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Alkohol als Treibstoff-Alternative, Teil 1

Die Vision der großen Konzerne (kurz „MegaOilron”), alle Zahlungsfähigen mit nicht erneuerbarer Energie zu versorgen, hat sich inzwischen für uns alle als katastrophal erwiesen, und die Situation wird sich weiter verschärfen. Wenn wir eine Zukunft wollen, in der erneuerbare Kraftstoffe und eine demokratisch regierte Menschheit den Ton angeben, müssen wir uns aktiv dafür einsetzen.


Abb 0

Im Jahr 2004 wurden weltweit 72.477.000 Barrel Öl pro Tag gefördert.1 Die Hälfte dieses Öls wird im Allgemeinen zu Motorkraftstoff verarbeitet, was bedeutet, dass 2004 2.102.933.294.624 Liter – über zwei Billionen Liter – an Treibstoff durch Verbrennungsmotoren flossen.

Im Jahr 2005 überstieg das Budget des amerikanischen Verteidigungsministeriums erstmals 500 Milliarden Dollar. Mitte 2006 beliefen sich allein die Gesamtausgaben für den Irakkrieg auf über 500 Milliarden Dollar.2

Inwiefern hängen all diese Zahlen zusammen? Die Kosten für den Bau einer Anlage zur Herstellung von Alkoholkraftstoff entsprechen etwa einem Dollar pro jährlich geförderter Gallone (3,785 Liter). Je mehr solcher Anlagen entstehen, desto geringer werden auch die Kosten. Es könnten demnach leicht genügend Anlagen für Alkoholkraftstoff gebaut werden, um den weltweiten Bedarf an Erdöltreibstoff auch durch Alkohol zu decken – und zwar dauerhaft und mit weniger Geld als dem Jahresetat des amerikanischen Verteidigungsministeriums.

Der Bau solcher Anlagen auf der ganzen Welt würde die Umweltverschmutzung stark verringern, der globalen Erwärmung entgegenwirken, ländliche Gemeinden wirtschaftlich einbinden, dem weltweiten Hunger ein Ende setzen und durch indirekt genutzte Sonnenenergie und umweltgerecht bestellte Böden für Wohlstand sorgen. Würden wir überhaupt noch ein Verteidigungsbudget brauchen, wenn die Welt genügend Essen und Arbeitsplätze zu bieten hätte und uns dauerhaft mit regional angebauter Energie und Nahrung versorgen würde? Weswegen müsste dann noch Krieg geführt werden?

Man sollte meinen, dass jeder Mensch einen solchen Zustand herbeisehnt. Aber wir leben nun einmal in einer Welt der verzerrten Prioritäten. Unser System gründet sich auf eine Privatisierung des Gewinns durch einige Wenige, während die „Sozialisierung“ der Ausgaben von uns übrigen Menschen getragen werden muss.

Der Zustand unseres Planeten zeigt deutlich, dass wir uns nicht länger der Phantasie hingeben können, es gebe immer noch einen Fluss, ein Quäntchen Luft oder eine Mülldeponie, um unseren so lästigen Unrat loszuwerden. Es lässt sich nicht länger bestreiten, dass eine ordnungsgemäße Entsorgung in die Produktionskosten einzubeziehen ist. Wir sitzen alle im selben Boot; es gibt keinen imaginären Zaun, über den wir unseren Abfall werfen können, ohne dass er zurückkommt und uns erneut heimsucht.

Konzerne dürfen nicht länger nur Rechte besitzen, ohne gleichzeitig auch Verantwortung zu tragen. Unsere ökologische und ökonomische Krise zwingt uns, neue Ideen ins Auge zu fassen und die Grenzen unseres Denkens zu weiten.

Einige Menschen warten hoffnungsvoll darauf, dass die Ölförderung ihr Maximum erreicht und abfällt. Sie glauben, dass das Ende des Erdöls automatisch zu einer Zukunft der erneuerbaren Energien, der regionalen Industrie und zu mehr Gemeinschaft führt und die Macht der Konzerne sich einfach auflösen wird. Wenn es doch nur so wäre.

Mit Gier, blindem Vertrauen, Spekulationen und der Verbreitung von Angst versucht ein Konglomerat aus Energieriesen, Hochfinanz und Regierungsinstitutionen, das ich auch gerne als „MegaOilron“ bezeichne, eine ganz andere Vision der erdöllosen Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen. Diese Vision, alle Zahlungsfähigen mit nicht erneuerbarer Energie zu versorgen, hat sich schon jetzt als katastrophal für uns alle erwiesen, und die Situation wird sich weiter verschärfen. Wir dürfen nicht einfach tatenlos zusehen und auf ein gesellschaftliches Utopia warten. Wenn wir eine Zukunft wollen, in der erneuerbare Kraftstoffe und eine demokratisch regierte Menschheit den Ton angeben, müssen wir uns aktiv dafür einsetzen.

