien.


Es mutet vielleicht auf den ersten Blick etwas seltsam an, niedrig dosiertes Naltrexon (Low Dose Naltrexone; LDN) solchen Menschen als Medikament zu empfehlen, die an Fibromyalgie oder chronischem Erschöpfungssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome; CFS) leiden. Normalerweise wird das Mittel nämlich hochdosiert verabreicht und kommt gegen Alkoholismus und die Nebenerscheinungen eines Rauschgiftentzugs zum Einsatz. Naltrexon an sich blockiert die Opioid- bzw. Endorphinrezeptoren im Gehirn. LDN jedoch hat den Vorteil, dass es billig und sicher ist – und sich außerdem in Apotheken, die selbst Rezepturarzneimittel herstellen, leicht zusammenmischen lässt.1

Doch warum hilft ein Medikament, das üblicherweise zur Entwöhnung beim Narkotikaentzug angewendet wird, auch Patienten mit Fibromyalgie, CFS und anderen Erkrankungen?

Wohlfühlen (endlich!)

Dafür gibt es einige Gründe: Zum Beispiel ist LDN eine „Wohlfühldroge“. Aus medizinischen Studien geht hervor, dass „Wohlfühl“-Substanzen wie beispielsweise Endorphine bei Schmerzkrankheiten, wie es Fibromyalgie und CFS sind, im Körper in zu geringer Konzentration vorhanden sind. Weil das LDN die Endorphinrezeptoren blockiert, wird das Gehirn dazu angeregt, größere Mengen Endorphine auszuschütten. Dass Endorphine auch „natürliche Schmerzmittel“ sind, ist höchstwahrscheinlich der Grund dafür, dass sich eine höhere Konzentration dieser körpereigenen Opioidpeptide auf Menschen mit solchen Erkrankungen sehr positiv auswirkt.

Aus einer neuen Fallstudie2 über die Behandlung von Fibromyalgie geht hervor, dass diese Endorphin-Theorie durchaus realistisch ist. In der Studie geht es um den Fall eines 37-jährigen Professors mit stechenden und dumpfen Schmerzen, Brennen, Augenschmerzen, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Gemütserregungen. Sein Zustand verbesserte sich nach LDN-Gaben erheblich, obwohl er die Fibromyalgie nicht überwunden hatte.

Dabei ist besonders interessant, dass Endorphine von der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse produziert werden, die sowohl bei Fibromyalgie als auch bei CFS beeinträchtigt zu sein scheint.

Die Immun- / Autoimmun-Zusammenhänge

Es gibt aber auch noch eine weitere Erklärungsmöglichkeit: Endorphine verstärken die Reaktion natürlicher Killerzellen, die bei CFS einer der wichtigsten Immunfaktoren sind, und reduzieren die Aktivität von B-Lymphozyten (B-Zellen), die Antikörper bilden. […] Derzeit wird die Wirksamkeit von LDN gegen diverse Autoimmunerkrankungen getestet.3

Wie es scheint, beeinflusst LDN auch die Funktion der Mikrogliazellen – also der steuernden Immunabwehr im Zentralnervensystem. Wenn diese Zellen infiziert oder geschädigt werden, produzieren sie inflammatorische Zytokine, reaktive Sauerstoffspezies (freie Radikale) und Stickstoffmonoxid; alle diese Begriffe werden auch im Zusammenhang mit CFS genannt.

Bei Mikrogliazellen könnte es sich um eine Schlüsselkomponente der „Krankheitsreaktion“ handeln, die Müdigkeit, grippeartige Symptome, Schmerz usw. hervorruft, wenn uns eine Infektion erwischt hat. Nach Ansicht mancher Forscher könnte diese Reaktion bei CFS- und Fibromyalgie-Kranken permanent ablaufen. Da LDN einen wichtigen Rezeptor (TLR4) der Mikrogliazellen blockiert, ist dieser vermutlich für deren Aktivierung verantwortlich.

LDN lässt sich in jeder Apotheke leicht zusammenmischen – und wird daher von den großen Pharmafirmen nie teuren klinischen Studien unterzogen werden. Es gibt jedoch trotzdem einige seriöse Studien dazu. (Die Fibromyalgie-Tests, zu denen wir noch kommen werden, wurden beispielsweise von der Selbsthilfegruppe American Fibromyalgia Association finanziell unterstützt.) Im Jahr 2013 waren auf der Website www.ClinicalTrials.gov ganze 23 LDN-Studien (laufende sowie abgeschlossene) aufgeführt, in denen sich die Forscher mit Erkrankungen wie Fibromyalgie, Alkoholismus und multipler Sklerose, aber auch mit Drogenentzug befassten.

Schwangerschaft

Bei vielen Frauen, die an multipler Sklerose oder CFS leiden, tritt während der Schwangerschaft – wenn die Produktion endogener Opioide auf Hochtourenläuft –interessanterweise eine Remission ein; sinkt der Opioidspiegel dann einige Monate nach der Schwangerschaft wieder, kommt es zu einem Rückfall. Das lässt vermuten, dass einer oder mehrere der Opioidrezeptoren, auf die sich LDN auswirkt, eine Rolle im Krankheitsverlauf spielen könnten.

