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Alkohol als Treibstoff-Alternative – Aufräumen mit den Vorurteilen

Die bösartige Verunglimpfung des Treibstoffs Alkohol ist gänzlich fehl am Platze. Wenn wir Ethanol mit Weitblick und unter Einsatz der biologischen Landwirtschaft verwenden – wenn wir also die industriellen Anbaumethoden vollständig durch nachhaltige Methoden ersetzen –, dann kann es unsere Energieprobleme lösen. Und zwar alle – wenn wir es nur wollen.


Abb 0 Ich weiß nun schon seit über 30 Jahren um das große Potential von Alkoholtreibstoff (Bioethanol) – eine Begeisterung, die ich mit meinem verstorbenen Kollegen teilte, dem großartigen Designer und Architekten R. Buckminster Fuller, der seit den 1940er Jahren selbst in diesem Bereich geforscht hatte. Während wir 1983 gemeinsam auf die Pressekonferenz zur amerikanischen Fernsehsendung „Alcohol as Fuel“ [Alkohol als Treibstoff] warteten, sprachen wir darüber, wie elegant der Einsatz von Alkohol doch unser Energieproblem lösen könne.

In Designerbegriffen ausgedrückt, erzeugten wir eine überaus kompakte, zweckmäßige, ungiftige, flüssige Form von Sonnenenergie, mit der sich so gut wie jeder Apparat betreiben lässt, der je erfunden wurde. Buckminster Fuller war hellauf begeistert. Was ihn besonders reizte, war die Wirkung, die mein Buch und die Sendung auf das GRUNCH-Imperium [Gross Universal Cash Heist, zu deutsch in etwa „Universeller Brutto-Geldraub“] haben mochte. Er hat ein gleichnamiges Buch über das GRUNCH-System verfasst, in dem er die Herrschaft der Großkonzerne über die Welt vorhersagte, die längst Wirklichkeit geworden ist.

Seitdem habe ich in hilfloser Verzweiflung zusehen müssen, wie Amerika sich seit den 1980er Jahren zunehmend wieder von den alternativen Energien lossagt. Ich habe gejubelt, als die Ethanolproduktion trotz der geringen Hilfe von Seiten der US-Regierung immense Fortschritte gemacht hat, und immer noch treffen mich die Fehlannahmen hart, die nach wie vor von den Massenmedien verbreitet werden.

Vor allem aber trage ich schwer an der Last der Verantwortung, eine Art Kassandra zu sein: Ich wusste, dass der Krieg ums Öl kommen würde, dass er hätte verhindert werden können und dass die „Öligarchie“ in jedem Fall bekommen würde, was sie wollte, und uns dadurch in den Ruin treiben würde. Als ich Anfang der 1990er mit der ökologischen Landwirtschaft begann, sagte ich mir, dass man einen Krieg vielleicht am besten gebietsweise, Stück für Stück, ausficht. Ich redete mir ein, dass die Welt sich mit der Zeit von ganz allein in Richtung alternativer Energien entwickeln würde, ja dass Umwelt- und Wirtschaftskatastrophen dies sogar zwingend nötig machen würden. Ich sagte mir, dass ich gut daran täte, mich vom Alkoholtreibstoff abzuwenden und mich meinem Garten zu widmen.

Wer jedoch einmal aufgewacht ist, schläft nur schwerlich wieder tief und fest ein. Arundhati Roy schrieb in ihrem 2001 erschienenen Buch „Power Politics“:

„Mitten in einem vermeintlichen Frieden könnten Sie, so wie ich, das Pech haben, in einen stillen Krieg hineinzustolpern. Und wenn Sie diesen erst einmal entdeckt haben, dann wird Stillschweigen ein ebenso politischer Akt wie ein Aufschrei. Es gibt kein Zurück in die Ahnungslosigkeit. Sie tragen nun Verantwortung.“

Vielleicht hatte das Schicksal mir tatsächlich eine Aufgabe aufgetragen.

Es ist inzwischen fast schon Häresie, Alkoholtreibstoff oder überhaupt eine alternative Energieform als einen brauchbaren Weg aus dem Energiedilemma anzusehen. Zwar wird heftig über verfügbare Technologien und die Bereitschaft des Wirtschaftssystems für einen tiefgreifenden Wandel diskutiert, doch geht es vor allem immer um die praktische Anwendbarkeit. Und obwohl sich Ethanol als vielversprechend erwiesen hat, wurde es in beinahe jeder Publikation und jedem Weblog als unbrauchbar verworfen.

Es gibt sehr wohl genügend Land, um auf verschiedenste Weise Solarenergie für eine Welt zu produzieren, die auf eine energieeffiziente Struktur setzt. Eine Genossenschaft von Zellulose-Destillerien mit entsprechenden Anlagen in jedem County bzw. Landkreis könnte Ethanol und Biomasse-Elektrizität erzeugen und so unseren Grundbedarf decken. Kleine landwirtschaftliche Ökobetriebe könnten Treibstoff, Nahrungsmittel und Baumaterialien erzeugen. Wir könnten gut von regional produzierten Lebensmitteln und Produkten leben. Ja, wir könnten Strom und heißes Wasser zur Not auch mit einem alkoholbetriebenen Auto zu Hause erzeugen.

Die bösartige Verunglimpfung des Treibstoffs Alkohol ist gänzlich fehl am Platz. Wenn wir Ethanol mit Weitblick und unter Einsatz der biologischen Landwirtschaft verwenden – wenn wir also die industriellen Anbaumethoden vollständig durch nachhaltige Methoden ersetzen –, dann kann es unsere Energieprobleme lösen. Und zwar alle – wenn wir es nur wollen.

Nun, da Sie langsam mit dem Thema warm werden, möchte ich Einiges erklären.

Ich war neun Jahre lang Biobauer und hatte einen Hof etwa 50 Kilometer südlich von San Francisco, Kalifornien. Ich besaß knapp einen halben Hektar Land an einem Hang mit etwa 35 Prozent Steigung und einen weiteren halben Hektar in der Talebene. Auf diesem Land baute ich Gemüse an, das für 450 Personen reichte. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium behauptet, dies sei nicht möglich. Im Laufe der Zeit stieg der Anteil an organischer Substanz in meinem Boden von zwei auf 22 Prozent an, was in etwa so ist, als verwandele man Wüstensand in Regenwald. Die obere Lehmbodenschicht wuchs von 2,5 Zentimetern Dicke auf 40 an. Die schädlingsbedingten Einbußen gingen stetig zurück, bis ich mir im vierten Jahr keine Gedanken mehr über Schädlinge machen musste. Ich besaß ein gut funktionierendes, sich selbst regulierendes Ökosystem, durch das ich hohe Überschüsse aus einer großen Vielfalt von Getreidesorten erwirtschaftete, von denen ich gut leben konnte.

Der Schlüssel zum Erfolg bei diesem Langzeitexperiment lag darin, dass ich mich an die Grundsätze der Permakultur hielt: Arbeite mit der Natur, nicht gegen sie. Alles ist Ertrag; es liegt an dir, Wert und Nutzen zu erkennen. Vermeide Mehrarbeit. Achte beim Anordnen der Dinge darauf, welche zusammengehören und welche nicht. Kämpfe nie gegen die Schwerkraft, denn sie gewinnt ja doch. Das Problem ist die Lösung. Biologie reagiert kontinuierlich auf einen Stimulus, „lernt“ daraus und optimiert sich daraufhin.

Behalten Sie das Gesagte schon einmal im Hinterkopf, wenn ich im Folgenden auf die Mythen zu sprechen komme, die sich um den Alkoholtreibstoff ranken.

Der größte Mythos von allen

Ganz gleich, wen Sie zum Thema Alkoholtreibstoff befragen – fast immer wird der Betreffende aus den Tiefen seines Gedächtnisses die Überzeugung hervorkramen, dass es mehr Energie koste, Alkohol zu erzeugen, als durch den Treibstoff letztlich gewonnen werde. Dabei interessiert es den Befragten nicht, dass er nicht mehr weiß, wo und in welchem Zusammenhang er dies gehört hat oder warum es überhaupt wichtig ist – und genau das kennzeichnet wahrhaft großartige Propaganda.

Aus meiner Erfahrung weiß ich allerdings, dass die Propaganda der großen Konzerne selten sonderlich einfallsreich ist. Wenn sich etwas als brauchbar erweist, wird es in der nächsten Kampagne in einer anderen Aufmachung einfach wiederverwendet.

Nehmen wir als Beispiel die anhaltende Diskussion über ERoEI (Energy Returned on Energy Invested), den Energieaufwand im Verhältnis zum Energieertrag. Die ERoEI-Propaganda begann in den 1970er Jahren mit unausgereiften, gefälschten Studien, die von Erdölkonzernen durchgeführt wurden und den Energiehaushalt von Brennereien untersuchen. Die Brennereien erzielten einen derart hohen Gewinn durch alkoholische Getränke, dass sie sich nicht weiter um die Energieeffizienz kümmerten, da diese höchstens ein Prozent vom Verkaufspreis ausmachte. In dem kurzen Zeitraum aber, bis diese Studien als falsch entlarvt wurden, wurde die Energielüge offenbar schon so fest in den Köpfen der Menschen verankert, dass sie wesentlichen Einfluss auf die öffentliche Meinung nahm. Darauf baute die ausgefeiltere Attacke auf, die anschließend folgte.

Mythos Nr. 1: Die Alkoholproduktion schluckt mehr Energie, als der Alkohol abwirft

Ein Großteil der Ethanolforschung in den vergangenen 25 Jahren befasste sich mit dem Thema ERoEI, also mit dem Verhältnis zwischen investierter und erzeugter Energie bzw. mit der Energiebilanz. In Anhang A meines Buchs „Alcohol can be a gas!“ wird detailliert beschrieben, inwiefern die öffentliche Diskussion zu diesem Thema von der offensiven Verbreitung der Arbeit und der zahlreichen Studien von Cornell-Professor David Pimentel durch das American Petroleum Institute beherrscht wird. In diesem Anhang wird dargelegt, wie Pimentel wesentliche Berechnungen verdreht, dass er mit Anbaumethoden allgemein nur unzureichend vertraut ist, brasilianische Studien, die ihn widerlegen, einfach ignoriert, die Bedeutung von Nebenprodukten unterschätzt und nicht erkennt, dass diese für eine akkurate Darstellung der Energieeffizienz des Ethanol-Herstellungsprozesses unerlässlich sind. Pimentel steht recht allein da mit seiner Meinung, dass Alkohol eine negative Energiebilanz aufweise – dass Alkohol also weniger Energie erzeugt, als auf seine Herstellung verwendet wird.

