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Abschied von Deutschland: Eine politische Grabschrift

abEin bekannter Blogger hat es auf den Punkt gebracht: Wir haben den „peak civilisation“ irgendwann Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre überschritten. Jost Bauch analysiert dieses Ende der westlichen Zivilisation historisch und soziologisch mit einer gewissen Verzweiflung und Melancholie. Dabei geht es nicht um irgendein Forschungsobjekt, das erst unter dem analytischen Mikroskop der Wissenschaft sichtbar wird. Es geht um unsere westliche Zivilisation und Deutschland – also auch um Sie, die Sie diese Zeilen lesen. In meinem Umkreis höre ich von Menschen jenseits der 50 regelmäßig, dass sie einfach nur noch bis zur Rente kommen und dann noch ein paar nette Jahre haben wollen.


 Wenn das mal klappt … Bereits 2050 werden 49 Millionen Deutsche und 19 Millionen Zugewanderte in diesem Land leben – und das sind nur die Prognosen von vor 2015! Wir steuern also auf ein Multiminoritäten-Gemenge – Staat wird dann wohl der falsche Begriff sein – zu, in dem das „tägliche Neuverhandeln des Zusammenlebens“ spannend wird.

Wären das alles brandneue Erkenntnisse, könnte ich damit besser umgehen, aber die wesentlichen Bedingungen des Bevölkerungsrückgangs sind seit den Anfängen der Demografie im Jahr 1765 bekannt. Würden westliche Politiker nicht vorwiegend durch Negativauslese in ihre Positionen gebracht, hätten sie wahrscheinlich bereits vor 60 Jahren eine andere Familienpolitik initiiert. Die ideologische Großwetterlage wies seitdem allerdings in die entgegensetzte Richtung.

Bauch attestiert den modernen Menschen Hedo­nismus und Narzissmus, analysiert den Funktionsverlust der Familie und einen ungehemmten Konsumismus. Überzeugend diagnostiziert er diesem System, auf lange Sicht die Voraussetzung seiner Existenz zu zerstören. Er untersucht die derzeitige technokratische Herrschaftsform und die als nahezu naturgesetzlich verkaufte Globalisierung sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Mit der Brille des Soziologen betrachtet der Autor den Islam und konstatiert eine Inkompatibilität mit dem Grundgesetz.

Der Abschnitt zur deutschen Moralhypertrophie widmet sich dem Verhältnis von Politik und Moral. Wieder einmal soll am deutschen Wesen die Welt genesen, auch wenn es in eine Auflösung des Helferstaats mündet. Gerade in Westdeutschland ist der Schuldkomplex in weiten Teilen der Bevölkerung internalisiert, sodass ein Kampf gegen den überall lauernden Faschismus zur zeitunabhängigen Daueraufgabe und zur eigenen Legitimationsbasis wird. Ein kleines Glossarium politischer Kampfbegriffe rundet dieses Kapitel ab.

„Können Nationen sterben?“, fragt Bauch am Ende. Das die Nation tragende Volk kann es, auch wenn es lange dauert. Wenn es aber propagandistisch herbeigeredet und politisch gewollt und umgesetzt wird, dann tickt die Uhr für den Selbstzerstörungsmodus. „Bleiben wir realistisch und schauen pessimistisch in die Zukunft.“ Oder wie Oswald Spengler festhielt: „‚Lever doodt als Sklav‘: das ist ein altfriesischer Bauernspruch. Die Umkehrung ist der Wahlspruch jeder späten Zivilisation.“

„Abschied von Deutschland“ ist eine kluge, spannende, zum Weiterdenken anregende, aber nicht immer leichte Lektüre. Emotional ist das Lesen für mich anstrengend gewesen, weil die Konsequenzen dieser Miss-Politik auch mich betreffen werden; die soziologischen Theorien zur Analyse sind aber ebenso herausfordernd.

Albrecht Schachtschneider bringt in seinem Nachwort das Problem der heutigen Politik auf den Punkt: Es ist der Kampf um das nationale Prinzip.

Jost Bauch
Kopp Verlag
255 Seiten
ISBN: 978-3-864456-00-8
€ 19,99