Öltanker sind Umweltverschmutzer

Öl- und Flüssiggastanker werden mit Bunkeröl angetrieben, das zwar mit Dieselöl verwandt ist, aber kaum als Kraftstoff taugt. Die Tanker legen insgesamt knapp 18.000 Kilometer zurück, um Rohöl nach Amerika zu bringen. Russell Long, Projektleiter der Umweltschutzorganisation Bluewater Network am Earth Island Institute in San Francisco, sagte vor dem US-Senat, dass „das Öl, das aus diesen Regionen [in Nahost] in die USA gelangt, mit einer internationalen Flotte von veralteten Tankern transportiert wird – einer Flotte, die für 14 Prozent des weltweiten Stickstoff- und 16 Prozent des weltweiten Schwefelausstoßes verantwortlich ist, der auf die Verbrennung von Erdöl zurückgeht. Die Carnegie Mellon University kam 1999 zu dem Schluss, dass die internationale Tankerflotte aufgrund dieser horrenden Emissionen auf dem Ozean für den derzeitigen Klimawandel mitverantwortlich ist.“26

Teersand (Ölsand)

Nun, da das leicht erreichbare Öl verbraucht ist, kratzen wir die letzten Reste aus dem Teerfass. Das „konventionelle Öl“, wie es heute so schön heißt, stammt hauptsächlich aus kanadischem Ölsand. Ölsandlager finden sich außerdem in Zentralasien und in Venezuela (wobei Venezuela auch über zahlreiche Ölschieferlagerstätten verfügt). Die wenigsten Amerikaner wissen, dass mehr aus Ölsand gefördertes Öl in die USA importiert wird als Erdöl aus Saudi-Arabien, dem größten Rohölförderstaat der OPEC.

Ölsand aber ist nicht zu vergleichen mit dem herkömmlichen Schwarzen Gold, das einfach nach oben gepumpt wird. Dieser Sand ist eine teerartige, schmierige und mit Sand versetzte Masse, die derzeit beispielsweise im kanadischen Alberta im Tagebau gefördert und dann zur Weiterverarbeitung in die entsprechenden Anlagen transportiert wird.

Abb 1
Extraktion von Teersand in tieferen Schichten. In einer höher gelegenen Bodenschicht wird Teersand mit durch Erdgas erzeugtem Dampf erhitzt, bis der Teer schmilzt und in eine poröse Schicht sickert, aus der er dann abgepumpt wird. Diese Vorgehensweise ist mit einem hohen Energieaufwand verbunden und erzeugt eine enorme Menge an Treibhausgasen.

Um aus abgebautem Ölsand vier Barrel Kerogen (aus dem nach weiterer Raffinierung Erdöl wird) zu erhalten, sind fünf Barrel an Erdgasenergie nötig, um genügend Dampf für die Gewinnung zu erzeugen. Für jedes aus Sand gewonnene Barrel Öl sind zwei bis fünf Barrel Wasser und der Abbau von bis zu vier Tonnen Erde nötig.3 Aus zwei Tonnen Sand lässt sich gerade einmal ein Barrel der teerartigen Substanz gewinnen, wobei der übrige Sand und die öligen Rückstände mit Wasser in Auffangbecken gespült werden, die noch jahrtausendelang hochgiftig sein werden.

Der Tagebau in Alberta liegt genau auf einer der Hauptflugrouten für Wasservögel. Millionen von Vögeln sterben dadurch, dass sie auf den Ölbecken landen, um zu rasten. Die Ölgesellschaften mussten elektrische Vogelscheuchen und Schreckschussanlagen installieren, um die Vögel vom Landen abzuhalten. Hat dies etwas genützt? Nun … sie haben es zumindest versucht.