Vielmehr ist es das Erdöl, das eine negative Energiebilanz hat. Weil Erdöl sowohl Rohmaterial als auch Energiequelle für die Herstellung von Benzin ist, ergibt sich ein Wert von minus 20 Prozent. Um dies zu erkennen, braucht es lediglich gesunden Menschenverstand. Ein Teil des Öls wird schon für das Raffinieren und den Transport verbraucht (vom Persischen Golf in die USA legt ein Tanker gut 17.000 Kilometer zurück).

Abb 1
Generator in einer Zuckerfabrik. Dieser mit Hilfe von Regierungsanleihen gebaute Generator wird mit Dampf betrieben. Drei Viertel der von ihm erzeugten Elektrizität werden ins öffentliche Stromnetz eingespeist, da die Fabrik nur ein Viertel der Energie verbraucht.

Dr. Barry Commoner vom Center for the Biology of Natural Systems hat einmal gesagt:

„Man kann etwas Gutes durchaus auf törichte Weise tun.“ 1

Einige Pläne zur Massenproduktion von Alkohol beweisen genau dies. Die gründlichste (und nur selten angeführte) Studie zur Energiebilanz stammt von dem Brasilianer Isaias de Carvalho Macedo. Darin zeigt Macedo, dass die Energieeffizienz von Alkohol bei über acht Einheiten pro investierter Energieeinheit liegt – und diese Studie hat allgemeine Gültigkeit und bezieht auch die Eisenerzverhüttung zur Produktion von Stahl für Traktoren ein.2

Abb 2
Bagasse verbrennende Boiler. Nachdem der zuckerhaltige Saft aus dem Zuckerrohr gepresst wurde, wird das überschüssige Fasermaterial, die Bagasse, verbrannt. Das deckt den gesamten Wärme- und Energiebedarf der Alkoholfabrik, ohne dass diese auf fossile Brennstoffe zurückgreifen muss.

Aber vielleicht gibt es einen wichtigeren Faktor zu bedenken als den ERoEI-Wert. Wie steht es um den Energieertrag bei fossilen Brennstoffen? Berücksichtigen wir dieses Kriterium, dann ergibt sich aus einer Einheit an investiertem Alkohol ein deutlich höherer Energieertrag als aus einer Einheit fossilem Brennstoff. Da das brasilianische System beinahe seine gesamte Energie aus Biomasse bezieht, könnte das Ertragsverhältnis sogar bei mehreren hundert Einheiten pro investierter Energieeinheit liegen.3

Trotz hoher staatlicher Zuschüsse ist der Erdgaspreis inzwischen so stark gestiegen, dass amerikanische Spirituosenunternehmen für Aktionäre aus steuertechnischer Sicht zunehmend unattraktiver werden, sofern die Hersteller nicht dazu übergehen, einen Teil der bei der Produktion anfallenden Flüssigmaische für die Erzeugung von Methangas zu verwenden. Ich denke, dass sich diese Vorgehensweise nach und nach in den gesamten USA verbreiten und dass bis zum Jahr 2012 jeder Spirituosenhersteller auf diese Weise selbst Energie erzeugen wird. Längst werden in Amerika Fabriken gebaut, in denen die bei der Herstellung anfallende Getreidemaische als Viehfutter verwertet wird, wobei das Vieh direkt auf dem Gelände untergebracht ist. Aus dem Viehdung wiederum entsteht Methan, mit dem die Fabrik betrieben wird.

In meinem Buch erfahren Sie, wie Sie selbst Alkoholtreibstoff herstellen können, ohne Stickstoffdünger, Pestizide und Herbizide zu benötigen. Sie erfahren, wie Sie all Ihre Geräte mit Energie versorgen können, die sauber verbrennt, und wie Sie eine Fabrik zur Herstellung von Alkoholtreibstoff fast allein auf Basis erneuerbarer Energiequellen betreiben können. All das funktioniert bereits in der Praxis: In Indien werden schon heute die Boiler und Generatoren in Fabriken mit selbst erzeugtem Methan betrieben, und brasilianische Alkoholhersteller erzeugen mit ihren Biomasse-Boilern weit mehr Elektrizität als sie verbrauchen. Genau dieses Ziel müssen auch wir uns für unsere Alkoholproduktion setzen.

Da die Permakultur ein wesentlicher Teil Alkoholtreibstoff-Revolution sein sollte, interessiert uns in diesem Zusammenhang keine der wertlosen Studien, die sich mit einjährigen, in Monokultur angebauten Getreidesorten wie zum Beispiel Mais befassen. Argumente, die auf solchen Studien beruhen, sind überholt. Wir werden Landwirten Wege zeigen, die die Monokultur überflüssig machen, indem sie auf die ökologische Landwirtschaft im Sinne der Permakultur umschwenken.

Als Fazit lässt sich sagen, dass es das Erdöl ist, das in Sachen Energieeffizienz ein Minus aufweist, nicht erneuerbar ist und zudem stetig schwindet. Alkohol dagegen hat sich in Amerika bereits als energieeffizient erwiesen – selbst wenn noch Kohle oder Erdgas zur Hitzeerzeugung benötigt werden –, und wird sich in naher Zukunft als doppelt so effizient erweisen, wenn die Produktionsanlagen erst einmal durch ihre selbst erzeugte, erneuerbare Prozessenergie betrieben werden können.

Weitere MegaOilron-Mythen über Alkohol

Im Propagandalexikon des American Petroleum Institute sind noch weitere gängige Phrasen zu finden. Diese zielen darauf ab, Alkohol bei Umweltschützern, Politikern, Gewerkschaften und überhaupt allen Gruppen zu verunglimpfen, denen es um das Wohl von Mensch und Erde geht. Diese Phrasen sollen die Alkoholproduktion als etwas abstempeln, das unmoralisch, unwirtschaftlich, zerstörerisch oder einfach dumm ist. Und wer will schon gerne als unmoralischer Dummkopf gelten?

Diese Bemühungen sind teilweise wirkungsvoller als die Fabel von der Energiebilanz. Weil sie eher die Gefühlsebene ansprechen, werden Phrasen selten durch handfeste Wissenschaft oder aussagekräftige Statistik gestützt. Dabei ist es erschreckend anzusehen, wie diese Propaganda aufgenommen und dann als „wissenschaftlich belegt“ wiedergegeben wird. Das Ganze erinnert an das Prinzip des „Überlebens des Stärkeren“, das als Grundpfeiler der Evolutionstheorie gilt und immer wieder in wissenschaftlichen Abhandlungen angeführt wird. In Wahrheit entstammt dieser Begriff lediglich der ökonomischen Quacksalberei Herbert Spencers im Rahmen seiner absurden Theorie vom Sozialdarwinismus.

Wenn Sie die folgenden Aussagen zukünftig hören, dann sollten Sie sich fragen: „Werde ich hier vielleicht entgegen meiner Interessen von der ‚Öligarchie‘ manipuliert?“

Mythos Nr. 2: Es gibt nicht genügend Land, um Getreide für Nahrung und Treibstoff anzubauen

Laut dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium verfügen die USA über knapp 1,8 Millionen Quadratkilometer an als „Cropland“ – Getreideland – bezeichnetem Ackerland.4 Dies ist eine sehr vorsichtige Schätzung und bezieht sich auf Land, das industriell (als Monokultur) bestellt werden kann und sich vor allem für einjähriges Getreide eignet. Dieses Land ist erstklassiger, ebener und für gewöhnlich tiefer Ackerboden.

Von den knapp 1,8 Millionen Quadratkilometern erstklassigen amerikanischen Ackerbodens werden pro Jahr durchschnittlich gerade einmal 290.000 für den Maisanbau verwendet.5 Die für den Maisanbau verwendeten Äcker machen also gerade einmal 16,6 Prozent des gesamten hochwertigen Ackerlandes aus! Von der Gesamtackerfläche der USA nimmt Mais gerade einmal 7,45 Prozent ein. Wenn es heißt, dass Amerika nur zehn bis 15 Prozent seines Benzins auf landwirtschaftlichem Wege herstellen könne, dann werden lediglich der geringe Prozentsatz der auf hochwertigem Boden angebauten Maispflanzen und hiervon auch nur der Stärkeanteil des Maiskorns in die Berechnungen einbezogen.

Abb 3
Mit Landwirtschaft gesegnet – prozentualer Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche in den USA. Die USA, eines der größten Länder der Welt, verfügen über eine enorme Fläche an landwirtschaftlich nutzbarem Boden, die vom amerikanischen Landwirtschaftsministerium genauestens definiert ist. Noch einmal so viel Land ließe sich ebenfalls landwirtschaftlich nutzen, wenn eher unübliche Getreidesorten, Gräser, energiereiche Trockenklimapflanzen, zellulosereiche Pflanzen sowie Grünabfälle aus Städten und Vororten einbezogen würden.

Aber selbst wenn wir für die Alkoholproduktion nur den Teil nutzen würden, den das amerikanische Landwirtschaftsministerium als hochwertiges, ebenes Ackerland bezeichnet, müssten wir dennoch pro 0,4 Hektar nur knapp 1.400 Liter Alkohol erzeugen, um den heutigen Bedarf des amerikanischen Verkehrswesens an Treibstoff zu decken.6 Auch wenn das nicht mein Ziel ist, so könnte – beim heutigen Durchschnittsertrag von 140 Scheffeln pro 0,4 Hektar und ohne die zellulosehaltigen Maishalme zu berücksichtigen – der Bedarf schon allein durch Maisstärke gedeckt und dadurch gleichzeitig die Fleischproduktion angekurbelt werden (siehe Mythos Nr. 4). Dabei ist Mais noch nicht einmal das hochwertigste Getreide, was den Energiegehalt angeht. Eine große Bandbreite an herkömmlichen Getreidesorten ergeben bis zu dreimal so viel. Dr. Barry Commoner hat in den 1980er Jahren gründliche Forschungsarbeit geleistet, die zeigt, dass sich der Ertrag an Alkohol und Viehfutter pro Hektar drastisch steigern ließe, wenn statt stärkehaltigem Getreide zuckerhaltige Sorten wie Rüben angebaut würden.7

Neben dem „Cropland“ verfügen die USA auch über 3,8 Millionen Quadratkilometer an sogenanntem „Farmland“.8 Auch dieses Land eignet sich für den Anbau von Agrarprodukten, ist aber nicht so eben und tief wie das „Cropland“. Auf einem Großteil des „Farmlands“ können mehrjährige Getreidepflanzen wachsen, für die der Boden nicht jedes Jahr gepflügt werden muss. Auch einjährige Pflanzen können auf diesem Boden wachsen, sofern dieser parallel zu den Konturen des Landes gepflügt wird. Dadurch ähneln die Ackerfurchen einer topographischen Karte und beugen Erosion vor.