LDN könnte gegen CFS undFibromyalgiewirken, weil …

… es möglicherweise die Immunfunktion des Körpers reaktiviert und die Ausschüttung der als Endorphine bekannten Neurotransmitter steigert, die aufgrund der Erkrankung nicht mehr ausreichend produziert werden.

Da LDN dazu imstande ist, die natürliche Aktivität der Killerzellen anzupassen und die B-Zell-Aktivität zu reduzieren, kann es auch zu einer Neuregulierung der Immunantwort bei CFS-Fällen kommen. Weil es auch die Funktion der Mikrogliazellen hemmt, können sich Erschöpfungszustände, Schmerz und andere Symptome der „Krankheitsreaktion“ vermindern.

Zum Thema LDN und Fibromyalgie gibt es übrigens ein faszinierendes Video vom Stanford University Medical Center.4

CFS- und Fibromyalgie-Studien

Zwei kleinere Studien der Forscher aus Stanford weisen darauf hin, dass das Medikament eine erhebliche schmerzlindernde Wirkung haben kann. Bei einer einfachblinden Cross-Over-Studie wurde im Jahr 20095 festgestellt, dass LDN sowohl das Schmerz- als auch Erschöpfungs- und Stressniveau erheblich reduzierte. Wurde das Medikament abgesetzt, so erreichten dieSymptome sehr bald wieder ihr früheres Niveau. Faszinierend war die Erkenntnis, dass die Blutsenkungsreaktion (BSR), mit der normalerweise Entzündungen festgestellt werden, zu einer wichtigen Vorhersage herangezogenwerden konnte: Bei 80 Prozent der Patienten mit einer erhöhten BSR kam es zu einer Linderung der erwähnten Symptome. Da die BSR normalerweise bei Fibromyalgie nicht verstärkt ist, könnten die BSR-Werte dazu verwendet werden, jene Fibromyalgie-Fälle herauszufiltern, die von einer LDN-Behandlung profitieren würden.

Eine größere, placebokontrollierte doppelblinde Cross-Over-Studie6 ergab, dass es bei jenen Versuchspersonen, die täglich 4,5 Milligramm LDN einnahmen, zu einer deutlichen Schmerzreduktion und einer erheblichen Verbesserung des Gemütszustands kam. Außerdem waren sie allgemein zufriedener. Auf Müdigkeit und Schlaf hatte das Medikament jedoch keinen Einfluss.

Jarred Younger von der Stanford University plant eine Reihe weiterer LDN-Studien – mit folgenden Schwerpunkten:

Nebenwirkungen von LDN

Für Dr. Nancy Klimas ist LDN das Mittel der Wahl gegen Schmerzen, die durch Fibromyalgie und CFS verursacht werden. Ihren Erfahrungen nach ist das Medikament wirksam und sicher.

Nebenwirkungen sind selten; möglich sind hier Priapismus (schmerzhafte Dauererektion), Schlafstörungen (meist zu Beginn der Behandlung) und Gewichtsabnahme. Die Nebenwirkungen werden im Allgemeinen als „gering“ bezeichnet und tauchen nur selten auf – übrigens auch bei den viel höheren Naltrexon-Dosen, die bei Suchtkrankheit und Alkoholismus verabreicht werden. Bei manchen Patienten mit CFS und / oder Fibromyalgie ist es jedoch ratsam, die Medikamentendosis nur sehr langsam zu erhöhen. […]

Kosten und Dosierung

Auf der Website www.ldninfo.org heißt es, dass LDN von der Pharmafirma Mallinckrodt unter dem Namen „Depade“ und vom Unternehmen Barr Pharmaceuticals als „Naltrexone“ angeboten wird. Eine Monatsration koste zwischen 15 und 40 US-Dollar.

Nach Dr. de Meirleir kann die Dosierung bei CFS zwischen 0,5 und 5 Milligramm liegen. Die 4 bis 6 Stunden, die das Medikament im Körper verbleibt, reichen aus, den endogenen Opioidspiegel für 18 bis 24 Stunden zu erhöhen. Wenn Sie Opioidanalgetika einnehmen, warten Sie vor dem Einsatz von LDN ab, bis Ihr Körper die Medikamente ausgeschieden und abgebaut hat. Wenn Sie an Hashimoto-Thyreoiditis leiden, sprechen Sie vor der Einnahme von LDN mit Ihrem Arzt und beginnen Sie mit einer niedrigen Dosis.8