In den kommenden Jahren werden viele Ölfirmen feststellen, dass an der Oberfläche kein abbaubarer Ölsand mehr zu finden ist. Dann wird das Kerogen aus tieferen Lagerstätten geholt werden müssen, wobei der unterirdische Teer mithilfe von Dampf verflüssigt und die immer noch zähe Substanz dann durch einen tieferen Schacht nach oben gepumpt werden muss. Bei dieser Vorgehensweise wird in etwa die vier- bis fünffache Menge an Erdgasenergie benötigt, die derzeit für die Gewinnung eines Barrels Öl gebraucht wird – 20 Barrel Gas.4

Das Verhältnis von 20:1, in dem sich Energieaufwand und Energieertrag gegenüberstehen, ist extrem schlecht. Die durch das Erdgas freigesetzte Menge an Kohlendioxid dürfte sich zur größten Treibhausgasquelle weltweit auswachsen – zumindest, bis man sich an den Abbau von Ölschiefer macht (siehe unten). Es sind bereits Vorschläge gemacht worden, ein Atomkraftwerk neben den Teersandabbau von Alberta zu setzen, um bei der Dampferzeugung nicht länger auf Erdgas angewiesen zu sein.5 Gerechtfertigt wird dies mit einer Verminderung des CO2-Ausstoßes durch Erdgas!

Abb 2
Dieses Schaubild von General Motors aus dem Jahr 1978 zeigt deutlich, dass Industrie wie US-Regierung wussten, dass das Ölfördermaximum wahrscheinlich kurz nach 2000 eintreten würde. Dennoch unternahm die Regierung so gut wie nichts, um die Abhängigkeit vom Erdöl als Energiequelle zu reduzieren.

Das grenzt in der Tat an Wahnsinn. Das Abfallprodukt von Erdgas (Kohlendioxid) durch Atommüll zu ersetzen, bringt uns vom Regen in die Traufe.

Die übelriechende Substanz namens Kerogen ist so schwefelhaltig, dass ein Teil des Schwefels dem Öl aufwändig entzogen werden muss, damit er nicht zu Schwefelsäure im Abgas und somit zu saurem Regen wird. Die pyramidenförmigen Schwefelberge bei Alberta bestehen aus fünf Millionen Tonnen des sauren gelben Schlamms und wachsen mit jedem Tag. Die Schwefelrückstände aus der synthetischen Erdölgewinnung entwickeln sich zu einem weltweiten Problem, und die Schwefelberge von ChevronTexaco und ExxonMobil in Kasachstan umfassen inzwischen über 7,8 Millionen Tonnen. Angeblich strahlen diese Hügel im Sonnenlicht so hell, dass Astronauten sie vom Weltraum aus gesehen haben wollen. Für die Verschmutzung der kasachischen Wüste wurden die Erdölunternehmen mit Geldstrafen von insgesamt 72 Millionen Dollar belegt, doch die Summe wurde später auf sieben Millionen Dollar heruntergehandelt.6

Abb 3
US-Rohölimport nach Ländern. Beachtenswert ist der hohe Anteil Mexikos und Kanadas. Dank der Kommerzialisierung von Teersanden ist Kanadas Anteil seit 1978 stetig gestiegen, und inzwischen ist Kanada der größte ausländische Lieferant von „konventionellem Öl“ an die USA.

In Kanada, wo ExxonMobil und Shell einen Großteil der Förderanlagen betreiben, wachsen die Schwefelberge von Alberta täglich um 1.700 Tonnen, wodurch große Mengen an Batteriesäure in Erde und Wasserläufe gelangen. Diese enormen halbfesten Berge geben je nach Temperatur Flocken oder Staub ab. Die glitzernden Schwefelteilchen werden vom Wind davongetragen, bis sie sich schließlich an Feuchtigkeit binden und zu flüssiger Säure werden. Kanada, der größte Erdöllieferant der USA, kann es sich angeblich nicht „leisten“, seinen Abfall zu beseitigen; so klagt beispielsweise die Syncrude Canada Ltd., es sei zu kostspielig für sie, den Schwefel 1.500 Kilometer weit zur nächsten Verkaufsstelle zu transportieren.7

Zudem hat China bereits einen großen Anteil an den Pipelines erworben, die das teerartige Rohöl zu Raffinerien an der kanadischen Pazifikküste transportieren sollen. Diese Pipelines werden trotz des lautstarken Protestes der Ureinwohner gebaut, durch deren Land sie verlaufen sollen. Es wird allgemein erwartet, dass China die USA bei künftigen Teersand-Transaktionen überbietet. „Wir halten immer nach profitablen Projekten Ausschau, und darunter könnte alles von Minderheitsbeteiligungen bis hin zur Übernahme von Ölsandunternehmen fallen“, sagt Hou Hongvin, Vizepräsident von Sinopec, einem der größten Öl- und Chemieunternehmen Chinas.8

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Teersand ein Energieminus von 2.500 Prozent im Verhältnis zur investierten Energie erwirtschaftet, dabei aber enorme Mengen an Treibhausgasen freisetzt. Und wir alle werden darauf angewiesen sein – sofern wir es zulassen.