Viele Menschen wenden ein, dass ein Großteil dieses Landes unfruchtbar sei. Dabei werden gut 280.000 Quadratkilometer dieses Landes bereits für den Anbau von Mesquitebäumen genutzt – in etwa so viel Fläche wie für den Maisanbau. Die von Landwirten oft als Unkraut angesehenen Mesquitebäume wachsen zwar auch auf „Farmland“, vor allem aber auf Boden, der für die herkömmliche Landwirtschaft zu trocken ist. Die Hülsenfrüchte des Mesquitebaums ergäben etwa 125 Milliarden Liter Alkohol, und das ohne Bewässern, Düngen und alljährliches Pflügen. Das wären weitere 21 Prozent des jährlichen amerikanischen Benzinverbrauchs – und dazu wären gerade einmal 7,45 Prozent des „Farmlands“ nötig (sofern wir so großzügig sind und den Boden, auf dem die Mesquitebäume wachsen, als „Farmland“ bezeichnen wollen).

Abb 4
Prozentualer Anteil von Mais an der gesamten amerikanischen Landwirtschaft. Diese Abbildung zeigt den prozentualen Anteil von Mais im Verhältnis zur Gesamtanbaufläche, nicht zur Gesamtfläche der USA. Obgleich Mais und Soja die am häufigsten in Monokulturen angebauten Nutzpflanzen sind, ist zu sehen, dass Mais allgemein einen sehr geringen Anteil des landwirtschaftlichen Potentials einnimmt. Experten, die behaupten, dass man jeden Quadratmeter der USA mit Mais bepflanzen müsste, um den Kraftstoffverbrauch zu decken, verdrehen eindeutig die Tatsachen.

Es gibt noch sehr viel mehr Land, das das amerikanische Landwirtschaftsministerium weder als „Cropland“ noch als „Farmland“ ausweist, das aber dennoch für den Anbau von Getreidesorten mit besonders hohem Energiegehalt geeignet ist. Dazu zählen beispielsweise auch der Westen von Texas und der „Panhandle“, der nördliche Zipfel dieses Bundesstaates. Um in diesen Gebieten ein Mastrind aufzuziehen, sind gut 40 Hektar an minderwertigem Weideland nötig. Viel profitabler wäre es, auf diesem Land Feldfrüchte anzubauen, denen ein trockenes Klima bekommt (wie zum Beispiel Koloquinten, die Wildkürbisart „Buffalo Gourd“ und Feigenkakteen), und aus diesen dann Alkohol, Biodiesel und Viehfutter herzustellen.

Ein Teil des Landes, das weder als „Farmland“ noch als „Cropland“ gilt, verfügt zwar über genügend Wasser, ist jedoch auch sehr uneben. Nutzbäume und -sträucher wie Edelkastanie und Haselnuss sind für ein solches Gelände hervorragend geeignet. Sie verhindern die Erosion, und zudem lassen sich aus ihren Früchten große Mengen an Alkohol und Biodiesel gewinnen (was sie im Hinblick auf die Energieproduktion mit auf hochwertigem Boden gezogenem Mais auf eine Stufe stellt – nur dass Kastanie und Haselnuss praktisch keine Pflege benötigen).

Sumpf- und Feuchtgebiete (die ebenfalls weder als „Farmland“ noch als „Cropland“ ausgewiesen sind) könnten für den Ackerbau erschlossen werden, um so energiereiche Pflanzen wie beispielsweise Rohrkolben anzubauen. Rohrkolben werten ein Gebiet zugleich als Lebensraum für Wildtiere auf. Pflanzen wie der Rohrkolben wachsen auch in künstlich geschaffenen Feuchtgebieten, und diese anzulegen, ist nicht sonderlich kostspielig.

Rohrkolben werden heute beispielsweise schon in künstlich angelegten Sümpfen zur Wasseraufbereitung genutzt. In einer an Nährstoffen derart reichen Umgebung liegt der Ertrag an Stärke und Zellulose bei 38.000 Litern pro 0,4 Hektar und mehr. Wenn das Abwasser der gesamten USA in solch künstlichen Sümpfen gefiltert würde, dann würde jedes der 3.141 amerikanischen Countys gerade einmal gut 2.500 Hektar benötigen, um den derzeitigen amerikanischen Gesamtbedarf an jährlich 760 Milliarden Litern Benzin und Biodiesel zu decken. Diese Fläche entspräche 1,46 Prozent des gesamten amerikanischen Ackerlands. Es wären weder chemische Düngemittel noch künstliche Bewässerungssysteme notwendig, da jeder US-County jährlich im Schnitt 15 Millionen Pfund an „menschlichem Flüssigdung“ produziert.

Doch der Anbau von Nutzpflanzen beschränkt sich nicht nur auf Landflächen. Der Anbau von Seetang in salzwasserhaltigen Flussmündungen, die reich an Nitraten und Abwässern (Entschuldigung, ich meine natürlich ein „Extra an Nährstoffen“) sind, birgt ein enormes Potential. Zweifellos ließen sich dadurch Rekordernten an Alkohol erzielen, wodurch der Erdöltreibstoff vollständig ersetzt werden könnte, ohne dass auch nur ein einziges Saatkorn gesetzt werden müsste.

Die Alkoholgewinnung aus Zellulose könnte die Erzeugung aus anderen Nutzpflanzen im Ertrag weit überflügeln. Denn der Zelluloseanteil in Halmen, Kolben und Körnern der Maispflanze ist zwei- bis dreimal höher als der Stärkeanteil.

Die Gewinnung auf Zellulosebasis wirft ein ganz neues Licht auf den Begriff Ernte. So verfügen die USA beispielsweise über gut 120.000 Quadratkilometer an Rasenfläche. Das entspricht 41 Prozent der Gesamtanbaufläche für Mais, fällt aber weder unter „Farmland“ noch „Cropland“. Dabei ist Grasschnitt ziemlich weit vorn, wenn es um den Ertrag von bewässerten Nutzpflanzen geht, und würde pro Jahr knapp 42 Milliarden Liter an Treibstoff ergeben. Neben Grasschnitt gibt es noch alle möglichen Grünabfälle, die zur Gesamtmenge an Zellulose hinzukämen.

Abb 5
Wer braucht schon die OPEC? Alkoholproduktion auf Grundlage ausgewählter Rohstoffe. Allein der aus diesen drei Nutzpflanzen (Mais, Rasenverschnitt und Mesquite) erzeugte Alkohol würde 34 Prozent des amerikanischen Gesamtkraftstoffverbrauchs decken – etwa so viel, wie Amerika aus den OPEC-Ländern importiert. Grünabfälle und Mesquitebäume stehen den USA als mehrjährige Nutzpflanzen bereits jetzt zur Verfügung. Zusammen mit dem einjährigen Getreide könnte Amerika quasi über Nacht vom Öl aus Nahost unabhängig werden, ohne seine Landwirtschaft umstellen zu müssen. Mit diesen 34 Prozent könnten praktisch alle Motoren Amerikas betrieben werden – worauf warten wir also noch?

Zellulose lässt auch solche Pflanzen zu energiereichen Nutzpflanzen werden, die auf den ersten Blick nicht als solche erscheinen. Zum Beispiel bestehen Zucker- und Steckrüben größtenteils aus Zellulose und würden noch weit höhere Ernteerträge als Maisstärke einbringen. Schnell wachsende Bäume bestehen für gewöhnlich zu etwa 75 Prozent aus Zellulose und können langfristig mehrere 10.000 Liter pro Hektar ergeben, sofern sie fachmännisch beschnitten werden. Polykulturen mit verschiedenen zellulose-, stärke- und zuckerhaltigen Nutzpflanzen können pro halbem Hektar gut 40.000 Liter ergeben – im Gegensatz zu den gerade einmal mehreren hundert Litern, die eine Monokultur an stärke- und zuckerhaltigen Pflanzen auf derselben Fläche einbringt.

Aber können wir damit auch so viel produzieren, dass es sowohl für Nahrung als auch für Treibstoff reicht? Wie wir noch sehen werden, lautet die Frage vielmehr: Wenn wir erst einmal Benzin, Diesel und Heizöl ersetzt haben, verkaufen wir dann den überschüssigen Alkohol an die übrige Welt – oder verwenden wir ihn lieber für die eigene Stromerzeugung, die bis dahin von Kern- und Kohlekraftwerken gewährleistet wurde? Nun, wie wäre es mit beidem?

Mythos Nr. 3: Ethanol ist ein ökologischer Albtraum

Der Lauf der Geschichte zeigt, dass die mechanisierte Landwirtschaft eine Vereinfachung der Bewirtschaftungsmethoden erforderlich gemacht hat: Menschen wurden durch hirnlose Maschinen ersetzt, um den Arbeitsaufwand so gering wie möglich zu halten, auf dass das Kapital der Konzernelite steige. So war die Monokultur geboren – der Anbau einer einzigen Sorte.

Bei der industriellen Landwirtschaft geht es nicht darum, mehr Menschen zu ernähren, sondern die Nahrungsmittelproduktion mit möglichst wenig menschlicher Arbeitskraft zu betreiben und möglichst viel Profit für die Großunternehmen dabei herauszuschlagen. Wie ich in Mythos Nr. 4 noch ausführen werde, handelt es sich bei Nahrungsmitteln in diesem System nicht um eine menschliche Notwendigkeit, sondern um eine Ware.

Für die Alkoholproduktion wird weltweit vor allem Zuckerrohr verwendet. Im Gegensatz zu Mais, einer einjährigen Pflanze, ist Zuckerrohr mehrjährig und wird nur alle fünf bis zehn Jahre gesetzt, wobei es aber jährlich geerntet werden kann. Da brasilianische und indische Alkoholhersteller einen Großteil der bei der Produktion anfallenden Nebenprodukte wieder auf den Feldern ausbringen, brauchen sie nur wenig Dünger. Zudem wird der Boden dadurch stetig fruchtbarer, anstatt auszulaugen. In Brasilien orientiert man sich beim Anlegen der Ackerfurchen auf Zuckerrohrfeldern an den Konturen des Landes, um Erosion zu vermeiden. (Auch beim Maisanbau wird dies teilweise praktiziert; wo nicht so vorgegangen wird, erodiert der Boden.)