Mehr erfahren

Da LDN sehr einfach erhältlich ist, kann man davon ausgehen, dass es zu dem Medikament keine großangelegten Studien oder Marketingkampagnen der Pharmakonzerne geben wird. Besonders im Internet ist jedoch eine bemerkenswerte Basisbewegung zum Thema entstanden, die sich für LDN einsetzt und die Wirkungsweise des Mittels, empfohlene Dosen etc. erläutert. Die folgende Liste kann Ihnen den Einstieg in Ihre Recherchen erleichtern:

Anmerkung der Redaktion

Den vorliegenden editierten Artikel finden Sie im englischsprachigen Original auf Cort Johnsons Website Health Rising unter http://bit.ly/1tu01Kv. Deutschsprachige Informationen zu LDN erhalten Sie z. B auf der Website www.ldnhilft.org. Dort finden Sie auch einen Link auf eine Diskussionsgruppe, in der Sie sich mit anderen Anwendern austauschen können. Eine Facebook-Gruppe finden Sie unter http://on.fb.me/1jUiBcS.

Endnoten

  1. Die Website LDN Science weist darauf hin, dass viele Apotheken, die selbst Rezepturarzneimittel herstellen, nicht vertrauenswürdig sind (vgl. „Reliability Problem With Compounding Pharmacies“ auf lowdosenaltrexone.org; aufgerufen: Mai 2014). Dort wird empfohlen, LDN nicht in der Retardformulierung anzuwenden und bestimmte Füllstoffe nicht zu verwenden.
  2. Ramanathan, S., Panksepp, J., Johnson, B.: „Is fibromyalgia an endocrine / endorphin deficit disorder? Is low dose naltrexone a new treatment option?“ in Psychosomatics, 2012, 53(6):591–594; http://1.usa.gov/1k1WUSc (aufgerufen: Mai 2014)
  3. Siehe dazu auch meinen Aufsatz: Johnson, C.: „Is Chronic Fatigue Syndrome (ME / CFS) an Autoimmune Disorder?“ auf PhoenixRising.com, 06.11.2011; http://bit.ly/1jLbKTa (aufgerufen: Mai 2014)
  4. Research Channel: „An Update on Fibromyalgia“ auf Youtube.com, 01.05.2009; http://youtu.be/jtc2JARVpPw (aufgerufen: Mai 2014)
  5. Younger, J., Mackey, S.: „Fibromyalgia symptoms are reduced by low-dose naltrexone: a pilot study“ in Pain Med., 2009, 10(4):663–672; http://1.usa.gov/1jDIcWi (aufgerufen: Mai 2014)
  6. Younger, J., Noor, N., McCue, R., Mackey, S.: „Low-dose naltrexone for the treatment of fibromyalgia: findings of a small, randomized, double-blind, placebo-controlled, counterbalanced, crossover trial assessing daily pain levels“ in Arthritis Rheum., 2013, 65(2):529–538; http://1.usa.gov/1vSL6ve (aufgerufen: Mai 2014)
  7. Siehe dazu auch meinen Artikel: Johnson, C.: „Low Dose Naltrexone, Inflammation and Pain: A Different Approach to Fibromyalgia“ auf CortJohnson.org,15.04.2014; http://bit.ly/1kb96VP (aufgerufen: Mai 2014)
  8. Vgl. „How can I obtain LDN and what will it cost?“ auf lowdosenaltrexone.org, 11.01.2014; http://bit.ly/1pjxvIW (aufgerufen: Mai 2014)

Kommentare

Kommentar von Das einzig Wahre sind Nährstoffe ;-) (22. Juli 2014, 08:58 Uhr)

Das einzige was bei Fibromyalgie wirklich hilft: www.google.de/search?hl=de&source=hp&q=wallach+Fibromyalgia

LDN bekämpft doch nur Symptome und nicht die wahre Ursache ;)


Kommentar von Bea (25. Juli 2014, 11:32 Uhr)

Ich hatte seit meiner Kindheit Fibromyalgie und mir hat Magnesiumchlorid Hexahydrat tgl 3 x 2-3g auf ein Glas Wasser geholfen! :)


Kommentar von Schorsch (30. Dezember 2015, 12:45 Uhr)

Ich verwende die LDN-Kapseln der Schloss-Apotheke Aulendorf und bin sehr zufrieden damit. Ich kenne die Apotheke seit vielen Jahren und habe volles Vertrauen. Mir hilft LDN sehr gut. Ich echt zufrieden. Seit ich LDN nehme habe ich meine Autoimmunerkrankung im Griff.

www.naltrexon-apotheke.de

Die Schloss-Apotheke Aulednorf ist auch deutlich günstiger als die City-Apotheke Göttingen. Dort habe ich früher mal bestellt, aber das doppelte bezahlt.


Kommentar von Slobodanka Milovanovic (25. Februar 2018, 17:56 Uhr)

Hallo,
seit 3 Jahren habe ich eine Autoimmun-Hepatitis. Als Therapie habe ich Immunsuppressiva Cellcept bekommen. Hat jemand die Erfahrung, wie wirkt Naltrexon bei der Krankheit?
Auf die Antworte werde ich mich sehr freuen.
LG von Anka