Ölschiefer

Mit der Ölgewinnung aus Schiefer wird der Wahnsinn der künstlich verlängerten Erdölförderung noch offensichtlicher. In den 1980er Jahren schätzten Harvard und andere Universitäten, dass die Ölgewinnung aus Schiefer nur dann kosteneffektiv sei, wenn der Ölpreis auf 100 Dollar pro Barrel stiege. Im Jahr 2005 warnten sowohl Ölkonzerne als auch Börsenfachleute davor, dass schon in naher Zukunft Preise von 105 Dollar pro Barrel zu erwarten seien.9 Somit galt nun auch der Ölschiefer als „konventionelles Öl“.

Ölschiefer ist ein hartes, poröses Gestein, das, ähnlich wie Ölsand, eine teerartige Substanz enthält. Aber um aus Schiefer Öl zu gewinnen, reicht Dampf allein nicht aus. Im Laufe der Zeit haben sich viele hundert Kleinunternehmen an der Gewinnung von Erdöl aus Schiefer versucht, aber alle mussten aufgeben, als 1925 West Texas Oil auf den Plan trat.

Das US Bureau of Mines betrieb von 1925 bis 1929 eine kleine Forschungseinrichtung zur Ölgewinnung aus Schiefer. Während des Zweiten Weltkriegs verabschiedete der Kongress den Synthetic Liquid Fuels Act, der mit einem Budget von 87 Millionen Dollar den Bau mehrerer Testeinrichtungen ermöglichte und einmal mehr die Forschungen der Erdölunternehmen subventionierte. Die amerikanische Regierung privatisierte das Projekt 1972, indem sie die Anlage in Anvil Points, eine von der Regierung gebaute Versuchseinrichtung bei Rifle in Colorado, an eine Gruppe von 17 Privatunternehmen vermietete. Schließlich erlosch das Interesse, ohne dass auch nur eine einzige kommerzielle Anlage gebaut worden wäre.10

Dann folgte in den 1970er Jahren die Energiekrise, und wieder waren es die Ölunternehmen, die ordentlich zulangten. 1980 brachten sie die Carter-Regierung dazu, 14 Milliarden Dollar in die Synthetic Fuel Corporation zu stecken und damit kommerzielle Projekte zur Gewinnung synthetischer Kraftstoffe aus Ölschiefer und anderen nicht erneuerbaren Quellen (wie Kohle und Flüssigbrennstoff) zu fördern. Doch auch aus dieser Finanzspritze erwuchs nicht ein privates Unternehmen.

Durch die Verarbeitung von Ölschiefer und Teersanden würden viele hundert Millionen Tonnen an mit Acridin (einem Steinkohlenteerderivat) verseuchtem Abfall anfallen, der in den westlichen Staaten der USA deponiert werden müsste. Jedes Barrel (159 Liter) Erdöl würde eine Tonne toxischen Abfalls erzeugen. Damit die Versuchsanlage das Minimum an wirtschaftlicher Effektivität von 500.000 Barrel pro Tag erreicht, müssten jährlich 200 Millionen Tonnen Abfalls entsorgt werden. Dieser Abfall aber enthält nicht nur Acridin, sondern auch zahlreiche giftige Kohlenwasserstoffe, große Mengen an Schwermetallen und Salze. Zudem ist die Produktion von 500.000 Barrel pro Tag weniger, als Ölraffinerien durch Dampflecks verlieren – ein bloßer Tropfen auf den heißen Stein, wenn man die Gesamtproduktion betrachtet.

Das Magazin Science berichtete, dass Acridin zu auffälligen Defekten an Insekten führe. Geringe Mengen von Acridin wurden in Sand gegeben, in dem zuvor Grilleneier abgelegt worden waren. Die Grillen, die zwölf Tage später schlüpften, wiesen eine Reihe von Mutationen auf, darunter zwei oder mehr Köpfe, zusätzliche Augen und mehrere oder verzweigte Fühler. Die Menge an Acridin, die diese Mutationen hervorrief, war minimal.11 Bislang wurden keine derartigen Versuche an höher entwickelten Tieren durchgeführt, aber ein so potentes Mutagen dürfte sich auf alle Tiere negativ auswirken.