Wenn die Alkoholproduktion auf Zellulosebasis (siehe Mythos Nr. 4) erst einmal alle anderen Methoden abgelöst hat, werden mehrjährige Gräser, Sträucher und Bäume den Anbau von energiereichen Nutzpflanzen dominieren – sowohl in Mono- als auch in Polykultur. Denn dieses Verfahren reichert den Boden an, anstatt ihm Nährstoffe zu rauben.

Die Auswirkungen von östrogenartigen Pestiziden und Herbiziden – insbesondere denen, die in der industriellen Landwirtschaft verwendet werden – auf die Menschheit sind die vielleicht verheerendste Umweltkatastrophe von allen. Der Einsatz solcher Chemikalien wird durch die Monokulturen der Agrarindustrie erst erforderlich. Der wohl erschreckendste Effekt geht gerade von den geringen Mengen dieser östrogenartigen Substanzen aus, die der Körper nicht als gefährlich erkennt und stattdessen wie das körpereigene Hormon Östrogen behandelt.

Zellulose
Die ganze Diskussion um „Nahrung kontra Treibstoff“ wird hinfällig, wenn wir einen ganz neuen Rohstoff für die Alkoholproduktion ins Spiel bringen: Zellulose. Zellulose ist ein von Pflanzen produziertes Kohlenhydrat, mit dem diese Halme, Wurzeln und Blätter „bauen“. Zwar bestehen Pflanzen auch aus zahllosen Zuckermolekülen, doch stellt Zellulose die Grundfaser dar, aus der die Pflanze zum Großteil besteht; Früchte, Körner und Knollen machen nur einen vergleichsweise geringen Teil der Pflanze aus.
Zellulose als Rohstoff lässt die Alkoholmenge, die sich aus Zucker und Stärke gewinnen lässt, vergleichsweise unbedeutend erscheinen. Jedem Pfund Korn stehen beispielsweise zweieinhalb Pfund zellulosereicher Getreidehalme und über vier Pfund zellulosereicher Wurzelmasse gegenüber.
Der Biologe Jeffrey Dukes schätzt, dass jährlich weltweit fast fünfmal mehr Pflanzenmasse produziert wird, als wir brauchen, um fossile Brennstoffe vollständig zu ersetzen.25 Buckminster Fuller, wie immer seiner Zeit voraus, sagte mir schon 1982, er denke, dass die weltweit produzierte Zellulose sechsmal so viel Energie liefern könnte, wie die Menschheit brauche. Andere Schätzungen zur jährlich produzierten Biomasse (organisches, als Treibstoff verwendetes Material) kommen auf das bis zu 15-Fache unseres derzeitigen Energieverbrauchs.
Alle diese Schätzungen orientieren sich an der gegenwärtig weltweit auf natürlichem Wege produzierten Zellulosemenge. Durch eine gezielte Förderung der Zelluloseproduktion ließe sich die verfügbare Menge um das Zehnfache steigern. Hier eignen sich Methoden, durch die sich die Umwandlung von Sonnenenergie in Kohlenhydrate verbessern lässt, wodurch gleichzeitig die Fruchtbarkeit des Bodens gesteigert würde. In der Weiterentwicklung und im Anbau von zellulosereichen Nutzpflanzen in Polykultur sowie in deren anschließender Bioraffination zu Alkohol und zahllosen Nebenprodukten liegt also ein schier unerschöpfliches Potential.
Nun, da die Alkoholproduktion auf Zellulosebasis allmählich kommerzialisiert wird, könnte der Gesamt­alkoholertrag aus verschiedenen faserreichen Pflanzen zwischen 5.600 und knapp 20.000 Litern pro 0,4 Hektar jährlich betragen.26 Nutzpflanzen wie Hanf, Sorghum, Rutenhirse und viele schnell wachsende Baumarten ergeben einen hohen Alkoholertrag pro Hektar, und dies selbst auf minderwertigem Land. Bei bis zu 20.000 Litern Alkohol pro 0,4 Hektar müssten die USA nicht einmal 15 Prozent ihres hochwertigeren „Croplands“ verwenden, um ihren Kraftstoffbedarf vollständig zu decken.
Zudem zählen auch Papierabfälle, Holzabfälle und Sägemehl als Zellulose; auch aus ihnen ließe sich effizient Alkohol gewinnen. Sollte Zellulose sich tatsächlich zum bedeutsamsten Kohlenhydratrohstoff für die Alkoholproduktion entwickeln – und viele halten dies für unausweichlich –, dann würde die Hefe, die nach der Destillation aus der fermentierten Zellulose zurückgewonnen werden kann, ein Alleinfuttermittel darstellen, das durch seine Proteine und Fette Getreidefutter vollständig ersetzen könnte.

Östrogen ist ein weibliches Hormon. Eine der Hauptbotschaften, die von diesem Hormon ausgehen, lautet: „Sei weiblich!“ Eine alarmierende Botschaft, wenn man männlicher Natur ist. Seit Chemikalien in der Landwirtschaft Fuß gefasst haben, ist die Spermienfertilität auf unter 50 Prozent gefallen. Mitte der 1990er Jahre veröffentlichte das National University Hospital in Kopenhagen mehrere Studien, aus denen hervorgeht, dass die Spermienzahl drastisch gefallen und die Unfruchtbarkeit unter Männern in Dänemark ebenso drastisch gestiegen ist.9 Diese Studien bewirkten, dass die meisten anderen Länder ebenfalls ihre Samenbanken untersuchten und dort denselben Rückgang der Spermienzahl seit 1940 feststellten. Bei einer um 50 Prozent verminderten Spermienfertilität gilt ein Säugetier praktisch als unfruchtbar.10

Die östrogene Wirkung von Pestiziden und Herbiziden ist seit den 1940er Jahren bekannt. Damals entwickelte die Wissenschaft die Methode der „chemischen Kastration“, bei der Hähne Pestizide unter das Futter gemischt bekamen. Die Pestizide, die heute eingesetzt werden, sind 3.000 Mal giftiger als die damals gebräuchlichen Chlorkohlenwasserstoffe und Organophosphate, die alle aus Rohöl hergestellt wurden.

In den USA werden jährlich mehr als eine Milliarde Pfund an aus Öl gewonnenen Pestiziden versprüht. Die Menge an eingesetzten Herbiziden liegt sogar bei über vier Milliarden Pfund, wobei sie sich seit Einführung genetisch modifizierten Saatguts (das so verändert wurde, dass die Pflanze dem direkten Kontakt mit dem Herbizid standhält) vervierfacht hat. Das bedeutet, dass die Nahrungsmittel eines jeden Amerikaners pro Jahr mit etwa 15 Pfund dieser Chemikalien in Kontakt kommen.

Dauerhaft schädliche Auswirkungen des Östrogens auf die Entwicklung von Föten können schon bei unglaublich geringen Blutanteilen im ppq-Bereich [Teile pro Billionen] auftreten. Bei höheren Dosen können diese Chemikalien direkt oder auch indirekt Krebs auslösen oder das Wachstum von bereits vorhandenem Krebs beschleunigen. Die Häufigkeit von Prostata- und Brustkrebs ist proportional zum Auftreten dieser landwirtschaftlich verwendeten Chemikalien in Nahrung und Trinkwasser gestiegen. Als ich selbst noch Landwirtschaft betrieb, kamen dutzende Menschen zu mir, denen Onkologen zu Biogemüse geraten hatten.

Giftig sind diese Chemikalien auch für die Mikroorganismen, die den Boden fruchtbar machen, und natürlich auch für Tiere, die sich von Schädlingen ernähren. So schmoren wir also in einem Schlamassel vor uns hin, den wir selbst angerichtet haben und der vor allem aus der Kombination von Rohölprodukten und Landwirtschaft entstanden ist.

Ein Übergang zur Methode des Fruchtwechsels, bei der im ökologischen Anbau jedes Jahr eine andere Pflanzensorte gesetzt wird, würde den Energiebedarf eines Hofes um ein Drittel oder mehr senken,11 da sich der Einsatz von Herbiziden, Pestiziden und chemischen Düngemitteln erübrigen würde. Als Dünger können stattdessen die Nebenprodukte aus der Alkoholherstellung verwendet werden, die entweder direkt auf den Boden aufgebracht oder an das Vieh verfüttert werden. In letzterem Fall durchläuft der Dünger einen Vorgang namens Methanfermentation, wobei eine Art Flüssigdünger entsteht, der auf das Land gegeben wird, aus dem die Nutzpflanzen hervorgegangen sind. Dies geschieht entweder mit Hilfe landwirtschaftlicher Maschinen oder mittels kostengünstiger Pipelines. Auch kann der Flüssigdünger für eine spätere Verwendung kompostiert werden.

In Indien ist dieses Pipelinesystem inzwischen Standard. Eine einzige Pipeline genügt, um nachts Flüssigdünger und tags Kohlendioxid (ein Nebenprodukt der Alkoholfermentation) aufzubringen. Durch diese Methode kann die Ernte verdreifacht werden. Das System eignet sich für kleine Alkoholfabriken (bis zu zwei Millionen Liter pro Jahr) sehr viel besser als für große, da bei Letzteren Weiterverarbeitung und Anbau räumlich getrennt sind.

Es dürfte schwerfallen, einen eleganteren Weg der Problemlösung zu finden, als den, seine Energiequelle selbst anzubauen. Anstatt Boden und Ökoklima zu zerstören, verbessert die permakulturelle Ethanol-Gewinnung die Bodenbeschaffenheit sogar von Jahr zu Jahr.

Ein Eintopf aus Zellulose und Stärke
Wie hoch mag der jährliche Ertrag aus in Polykultur erzeugten Kohlenhydraten – inklusive Zellulose – ausfallen, wenn man Maische und Kohlendioxid (CO2) aus der Produktion wieder den Pflanzen zuführt? Als Antwort ein Beispiel: Im Süden der USA herrschen auch im Winter moderate Temperaturen (nicht kälter als minus acht Grad Celsius) bei einer moderaten Niederschlagsmenge. Die Ernte des Oberholzes vom Hülsenfruchtbaum Tipuana tipu ergibt 24 Tonnen pro Acre (gut 16.000 Liter pro 0,4 Hektar). Hinzu kommt im Sommer ein gemischtes Unterholz aus langhalmigem Sorghum (4.500 bis 9.000 Liter pro 0,4 Hektar), Kürbissen (gut 2.000 Liter) und Steckrüben (1.900 Liter); im Winter ein Unterholz aus Futterrüben (5.700 Liter und mehr); und, als langlebige mehrjährige Pflanzen parallel zu den Bäumen, dornlose Opuntien-Kakteen (gut 2.000 Liter).
Ein Anpflanzungsbeispiel, bei dem Sumpf bzw. Wasser die Grundlage bildet und das auch Temperaturen von minus 17 Grad Celsius übersteht, besteht aus schnell wachsenden Weiden- oder Bambusbermen, die lange, mit Rohrkolben bewachsene Kanäle trennen. Die Kanäle werden mit der Maische und dem Kohlendioxid aus der Alkoholproduktion angereichert. Ein derart gestaltetes System würde regelmäßig bis zu 40.000 Liter auf einem knappen halben Hektar ergeben.

Mythos Nr. 4: Nahrung kontra Treibstoff – Zwischen dem Anbau von Nahrungsmitteln und dem von Treibstoff wird es zum Konkurrenzkampf kommen. Wir sollten Nutzpflanzen für die Massen von Hungernden anbauen, und nicht für unsere Autos!

Als Erstes gilt es zu begreifen, dass eine Nahrungsmittelknappheit momentan weder existiert noch droht. Der weltweite Ernteertrag zeigt, dass wir zweimal so viele Kalorien produzieren, wie wir benötigen, um alle Menschen zu ernähren. Was wir sehr wohl haben, ist eine Geldknappheit. Nahrung ist eine Ware, kein Anrecht: Nur derjenige, der sie bezahlen kann, bekommt sie auch.

Zudem besteht ein großes Ungleichgewicht zwischen der Produktion von Stärke und der von Protein (dass in der amerikanischen Landwirtschaft hauptsächlich Mais angebaut wird, habe ich ja bereits erwähnt). Bei Unterernährung spielt meist vor allem ein Proteinmangel eine Rolle. Die vier weltweit am meisten verbreiteten Nutzpflanzensorten sind Reis, Weizen, Mais und Kartoffeln. Diese Getreidearten bzw. Knollen bestehen bis zu 75 Prozent aus Stärke. Bohnen, die eine wichtige Proteinquelle für die Armen der Welt darstellen, schaffen es nicht unter diese ersten vier Sorten.

Als ich in den 1980er Jahren den Anbau von Pilzen untersucht habe, kam ich zu dem Schluss, dass wir den weltweiten Bedarf an ausgewogenem Protein mit nur 25 Prozent des aus Getreidehalmen gewonnenen Strohs decken könnten, das jährlich verbrannt wird – indem man auf diesem Austernpilze züchtet. Diese Pilze verwerten das Protein aus dem verholzten, trockenen Stroh höchst effizient. Alle Menschen dieser Welt zu ernähren, wäre also nicht schwer, selbst ohne ein einziges Tier zu schlachten.

Die Menschheit hat gerade erst begonnen, landwirtschaftliche Methoden zu ersinnen, mit denen sich Sonnenenergie auf vielfältige Weise nutzbar machen lässt. Angesichts des enormen Potentials von polykulturell erwirtschafteten Ernten erscheinen aus monokultureller Sicht erstellte Studien zum Thema Ethanolproduktion beinahe lächerlich, wenn man sie aus ökonomischer, energietechnischer und ökologischer Sicht betrachtet.

Da Mais die in den USA am häufigsten angebaute Nutzpflanze ist, wird er dort auch in der Alkoholproduktion vorwiegend verwendet. Dies betrachten viele als fragwürdig, da Mais in den von Armut besonders betroffenen Ländern dieser Welt als Grundnahrungsmittel gilt. Was die Meisten nicht wissen, ist, dass 87 Prozent des in den USA erzeugten Maisertrags zu Viehfutter verarbeitet wird.12 In den meisten Jahren verkauft Amerika knapp 20 Prozent seiner Maisernte an andere Länder. Schätzungen zufolge könnten diese Exporte einen Großteil des Hungers in der Welt tilgen. Stattdessen aber geht der Mais als Viehfutter an die reichen Länder. Zudem würde kaum ein armes Land diesen Mais annehmen, selbst nicht als Spende, da er genetisch verändert wurde und daher als zum Verzehr ungeeignet gilt.

Zudem kann die Alkoholproduktion die Qualität von Viehfutter enorm aufwerten. Um aus Getreide Alkohol herstellen zu können, muss zunächst die Stärke entfernt werden. Protein, Fett, ein Teil der Zellulose sowie viele Vitamine und Mineralien bleiben jedoch erhalten, wie auch die Hefe von der Fermentation. Dieses Restprodukt nennt sich Trockenschlempe oder auch DDGS (Dried Distiller’s Grains with Solubles) und nimmt nur noch ein Drittel des Volumens des ursprünglichen Getreides ein, weil die Stärke ja zuvor entfernt wurde.

Abb 6
Verwendung von amerikanischem Mais. Es ist hinreichend bekannt, dass 87 Prozent der gesamten amerikanischen Maisernte als Viehfutter endet. Das Vieh aber kann die Maisstärke nicht effizient nutzen. Die Fleischproduktion könnte gesteigert werden, indem aus dem Mais Alkohol gewonnen würde, wobei als Nebenprodukt Trockenschlempe anfiele. Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen durch den Transport und Export von Mais könnten so um zwei Drittel gesenkt werden, da Schlempe eine sehr viel kompaktere Protein- und Fettquelle darstellt. Die Verwertung von amerikanischem Mais durch den Menschen macht nur einen einstelligen prozentualen Anteil aus, abgesehen vom Maissirup (HFCS).32 Wobei sich darüber streiten ließe, ob Letzerer nicht eher ein Indus­trieprodukt ist.

Trockenschlempe wird schon seit über 100 Jahren als hochwertiges Viehfutter verwendet. Wenn man statt 100 Pfund Mais 33 Pfund Schlempe verfüttert, erhält man 14 bis 17 Prozent mehr Fleisch in 30 Prozent weniger Zeit und bei sehr viel geringeren Tierarztkosten.13 (Da die natürliche Nahrung von Rindern eigentlich Gehölze sind, wandern bis zu 80 Prozent der von den Tieren aufgenommenen Stärke praktisch ungenutzt und unverdaut durch ihren Organismus und sorgen so für Gesundheitsprobleme.)

Fermentierter Mais aus der Alkoholproduktion führt also zu mehr Fleisch, als wenn das Getreide direkt an das Vieh verfüttert wird.

Wie ineffizient ist die Ölförderung überhaupt?
Der Biologe Jeffrey Dukes von der Universität von Massachusetts setzte sich genauer mit dem Entstehungsprozess von Erdöl auseinander. Im Gegensatz zu anderen Forschern, die anzunehmen scheinen, dass es sich bei Kohle und Rohöl um fast kostenlose Energie handelt, untersuchte Dukes, welche natürlichen Prozesse zur Entstehung von Rohöl führen und wie der Mensch an dieses herankommt. Er fand heraus, dass für knapp vier Liter Benzin etwa 90 Tonnen (198.000 Pfund) an altem Pflanzenmaterial erforderlich sind. Die 1997 verbrannten fossilen Stoffe, so seine Berechnungen, stammten aus einer Menge an pflanzlichem Material und Energie, die der 400-fachen Menge der heutigen jährlichen Nettoprimärproduktion (NPP) entspricht.27 Die NPP bezieht sich auf die Photosynthese sowohl der an Land angebauten Nutzpflanzen als auch auf Algen und Plankton.28
Für die Nutzung von Erdöl und Gas ergab sich eine Effizienz von weniger als 0,01 Prozent. Nehmen wir pro Gallone bzw. pro 3,8 Liter Benzin einen Heizwert von 120.000 British thermal units (Btu) an, dann wären 1,2 Milliarden Btu nötig, um einen großen Geländewagen 25 Kilometer weit anzutreiben. Eine Energiezufuhr von 10.000 Btu pro einer Btu Energieertrag ist ein unglaublich negativer Effizienzwert.
In krassem Gegensatz dazu steht Dukes’ Schätzung, dass gerade einmal 22 Prozent von Amerikas an Land erzeugter NPP nötig wären, um nicht nur den Kraftfahrzeugverbrauch an fossilen Brennstoffen, sondern den gesamten Bedarf an fossiler Energie durch Alkohol zu decken. Richtig: Pflanzen könnten unseren gesamten Energieverbrauch decken. Permakulturell durchgeplante Polykulturen von energiereichen Nutzpflanzen können zehnmal produktiver sein als die gegenwärtige Nettoprimärproduktion.

Mythos Nr. 5: Allein die Großkonzerne profitieren von Ethanol-Subventionen, und der Steuerzahler hat nichts davon!

Selbst US-amerikanische Fernsehserien wie „The West Wing“ haben das Thema schon aufgegriffen.14 Jeder innerhalb der Alkoholtreibstoffindustrie befürwortet die Abschaffung von Zuschüssen – aber nur, wenn dies für alle Energielieferanten gilt. Die amerikanischen Subventionen für Erdöl und andere nicht erneuerbare Energien sind gigantisch und werden geschickt im Dickicht der Einkommensteuerstruktur verborgen. Dadurch wird Energie für Unternehmen (die keine Einkommensteuer zahlen) günstig, da das, was sie an der Zapfsäule zahlen, nicht dem eigentlichen Energiepreis entspricht. Privatpersonen zahlen den Aufpreis über die Einkommensteuer. Den enormen Subventionen haben wir es zu verdanken, dass Benzin noch immer Teil unseres Alltags ist.

Was aber kostet Benzin nun wirklich? Die ausführlichste, umfassendste und bestens belegte Studie zu dieser Frage wurde vom International Center for Technology Assessment in Washington, DC, durchgeführt. Die fünf Hauptbereiche, die erfasst wurden, sind: (1) Steuervergünstigungen für die Erdölindustrie, (2) Subventionen im Rahmen von Regierungsprogrammen, (3) Versicherungskosten für den Öltransport und Kfz-Wartungskosten, (4) Kosten in den Bereichen Umwelt, Gesundheit und Soziales, die durch die Verwendung von Benzin entstehen, und (5) weitere bedeutsame externe Effekte durch den Einsatz von Kraftfahrzeugen. Alle Bereiche zusammengenommen verschlangen zur damaligen Zeit pro Jahr zwischen 558,7 Milliarden und 1,69 Billionen Dollar. Wenn wir dies zu dem damals noch relativ niedrigen Benzinpreis hinzuaddieren, erhalten wir pro US-Gallone (3,8 Liter) einen Preis von gut 5,60 Dollar – wobei eine komplexere Berechnung auf 15,14 Dollar pro Gallone kommt.15 In einem aktualisierten Bericht von 2005 werden die Kosten noch einmal um 21 bis 32 US-Cent angehoben, ausgehend vom Dollarwert 2003.16 (Seit 2003 ist es wohl gerechtfertigt, die Kosten für die Besetzung des Irak hinzuzurechnen, da auch diese mit Erdöl zu tun hat.) Dadurch, dass diese Kosten in den Steuern versteckt werden, wird die Last von den Schultern der energieverbrauchenden Konzerne genommen und stattdessen dem US-Bürger auferlegt.