Abb 4

Eine Tonne Ölschiefer ergibt gerade einmal 95 Liter ölartiger Substanz. Um die ölhaltigen Dämpfe zur weiteren Raffination einzufangen, muss der brennende Schiefer mit großen Mengen an Wasser besprüht werden. Durch riesige Pipelines würde Wasser aus Kanada in die USA gepumpt werden müssen, um dafür zu sorgen, dass der Hexenkessel dort weiterbrodelt. Um pro Tag 50.000 Barrel dieses klebrigen Erdölvorprodukts zu erhalten – ein Zehntel der Menge, die für die oben erwähnte Versuchsanlage vorgesehen ist –, würden enorme Wassermengen benötigt, und die daraus resultierende Luftverschmutzung wäre gigantisch. Schon die Produktion von 50.000 Barrel pro Tag würde jährlich knapp fünf Milliarden Liter Wasser erfordern; drei Tonnen Schwefeloxid, bis zu 20 Tonnen Stickstoffoxid, zwei Tonnen Kohlenmonoxid, zwei Tonnen stark krebserregender Kohlenwasserstoffe und 20.000 Tonnen Kohlendioxid12 in die Atmosphäre entweichen lassen sowie 110.000 Tonnen an Feststoffabfall produzieren – und zwar tagtäglich.13

Sollte der Ölschiefer den Import von Erdöl in die USA einst vollkommen ersetzen, so wurde Anfang der 1980er Jahre geschätzt, dann ergäben sich daraus pro Kopf und Jahr 1.000 Pfund an Giftmüll. Das wäre die doppelte Menge dessen, was die übrige amerikanische Industrie zur damaligen Zeit an Giftmüll produziert hat. Um ihn zu lagern, wäre eine Deponie von der Gesamtfläche sämtlicher Canyons in Wyoming, Utah und Colorado nötig. Das war 1980. Nichts – ich wiederhole: nichts – würde in kommenden Jahrtausenden darauf wachsen, solange aus diesen Deponien noch Karzinogene, Mutagene und Schwermetalle ins Grundwasser sickern.

Doch es kommt noch schlimmer. Eine Erdölgesellschaft kündigte vor kurzem an, sie habe es geschafft, durch Schächte „Heizgeräte“ in den Schiefer hinabzulassen und so das Gestein stark genug zu erhitzen, um die klebrige Substanz zu schmelzen und in einen tiefer gelegenen alten Grundwasserleiter sickern zu lassen, aus dem sie dann abgepumpt werden kann. Etwas daran schien mir unstimmig, und so erkundigte ich mich bei einem befreundeten Physiker, wie es um die Energiebilanz bestellt sei, wenn diese Hitze mittels Erdgas erzeugt würde. Sein Fazit:

„Die gute Nachricht ist, dass Erdgas in diesem Fall nicht als Energiequelle in Frage kommt. Es ist unmöglich, mit Erdgas eine solche Hitze zu erzeugen. Die schlechte Nachricht ist, dass höchstwahrscheinlich große Pfropfen an heißem Atommüll verwendet werden, um das Gestein zu erhitzen. Mit etwas anderem wäre das Ganze kaum zu realisieren.“

Es heißt, Halliburton habe ein ähnliches System für die NASA entworfen, um mittels Pfropfen aus Atommüll die Eiskappe auf dem Mars aufzutauen und so Wasser für eine Marsstation zu erhalten.

Abb 5
Ein Terroranschlag in den USA? Nein. Ein aufgebrachter Amerikaner hat auf die Alyeska-Pipeline in Alaska gefeuert. Hunderttausende Liter Erdöl schossen heraus, bis der Druck so weit nachließ, dass das Loch geflickt werden konnte. Mehr als 160.000 Kilometer an Pipelines weltweit könnten Sabotageakten zum Opfer fallen. Ein Schussloch wie das oben genannte, verursacht von einer Patrone für 75 US-Cent, könnte eine mehrere Tage dauernde Reparatur nötig machen – die Reparatur einer sabotierten Ölförderanlage könnte sogar Wochen in Anspruch nehmen.

Die tauende Tundra

Kanada hat immer geglaubt, dass die arktische Vegetation der Tundra genügend Kohlendioxid aufnehmen könne, damit das Land die Vorgaben des Kyoto-Protokolls zur Reduktion des Kohlendioxidausstoßes einhalten kann. Die kanadische Tundra umfasst 40 Prozent der weltweiten arktischen Vegetation. Kanada ging davon aus, dass die CO2-Aufnahme der Tundrapflanzen den CO2-Ausstoß aus der Teersandproduktion ausgleichen würde.