Die Studie eines Obersten Rechnungshofs in den USA zeigte, dass die amerikanischen Ölkonzerne zwischen 1968 und 2000 Subventionen in Höhe von 149,6 Milliarden Dollar erhielten (die Militärsubventionen nicht mitgerechnet) – Ethanol dagegen wurde mit gerade einmal 116,6 Millionen Dollar gefördert.17 Dennoch haben die Ölkonzerne in den vergangenen 25 Jahren keine neuen Raffinerien gebaut, sondern im Gegenteil in den letzten 15 Jahren 50 bestehende Raffinerien geschlossen.18 Warum sollte man auch neue Raffinerien bauen, wenn man doch weiß, dass es nicht mehr allzu viel Öl zum Raffinieren geben wird?

Inzwischen sind – trotz der nur geringen Unterstützung durch die Regierung – die Kosten für den Bau weit energieeffizienterer Alkoholfabriken von 2,50 Dollar pro jährlich erzeugter Gallone im Jahr 1980 auf grob geschätzt einen bis 1,15 Dollar gesunken.19 Alkohol kann heute für weniger als einen Dollar pro Gallone erzeugt werden – im Gegensatz zu ursprünglich etwa zwei Dollar pro Gallone.

Man sieht also, dass die Zuschüsse für Alkohol – kleinere Steuergutschriften einiger amerikanischer Bundesstaaten und die 40 bis 60 US-Cent pro Gallone, die die amerikanische Regierung seit Anfang der 1980er zahlt – diesen Industriezweig ein gutes Stück vorangebracht haben. Von Landwirten betriebene Genossenschaften produzieren heute einen Großteil des amerikanischen Alkoholtreibstoffs. Die Landwirte in den Genossenschaften zahlen sich gegenseitig Spitzenpreise für ihren Mais und erhalten zusätzlich einen Anteil vom Gewinn aus der Alkoholproduktion. Auf dem Aktienmarkt hat zudem eine Umverteilung stattgefunden: Dem einstigen Marktführer Archer Daniels Midland gehört heute nur noch ein Anteil von 28 Prozent am Ethanol-Markt,20 und Alkoholtreibstoff macht gerade einmal fünf Prozent seines jährlichen Milliarden-Dollar-Geschäfts aus.

Die gestiegene wirtschaftliche Aktivität in der Alkoholtreibstoffproduktion hat sich als wesentlich für das Überleben privater Landwirte erwiesen. In Gebieten mit einer Ethanolfabrik geben die Landwirte generell höhere Summen für Waren, Dienstleistungen und Grundsteuern aus als in Gebieten ohne eine solche Fabrik. Da das Kapital aus Verkauf und Produktion von Alkoholtreibstoff immer wieder innerhalb der USA in Umlauf gebracht wird, nimmt der Staat zudem für jeden Dollar an Ethanol-Zuschüssen über die Steuern drei bis sechs Dollar ein. Die Gewinnrate kann in ländlichen Gebieten sogar noch höher liegen, da das Geld innerhalb der Region im Umlauf bleibt und dem Staat so pro subventioniertem Dollar bis zu 22 Mal so viel einbringt.

Schauen wir uns eine einfache Studie des LECG an, eines konservativen, unabhängigen amerikanischen Unternehmens, das Analysen durchführt. Zwar bezieht diese Studie nicht die oben erwähnte Kapitalrückführung ein, doch zeigen die folgenden Zahlen auch so, dass die Alkoholtreibstoffproduktion sich direkt auf die Steuern auswirkt, die der Staat einnimmt:21

Kosten durch Steuervergünstigungen: –1,8 Mrd US$
Einsparungen bei Agrarprogrammen: +3,2 Mrd US$
Zunahme Steuerertrag: +1,3 Mrd US$
Nettogewinn für Staatskasse: +2,7 Mrd US$

Anders ausgedrückt: Die Zuschüsse für die Produktion von Alkoholtreibstoff erhöhen den Steuerertrag der USA, da diese Produktion allein von amerikanischen Unternehmen betrieben wird und nicht von transnationalen Unternehmen, die erhebliche Steuervergünstigungen erhalten.

Im Jahr 1980 führte die Employment Research Associates (ERA) für das amerikanische Energieministerium eine Analyse durch, mit der bestimmt werden sollte, wie viele direkte und indirekte Arbeitsplätze die Produktion von jährlich zwölf Milliarden Gallonen Alkohol schaffen würde.22 Die Studie bezog neben Abfallstoffen aus der Zitrusfrüchteverarbeitung, Molke und Getreide wie Weizen und Sorghum noch eine große Bandbreite an weiteren Rohstoffen ein. Sie kam zu dem Ergebnis, dass eine Ethanolindustrie, die jährlich sechs Milliarden Gallonen Alkohol produziert, 960.000 Arbeitsplätze in den USA schaffen würde.

In der ERA-Studie stammten die zwölf Milliarden Gallonen Alkohol aus 48 Fabriken mit einer Jahresproduktion von 50 Millionen Gallonen sowie aus 360 Fabriken mit einer Jahresproduktion von zehn Millionen Gallonen. Zwei Dollar pro jährlich produzierter Gallone veranschlagte die Studie für Baukosten.

Nun, 25 Jahre nach der Studie, nähern wir uns rasant der Marke von sechs Milliarden Gallonen. Die 48 großen Alkoholfabriken sind längst gebaut worden, allerdings kaum eine mit Hilfe von Regierungsgeldern. Im Laufe der Jahre sind die Baukosten drastisch gesunken, und auch der Wert des Dollars hat so sehr abgenommen, dass ein Dollar im Jahr 1980 2,4 Mal so viel wert war wie ein Dollar im Jahr 2005. Somit sind die Kosten für den Bau von Alkoholproduktionsstätten seit 1980 um das knapp Fünffache gefallen.

Durch Regierungspolitik und gigantische Subventionen wurde der Benzinpreis bis vor kurzem künstlich niedrig gehalten, sodass sich kleinere Fabriken aus ökonomischer Sicht kaum lohnten. Inzwischen aber rechnen sich auch kleinere Produktionsstätten, die bis zu 500.000 Gallonen jährlich erzeugen (und selbst solche, die unter 100.000 Gallonen pro Jahr bleiben, sofern man die nutzbaren Nebenprodukte mit einkalkuliert), während größere Fabriken für den Transport von Rohstoffen höhere Kosten zu tragen haben.

Abb 7
Weltweite Erdölreserven.33,34 Der Nahe Osten kontrolliert
eindeutig den Großteil der weltweiten Ölreserven.

Die Spanne zwischen Produktionskosten und Verkaufspreis ist groß genug, um auch kleineren Fabriken einen anständigen Profit zu ermöglichen – insbesondere, wenn als Rohstoff ein preiswertes Nischenprodukt verwendet wird, wie zum Beispiel die Abfallprodukte eines anderen Industriezweigs. Niedrige Rohstoffkosten machen den höheren Arbeitsaufwand in einer kleineren Fabrik wieder wett. Auch fallen in einer kleineren Produktionsstätte weniger Nebenprodukte an, was es leichter macht, sie auf dem lokalen Markt abzusetzen. Kleine Fabriken sind besonders dann wirtschaftlich, wenn der Landwirt die Wiederverkäufer umgehen und den Treibstoff direkt an etwa 500 bis 100 Personen einer regionalen Energiegemeinschaft (Community-supported Energy, kurz CSE) verkaufen kann.

Wenn der amerikanische Gesamtverbrauch an Benzin – gut 600 Milliarden Liter – durch Alkohol gedeckt würde, ließen sich, ausgehend von der ERA-Studie, bis zu 26 Millionen neue Arbeitsstellen schaffen. Das würde bedeuten, dass jeder Amerikaner Arbeit fände. Vollbeschäftigung wiederum verleiht Arbeitervereinigungen wieder mehr Macht. Der Schlüssel zu einem solchen Beschäftigungshoch liegt in der Schaffung kleinerer Alkoholfabriken, die verschiedene Nebenprodukte erzeugen und so Marktlücken füllen, die von größeren Produzenten nicht bedient werden können. Der Multiplikatoreffekt von vielen Millionen Beschäftigten, ihr Geld innerhalb ihrer Region ausgeben, macht den Unterschied zwischen einer – aus Sicht des Arbeitnehmers – instabilen Wirtschaftslage und einer lokal gesicherten Energiesituation.

Neben der Bezuschussung von Alkoholfabriken sollte die Regierung zudem freie Tankstellen subventionieren, die nicht zu einem Großkonzern gehören. Solche Tankstellen bei der Etablierung zu unterstützen, könnte die US-Regierung, Steuervergünstigungen und Revolvingkredite zusammengenommen, 20 Milliarden Dollar kosten.

Statt eine Dominanz großer Fabriken zu fördern, die zumeist Getreide als Rohstoff verwenden, würden Regierungskredite und -bürgschaften aber dafür sorgen, dass Fabriken aller Größenordnungen und mit verschiedenen Rohstoffen als Grundlage einen Beitrag zum nationalen Energiesystem leisten könnten.

Doch auch wenn sich die Regierung nicht beteiligt, werden kleinere Fabriken in den kommenden Jahren wie Pilze aus dem Boden schießen. Das dräuende Ölfördermaximum wird den klugen Konsumenten dazu bewegen, Energiegemeinschaften beizutreten, in denen Alkohol produziert und vertrieben wird. Die kleinen Produzenten werden feststellen, dass Alkohol sich in einer Welt, in der das Erdöl zunehmend knapper wird, hervorragend als Ersatzwährung für den Dollar eignet. Alkohol wird sich praktisch gegen jede Dienstleistung und jede regional erzeugte Ware eintauschen lassen. Dafür müssen die Menschen ihr Geld lediglich, anstatt es den Ölkonzernen zu geben, in die örtliche Energieproduktion und -verteilung investieren.

Die großen Ölkonzerne brauchen Hilfe gegen Terroristen
Obwohl MegaOilron (wie ich die Ölkonzerne in ihrer Gesamtheit nenne) heute jährlich so viel Gewinn erzielt wie nie zuvor in der Geschichte, hat es offenbar dennoch nicht genug Geld, um seine Einrichtungen vor „Terroristen“ zu schützen. Im Jahr 2004 gestand die amerikanische Heimatschutzbehörde den Erdölraffinerien eine Summe von 65 Millionen Dollar für Zäune, Überwachungskameras und Kommunikationsausrüstung zu. Dabei handelt es sich um Steuergelder, die die Ölkonzerne nicht zurückzahlen müssen.
„Das ergibt überhaupt keinen Sinn“, sagte Bill Millar, Vorsitzender der American Public Transportation Association, der amerikanischen Gesellschaft für das öffentliche Verkehrswesen. Vielleicht wollte er damit ja zum Ausdruck bringen, dass die Konzerne, die dank der Preiserhöhung der OPEC immense Gewinne einfahren, ihre Rechnungen selbst bezahlen sollten? Diesen Standpunkt jedenfalls vertrat das Project On Government Oversight, ein Projekt zur Überwachung der amerikanischen Regierungs- und Militärausgaben. Geschäftsführerin Danielle Brian sagte: „Die Konzerne nutzen die Situation maßlos aus, und die Regierung schreitet nicht ein.“ Womit sie sich auf die engen Bande zwischen Bush-Regierung und Ölindustrie bezog.29
Zum Vergleich: Das Gesamtbudget des amerikanischen Energieministeriums für die Solarenergieforschung betrug gerade einmal knapp 80 Millionen Dollar.30

Mythos Nr. 6: Durch Ethanol geht die Klimaerwärmung nicht etwa zurück – im Gegenteil, Ethanol verpestet die Luft!

Lassen Sie uns die Luftverschmutzung von der Klimaerwärmung trennen, die durch die Abgase fossiler Brennstoffe erzeugt wird, und eines nach dem anderen abhandeln.

Widmen wir uns zunächst der Luftverschmutzung: In den 1980er und 1990er Jahren gab es viel Lärm darum, dass Ethanol angeblich ein höheres Maß an Verdunstungsemissionen erzeuge als reines Benzin. (Verdunstungsemissionen sind Kraftstoffdämpfe, die trotz geschlossener Tankkappe austreten.) Reporter verdrehten dies zu der Aussage: „Ethanol ist schmutziger als Benzin.“

Alkoholtreibstoff wurde bereits herkömmlichem Benzin zugesetzt und hat buchstäblich jede Schadstoffkategorie senken können. Schon ein fünf- bis zehnprozentiger Alkoholanteil kann den Ausstoß von Kohlenmonoxid (CO) drastisch reduzieren. Reiner Alkoholtreibstoff senkt die drei Hauptschadstoffklassen – Kohlenmonoxid, Stickstoffoxide (NOx) und Kohlenwasserstoffe (HC) – so stark, dass oft nur noch verschwindend geringe Mengen an Emissionen ausgestoßen werden. Bei reinem Alkoholtreibstoff ist eine im Vergleich zu Benzinemissionen 90-prozentige Reduktion aller genannten Schadstoffe die Regel.

Wenn einem Benzingemisch, das bestimmte Chemikalien enthält, ein Alkoholanteil von zwei bis zwanzig Prozent zugesetzt wird, kann es zu einer Reaktion kommen, die diese Chemikalien sehr flüchtig macht. Aber das liegt nicht am Ethanol, sondern am Benzin. Das gilt insbesondere für Erdgaskondensate, die in immer höheren Anteilen im Benzin vorkommen – obwohl sie ursprünglich als zu giftig und flüchtig galten. Unter den entsprechenden Umständen können die Permeationsemissionen pro Tag um ein Gramm zunehmen. Aber die Reduktion der drei Hauptschadstoffe im Abgas entspricht, gemessen am Pendlerverkehr eines Tages, dem 300-Fachen dieser Zunahme. Bei Benzingemischen mit einem Alkoholanteil von 20 Prozent und mehr sinken die Permeationsemissionen, verglichen mit reinem Benzin, wieder ab.

Alkoholabgase enthalten – im Gegensatz zu Benzin- und Dieselabgasen – weder Schwermetalle noch Schwefelsäure. Die Verdunstungsemissionen von reinem Ethanol sind beträchtlich geringer als die von Benzin und nicht giftiger als die Luft in einem beliebigen Lokal.

Nun zur Klimaerwärmung: Hierfür sind vor allem zwei Kfz-Emissionen verantwortlich – Kohlendioxid und Wasserdampf. Diese Gase verstärken den Treibhauseffekt, weil sie die Sonnenwärme in der Atmosphäre festhalten, die sonst in den Weltraum entweichen würde.

Durch Alkoholverbrennung und -fermentation wird Kohlendioxid freigesetzt, und Propagandisten, die gegen Alkoholtreibstoff wettern, behaupten gerne, dass die Alkoholdestillation und -verbrennung den ohnehin schon hohen CO2-Wert in der Atmosphäre noch erhöhen. Dabei ist es, vereinfacht ausgedrückt, so, dass Produktion und Verbrennung von Alkohol das CO2 in der Atmosphäre weder reduzieren noch erhöhen. In einem gut funktionierenden System entspricht die Menge an CO2 und Wasser, die während Fermentation und Verbrauch freigesetzt wird, exakt der Menge, die das Getreide der Alkoholfabrik im kommenden Jahr benötigt, um genauso viel Alkohol zu ergeben wie in diesem Jahr.

Pflanzen brauchen Kohlendioxid, Wasser und Sonnenlicht, um durch Photosynthese Kohlenhydrate zu erzeugen. Produktion und Verbrauch von Alkohol geben Kohlendioxid und Wasser an die Luft zurück, die sich zusammen mit dem Sonnenlicht wieder nützlich machen. Im Grunde ist es ein geschlossener Kreislauf.

Doch ein System, das durch die Produktion von Alkoholtreibstoff unterstützt wird, trägt sogar noch dazu bei, den Kohlendioxidausstoß zu vermindern.23 Wie? Dadurch, dass das Pflanzenwachstum weit mehr Kohlendioxid bindet, als bei Produktion und Verbrauch von Alkohol entsteht. Denn nur ein Teil der Pflanze wird zu Brennstoff. Alle vegetativen Teile der Pflanze – von den Wurzeln über den Halm bis zu den Blättern – bestehen aus gebundenem Kohlendioxid und Wasser, vor allem in Form des Kohlenhydrats Zellulose. Pflanzen nehmen bis zu zehnmal mehr Kohlendioxid aus der Luft auf, als aus dem Teil der Pflanze (zum Beispiel dem Korn), aus dem der Alkohol hergestellt wird, gewonnen und recycelt wird. Auch scheiden Pflanzen bis zu 80 Prozent des Kohlenstoffs, den sie aus der Luft aufgenommen haben, als Zucker über ihre Wurzeln wieder aus, um nützliche Pilze und Bakterien zu nähren.

Dies ist von enormer Bedeutung. Sofern wir ein Gleichgewicht erreichen (und mit Alkoholbrennstoff ist dies durchaus realisierbar), könnten Ozeane und Pflanzen innerhalb von 50 bis 100 Jahren unser überschüssiges CO2 komplett aufnehmen. Ein gesteigertes Pflanzenwachstum durch den Wechsel von einer Kohlenwasserstoff- zu einer Kohlenhydratwirtschaft könnte den Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre sogar noch schneller senken. Ein Sofortprogramm aus Aufforstung, Anbau von energiereichen Nutzpflanzen und Seetangzucht könnte die globale Erwärmung rasch zum Stillstand bringen!

Gegenwärtig schafft es das Erdsystem nicht, das CO2 aus fossilem Brennstoff und Kraftwerkabgasen komplett aufzunehmen. Dieses Kohlendioxid kann deshalb nicht wie im System der Alkoholproduktion wiederverwertet werden, weil es aus Pflanzen stammt, die vor Millionen Jahren gelebt haben und heute fossiler Brennstoff sind. Wenn sie verbrannt werden und dabei Kohlendioxid und Wasser freisetzen, belastet dies unsere Atmosphäre. Wenn wir kein Gleichgewicht anstreben, wird das Wetter sich weiterhin drastisch wandeln. Zudem wird sich die Klimaerwärmung weiter fortsetzen, was sich nur schwer, wenn überhaupt, wieder rückgängig machen lässt. Das könnte sich jahrhunderte-, wenn nicht jahrtausendelang fortsetzen.

Die größte Gefahr der globalen Erwärmung
Entgegen dem allgemeinen Glauben ist das gefährlichste Treibhausgas überhaupt der Wasserdampf. Als Treibhausgas wirkt Wasserdampf 30 Mal stärker als Kohlendioxid, und es speichert Sonnenenergie auf hocheffektive Weise. Die Verbrennung fossiler Treibstoffe erzeugt, neben zahlreichen anderen Emissionen, auch große Mengen an Wasserdampf.
Kohlendioxid fungiert als eine Art „Auslöser“ der Klimaerwärmung, doch je wärmer es wird, desto mehr Wasser verdampft. Dadurch verstärkt sich wiederum die ursprüngliche Wirkung des Kohlendioxids. Diese Rückkopplungsschleife, wie auch einige andere, könnte schließlich an Dynamik zulegen und den Klimawandel schneller vorantreiben, als Kohlendioxid allein es könnte. Die meisten Wissenschaftler glauben, dass wir den Umkipppunkt noch nicht erreicht haben. Aber niemand weiß genau, wie nahe wir ihm schon gekommen sind.

Mythos Nr. 7: Können wir mit Ethanol weiterhin in dem Maße Kraftstoff verbrennen, wie wir es als verantwortungslose Konsumenten gewöhnt sind?

Die Industriestaaten pflegen seit langem eine bequeme Beziehung zu kostengünstiger Energie, und diese Beziehung hat zu einer Kultur von Konsum und Verschwendung geführt. Die USA verbrauchen weltweit die meiste Energie und sind im Pro-Kopf-Verbrauch die Nummer zwei nach Japan. Selbst wenn wir so viel Alkohol produzieren könnten, wie wir brauchen, müssen wir im Umgang mit Energie verantwortungsvoller werden.

Sparsamkeit und zunehmende Effizienz sind die wichtigsten Schritte, die wir sofort unternehmen können, um die drohenden Folgen des Ölfördermaximums abzuwehren. Aber Alkohol kann in der Energiewirtschaft durchaus eine wichtige Rolle spielen, sofern er als Brennstoff ernstgenommen wird. Ein guter Anfang wäre es beispielsweise, sich die hohe Oktanzahl des Alkohols zunutze zu machen und kleinere, aber effektivere Kompressionsmotoren zu bauen, die mehr Energie aus jedem Tropfen Alkohol herausholen.