Eine Studie wies jedoch jüngst eine rätselhafte Rückkopplungsschleife nach. Durch die Klimaerwärmung zersetzen sich die reiche organische Materie und der Torf der Tundra unnatürlich schnell, und dabei wird mehr Kohlendioxid freigesetzt als aufgenommen. Schätzungen zufolge wird die Kohlendioxidmenge in der Atmosphäre weltweit um 25 Prozent steigen, sobald sich der oberste Meter der kanadischen Tundra vollständig zersetzt hat, was die globale Erwärmung noch einmal dramatisch beschleunigen wird.27

Flüssigerdgas

Flüssigerdgas ist eine stark abgekühlte, komprimierte Flüssigkeit auf der Grundlage von Erdgas. Der Energieaufwand für die Komprimierung des Gases schluckt einen Großteil des Energieertrags, der sich aus dem Gas gewinnen lässt, wodurch es als Kraftstoff höchst ineffizient ist. Mit Erdgas betriebene Kompressoren verdichten es – und erzeugen dabei Kohlendioxid, sodass diese Energiequelle zugleich den Treibhauseffekt fördert. Aber bis eine Methode gefunden wird, Erdgaspipelines durch den Ozean zu legen, bleibt Flüssigerdgas die einzige Möglichkeit, das Gas von seinem Ursprungsort (Sibirien und Nahost) nach Nordamerika zu transportieren.

Flüssigerdgas ist eine heikle Substanz; es zersetzt Metall, macht es rissig und brüchig und sorgt so für Störungen, die unter normalen Umständen nicht auftreten würden. Eine Großkaliberpatrone, die auf einen unter hohem Druck stehenden Tank abgefeuert wird, kann diesen sprengen, anstatt ihn einfach nur zu durchlöchern. Und die hohe Belastung, der ein Flüssiggastanker während eines heftigen Sturms ausgesetzt ist, kann an den Verbindungsstellen zwischen Tank und Schiffsrumpf zu Materialversagen führen.

Ein Umschlagplatz für Flüssiggas oder ein mit Flüssigerdgas bestückter Supertanker besitzen (mindestens) die Sprengkraft einer mittelgroßen Atombombe. Einigen Schätzungen zufolge würde der Radius einer solchen Explosion gut 16 Kilometer betragen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich ein solcher Betriebsunfall ereignen wird. Im Jahr 1944 brach ein kleiner Flüssigerdgastanker und explodierte, wobei 130 Menschen getötet und 200 weitere verletzt wurden. Dieser Tanker war klein im Vergleich zu denen, die künftig an Umschlagplätzen anlegen sollen. Die Marinekasernen im Libanon wurden 1983 von der Explosion eines Lastwagens zerstört, der Behälter mit komprimiertem Erdgas geladen hatte, das eine weit geringere Energiedichte als Flüssigerdgas besitzt.

In den 1970er Jahren errechnete die US Federal Power Commission, die damalige amerikanische Energieregulierungsbehörde, dass bei einer Flüssigerdgasexplosion am Umschlagplatz auf Staten Island, New York City, bis zu 100.000 Menschen ums Leben kommen könnten.14 Weil Energieunternehmen in zunehmendem Maße von Erdgas abhängig sind, werden Tanker und Umschlagplätze immer größer. Und weil die amerikanische Bevölkerung nur höchst ungern neben einem solch attraktiven Ziel für einen Terroranschlag lebt, planen die USA neue Umschlagplätze an den Grenzen zu Mexiko und Kanada, um den Protestanten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Da die Erdgasförderung vieler Länder jedoch kurz vor dem Maximum steht, ist zu erwarten, dass solche Umschlagplätze weltweit wie Pilze aus dem Boden schießen werden.

Während ich dies hier schreibe, sind bereits Gesetze in Planung, die den regionalen und lokalen US-Behörden das Mitspracherecht bei der Standortbestimmung von Flüssigerdgas-Umschlagplätzen entziehen und die Befugnis allein in die Hand der Bundesbehörden legen sollen. Das würde bedeuten, dass Anwohner sich nicht länger gegen die Baupläne von Konzernen wehren könnten – ein Umschlagplatz würde ohne Berücksichtigung lokaler oder regionaler Bebauungs- oder Umweltverordnungen entstehen können.

Kohle

Kohle als Energiequelle gilt als das Ass im Ärmel der USA. Die USA verfügen über umfangreiche Lagerstätten und verbrauchen zur Elektrizitätsgewinnung enorme Mengen an Kohle.15 Kohle ist, wie Erdöl, ein fossiler Brennstoff, durch den kontinuierlich Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangt.