Abb 8
Aktueller und prognostizierter Kfz-Kraftstoffverbrauch.35,36 Diese Tabelle zeigt, dass der Kraftstoffverbrauch durch private Pkw kaum steigt, was damit zu erklären ist, dass zunehmend mehr Gebraucht- als Neuwagen gekauft werden. Der größte Verbrauch liegt im Bereich der Verkehrsinfrastruktur, angeführt durch Lastwagen und Busse in den Entwicklungsländern. Da aufgrund von Bevölkerungszunahme und steigenden Gehältern in den Produktionsländern Bedarf an einer Verkehrsinfrastruktur besteht, gibt es wenig Hoffnung darauf, dass die Kraftstoffnachfrage irgendwann sinken wird. Ein Großteil der gestiegenen Nachfrage kann durch alkoholverbrennende Hochkompressionsmotoren gedeckt werden.

Gegenwärtig ist der Pro-Kopf-Energieverbrauch in China und Indien noch relativ niedrig, aber da die Bevölkerung dort dem Westen nacheifert und der Lebensstandard auch dort steigt, besteht die Gefahr, dass die Menschen auch unser verschwenderisches Konsumverhalten übernehmen. Da diese Länder sehr bevölkerungsstark sind, steht zu erwarten, dass sie sich zu den größten Energieverbrauchern weltweit entwickeln. Es steht viel auf dem Spiel, da es Klima und Luftqualität den Todesstoß versetzen könnte, wenn Luftverschmutzung und Treibhausgase in diesen Ländern in den nächsten 50 Jahren stark ansteigen. Die Luftverschmutzung, die von außen in die USA eindringt, ist laut der amerikanischen Wetter- und Ozeanographiebehörde NOAA für 30 Prozent des Ozons, eines Hauptbestandteils von Smog, verantwortlich.24 Luftverschmutzung lässt sich nicht entsorgen; mit ihr vergiften wir uns alle gegenseitig.

In China und Indien, wo zunehmend mehr Fahrzeuge auf den Straßen sind, haben die Menschen nun die einmalige Gelegenheit, den Irrweg des Erdöls nicht einzuschlagen – sondern mit Alkohol laufende Hochkompressionsmotoren zu bauen und große Fahrzeuge mit Hybridtechnologie auszustatten. Die Energiemenge, die durch Hybridtechnik in Pkw eingespart werden kann, ist gering, in Bussen und Lastwagen dagegen enorm. Beide Länder verfügen über ein ausgedehntes Schienenverkehrsnetz, und so könnte man dadurch, dass man Chinas Kohle- und Indiens Diesellokomotiven auf Alkohol und/oder Biodiesel umrüstet, die Kosten für den Schienenverkehr stark senken. China baut eigene große Alkoholfabriken, lässt aber auch im Ausland produzieren.

Bei der Kampagne für erneuerbare Energien geht es nicht darum, dicke Autos mit einer unerschöpflichen Menge an sauberem Brennstoff zu versorgen. Vielmehr geht es darum, allein und als Gruppe die Politik zu beeinflussen, um sicherzustellen, dass die Energiezukunft, auf die wir uns zubewegen, auch die ist, die wir uns wünschen – und nicht die, welche die „Öligarchie“ für uns plant.

Abb 9
Weltweit registrierte Pkw. In Entwicklungsländern, ganz besonders in China und Indien, steigt der Kraftstoffbedarf derzeit dramatisch – ausgerechnet jetzt, da die Erdölförderung ihrem Maximum entgegengeht. Um herbe Auswirkungen auf Weltwirtschaft und Klima zu verhindern, müssen wir schnellstens fossile Brennstoffe durch erneuerbare ersetzen, wobei wir nicht einfach nur darauf abzielen dürfen, die schwindenden Ölvorräte auszugleichen.

Nun, da Sie einen Blick hinter die Kulissen der Antialkohol-Propaganda werfen konnten, sind Sie besser gerüstet, um derartige unbedarft geäußerte Argumente zu kontern. Mit den wahren Fakten und Zahlen im Kopf können Sie nun selbst eine Kampagne gegen derartige Propaganda starten, indem Sie Leserbriefe verfassen oder die Tatsachen in ein Gespräch einfließen lassen. Nach und nach können wir so ein öffentliches Verständnis für den Weg wecken, der uns aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen heraus und hin zur Sonnenenergie führt.

Um die Bedeutung von Ethanol für unser Leben zu verstehen, müssen wir Themen aufgreifen, die eigentlich zur schulischen Grundbildung gehören sollten, es aber nicht tun. Die Agrarwirtschaft, die Wissenschaft hinter dem, was uns alle ernährt, wird von unserem Bildungssystem kläglich vernachlässigt; ja selbst an Landwirtschaftsschulen wird die Ökologie unserer Agrarwirtschaft erstaunlicherweise kaum durchgenommen. Doch um die revolutionäre Bedeutung von Alkohol wirklich gänzlich zu erfassen, müssen wir die Grundlagen der Agrarwirtschaft begreifen.

Endnoten

  1. „The Plow Boy Interview“ in Mother Earth News, März/April 1990, www.motherearthnews.com/Nature_and_Environment/1990_March_April/The_Plowboy_Interview
  2. Carvalho Macedo, Isaias de: „Greenhouse Gas Emissions and Energy Balances in Bio-Ethanol Production and Utilization in Brazil“ in Biomass and Bioenergy, 1998, 14(1):77-81
  3. Rohter, Larry: „With Big Boost from Sugar Cane, Brazil Is Satisfying Its Fuel Needs“ in New York Times, 10.04.06, Teil A1
  4. 2002 Agricultural Census, US Department of Agriculture, 30.12.04; www.nass.usda.gov/census/census2002/volume1/us/index1.htm
  5. National Agricultural Statistics Service, US Department of Agriculture, 28.06.02; usda.mannlib.cornell.edu/reports/nassr/field/pcp-bba/acgr0602.txt
  6. Berechnungen des Autors
  7. Commoner, Barry „The Politics of Energy“ (New York: Alfred A. Knopf, 1979), S. 42f.
  8. 2002 Agricultural Census
  9. Wright, Lawrence: „Silent Sperm“ in The New Yorker, Januar 1996, S. 41-55
  10. „Infertility: An Overview“ (Birmingham, AL: American Society of Reproductive Medicine, 2003)
  11. Pimentel, D. et al.: „Environmental, Energetic, and Economic Comparisons of Organic and Conventional Farming Systems“ in BioScience, Juli 2005, 55:573-82
  12. Berechnungen des Autors auf Grundlage des US Department of Agriculture Feed Outlook, Januar 2005
  13. „Distillers Feeds“ (Cincinnati, OH: Distillers Feed Research Council)
  14. Morris, David: „West Wing’s Ethanol Problem“ auf AlterNet, 02.02.05; www.alternet.org/envirohealth/21147
  15. „The Real Price of Gasoline: An Analysis of the Hidden External Costs Consumers Pay to Fuel Their Automobiles“, Bericht Nr. 3 (Washington, DC: The International Center for Technology Assessment, November 1998), S. 1-43
  16. „Gasoline Cost Externalizes: Security and Protection Services“, The International Center for Technology Assessment, Jan. 2005, S. 1-7; www.icta.org/doc/RPG security update.pdf
  17. Wells, Jim: „Tax Incentives for Petroleum and Ethanol Fuels“, GAO/RCED-00-301R (Washington, DC: US General Accounting Office, September 2000), Tabelle 1.2.
  18. Cooper, Mark: „Over a Barrel: Why Aren’t Oil Companies Using Ethanol to Lower Gasoline Prices?“ (Sioux Falls, SD: Consumer Federation of America, Mai 2005), S. 2
  19. Urbanchuk, John M.: „Contribution of the Ethanol Industry to the Economy of the United States“ (Renewable Fuels Association, Januar 2005), S. 2
  20. Informa Economics, Inc.: „The Structure and Outlook for the U.S. Biofuels Industry“ für das Landwirtschaftsministerium von Indiana, Oktober 2005; www.in.gov/isda/pubs/biofuelsstudy.pdf (1. März 2006)
  21. Urbanchuk: „Contribution“, S. 1-4
  22. Anderson, Marion: „American Jobs from Alcohol Fuel“ (Employment Research Associates, 1980), S. 1-13
  23. „Biofuels for Transport“ (International Energy Agency, 11.05.04), S. 6
  24. Watson, Traci: „Air Pollution from Other Countries Drifts into USA“ in USA Today, 14.03.05, Teil 1A
  25. Dukes, Jeffrey S.: „Burning Buried Sunshine: Human Consumption of Ancient Solar Energy“ in Climate Change, 2003, 61:31-44
  26. Shleser, Robert: „Ethanol Production in Hawaii: Processes, Feedstocks and Current Economic Feasibility of Fuel Grade Ethanol Production in Hawaii“, erstellt für das hawaiianische Wirtschaftsministerium, Wirtschaftliche Entwicklung und Tourismus (Juli 1994), S. 1-62
  27. Dukes: „Burning Buried Sunshine“
  28. Ebd.
  29. „Taxpayers’ Dollars Diverted“ auf CBS Evening News, 11.05.05
  30. „Sci Tech: Hydro Fuel Faces Bumpy Road“ auf CBS News, 30.06.03
  31. Gatto, Steven; Aussage vor dem US Congress, Senate, Committee on Environment and Public Works, Subcommittee on Clean Air, Wetlands, Private Property, and Nuclear Safety; Anhörung 106-953, 106. Kongress, 2. Sitzung, 14.06.00
  32. Urbanchuk: „Contribution“
  33. „Worldwide Look at Reserves and Production“ in Oil & Gas Journal, 19.12.05, 103:47; www.eia.doe.gov/emeu/international/reserves.html. Unter Öl fallen sowohl Rohöl als auch Kondensat. Für Kanada belaufen sich die Schätzungen auf 4,7 Milliarden Barrel konventionelles Rohöl und Kondensat und 174,1 Milliarden Barrel an Ölsanden.
  34. Die Daten für Amerika stammen aus: Advance Summary, US Crude Oil, Natural Gas, and Natural Gas Liquids Reserves 2005 Annual Report, DOE/EIA-0216 (Washington, DC: US Energy Information Administration, Sept. 2006)
  35. Davis, Stacy C.: „Transportation Energy Data Book: Edition 21“, ORNL-6966 (Oak Ridge, TN: Oak Ridge National Laboratory Center for Transportation Analysis, 2001)
  36. Hutzler, Mary J. et al.: „Annual Energy Outlook 2002“, DOE/EIA-0383 (Washington, DC: US Energy Information Administration, Dezember 2001)

Kommentare

Kommentar von winne (04. Dezember 2008, 18:54 Uhr)

gute seiten ,bin erstaunt


Kommentar von sissi brautkleider (16. Juli 2011, 17:39 Uhr)

Dann kann es unsere Energieprobleme lösen. Und zwar alle – wenn wir es nur wollen.
Awesome!