Kohleemissionen sind schwefelhaltig und damit sauer. Aus ihnen entsteht saurer Regen, der viele tausend Seen im Osten der USA nahezu abgetötet hat. Während der industriellen Blütezeit der USA, als die mit Kohle betriebenen Stahlwerke im sogenannten Rust Belt noch aktiv waren, war die Luft so säurehaltig, dass man draußen keine Wäsche zum Trocknen aufhängen konnte, weil die Säure Löcher in den Stoff fraß. Das schwefelsaure Regenwasser sorgte zudem dafür, dass giftiges Aluminium, Kupfer und Blei aus dem Boden gewaschen wurden und ins Grundwasser gelangten. Das Wasser war so sauer, dass es das Blei aus dem Lötzinn löste, mit dem die Kupferrohre des Wassersystems verbunden wurden. Je länger das Wasser in Kontakt mit dem Lötzinn war, desto mehr Blei gelangte ins Wasser. Weil dieses Phänomen gehäuft auftrat, wurde ein neuer Lötzinn entwickelt, der so gut wie bleifrei ist.

Abb 6
Kohlegrube bei Four Corners. Dieser Tagebau, der die Elektrizitätswerke von Four Corners mit Energie versorgt, ist nur einer von vielen im amerikanischen Südwesten. Es wird Jahrhunderte dauern, bevor auf dem Abraum wieder etwas wächst. Bis dahin sickern stetig Giftstoffe ins Grundwasser.

Seit Jahren raten die amerikanischen Gesundheitsbehörden den Menschen an der Ostküste dazu, das Wasser aus der Leitung erst einige Minuten laufen zu lassen, damit das durch die Rohre verunreinigte Wasser ablaufen kann. Städte wie Boston müssen Millionen Pfund alkalischen Kalks in die Trinkwasserbecken geben, um die Säure zu neutralisieren. Dies ist ein weiteres anschauliches Beispiel dafür, wie Konzerne den Gewinn einheimsen, während die Bevölkerung die Folgekosten für die von den Unternehmen gewählten Brennstoffe zu tragen hat.

Kohle enthält darüber hinaus Quecksilber, eines der stärksten Nervengifte überhaupt. Die englische Redewendung „mad as a hatter“ – verrückt wie ein Hutmacher – hat seinen Ursprung in der Hutproduktion des 18. Jahrhunderts, als für die Herstellung von Filz noch Quecksilber verwendet wurde. Im Laufe der Zeit vergiftete ein Hutmacher so sein gesamtes Nervensystem.

Heute dürfen Kohleunternehmen mehr Quecksilber als je zuvor freisetzen, da die Bush-Regierung die Bestimmungen gelockert hat und ihnen erlaubt, mit Einrichtungen, die keine Kohle verwenden, „Quecksilber-Punkte“ auszutauschen. In diesem bizarren System können Unternehmen ohne Quecksilberausstoß – beispielsweise Stromerzeuger auf der Basis von Wind- oder Wasserenergie – „Punkte“ sammeln, um sie dann an solche Unternehmen zu verkaufen, die Kohle verbrennen, damit diese, zumindest auf dem Papier, die erlaubten Mengen an Quecksilberemissionen einhalten. Immerhin ist es weit kostengünstiger, Punkte zu kaufen, als Quecksilber aus Kohleemissionen zu filtern.

Die relativ geringe Menge an Quecksilber in einem Pfund Kohle gewinnt an Bedeutung, wenn man bedenkt, wie viele Milliarden Tonnen an Kohle verbrannt werden, deren Quecksilber aus den Industrieschornsteinen geradewegs in den Ozean gelangt. Dort wird es vom Plankton aufgenommen und arbeitet sich in der Nahrungskette nach oben – bis es aus der Thunfischkonserve in die Muttermilch gelangt, um das kindliche Nervensystem zu schädigen. Wir sitzen alle im selben Boot.

Kohle enthält auch kleine Mengen an radioaktiven Teilchen. Diese radioaktive Krebssaat regnet unbemerkt auf uns herab und gelangt ebenfalls in die Nahrungskette, da die meisten dieser Teilchen wasserlöslich sind. Durch die riesigen Mengen Kohle, die verbrannt werden, gelangen weit mehr radioaktive Teilchen in die Luft als durch Atomreaktoren.

Die durch Kohleverbrennung freigesetzten Teilchen sind sehr klein, wodurch sie nicht nur besonders schädlich für natürliche Systeme – zum Beispiel die menschliche Lunge – sind, sondern auch noch für einen unnatürlich tiefen Kondensationspunkt sorgen, an dem Wasserdampf zu Tropfen wird. In der trockenen Luft des amerikanischen Südwestens bleiben die Tropfen durch die Kohleemissionen so klein, dass sich aus ihnen keine Regentropfen bilden können. In der Hauptwindrichtung der kohleverbrennenden Unternehmen bei Four Corners (wo Arizona, New Mexico, Utah und Colorado zusammentreffen) liegt daher eine viele hundert Kilometer lange Zone, in der fast dauerhaft Dürre herrscht.

Der Wind verteilt diesen Feinstaub weltweit. Polare Windströmungen tragen ungeahnte Mengen dieser kleinen, schwarzen Teilchen bis zu den Polkappen. Das Eis schmilzt somit nicht nur aufgrund des Treibhauseffekts, sondern auch aufgrund der kleinen Rußteilchen. Die dunklen Teilchen absorbieren das Sonnenlicht, schmelzen ins Eis und leiten die Wärme dabei weiter. Zwar ist es für das bloße Auge nicht sichtbar, aber die Polkappen sind nicht länger schneeweiß, sondern haben einen Grauschimmer.

Eine permakulturelle Lösung für Schwefelrückstände

Es ist durchaus möglich, die Schwefelemissionen des Kohleabbaus einzudämmen. Aus der Perspektive der Permakultur stellt dieser Schwefel einen überschüssigen Stoff dar, für den es kein System gibt, in dem er sinnvoll genutzt werden könnte. Indem man alkalischen Kalk in den Schornstein sprüht, durch den der Schwefel austritt, wird die Schwefelsäure zu Gips, einem sehr nützlichen pH-neutralen (weder sauren noch alkalischen) Bodenzusatz, der zugleich ein Hauptbestandteil von Rigipsplatten ist. Dieses System kommt beispielsweise beim Kohleabbau Archer Daniels Midland in Decatur, Illinois, zum Einsatz. Es ist teurer, als den Schwefel einfach in die Atmosphäre zu leiten, dafür aber ein guter Lösungsansatz. Es gibt also eine Lösung – nur kostet ihre Durchführung die Unternehmen eine nicht unerhebliche Summe.

Atomkraft

Es ist erstaunlich, aber Tatsache: Atomkraftwerke sind wieder im Gespräch. Wegen der massiven öffentlichen Proteste wurden in den USA seit den 1970er Jahren keine Atommeiler mehr gebaut. Die Kosten für die Meiler waren so immens, dass der Bau beinahe das gesamte Investmentkapital der damaligen amerikanischen Wirtschaft verschlang.

Da die Atomkraftwerke inoffiziell deshalb gebaut wurden, um das amerikanische Militär im Rahmen verschiedener Waffenprogramme mit angereichertem Uran und Plutonium zu versorgen, erhielt die Atomindustrie Subventionen, vor denen selbst die der Erdölgesellschaften wie ein Taschengeld wirkten. Die Anlagen dienten der „nationalen Sicherheit“, und daher wurden sie nie in Frage gestellt, obwohl sie unrentabel waren und sich allein durch Steuergelder finanzierten. Bis zum Jahr 1980 waren bereits 50 Milliarden Dollar in die Atomkraftwerke geflossen – eine Summe, die heute ungefähr 100 Milliarden Dollar entspräche.

Abb 7
Unfall eines Atommülltransporters: Dieser umgestürzte Lastwagen hatte Fässer mit Atommüll geladen, die durch sein Dach brachen und auf eine stark befahrene Schnellstraße in Kansas stürzten.

In einem 1980 veröffentlichten Bericht kam die amerikanische Energieinformationsbehörde EIA, die zum Energieministerium gehört, zu dem Ergebnis, dass der Kostenaufwand für Atomenergie durch die 37 Milliarden Dollar an Subventionen (im Jahr 1979) stark verzerrt dargestellt worden sei. Ohne die finanzielle Unterstützung durch den amerikanischen Steuerzahler, so kalkulierte die EIA, würden die Rechnungen für Atomstrom heute um – vorsichtig geschätzt – 66 bis 100 Prozent höher ausfallen. Die Höhe der Subventionen entsprach 28 bis 42 Dollar an Subvention pro Barrel Erdöl. Dabei berücksichtigt diese Studie nicht einmal die Steuervergünstigungen, die die Atomindustrie genießt, und ließ auch die eingeschränkte Haftung im Falle eines Unfalls außer Acht (die auf den Price-Anderson Act von 1957 zurückgeht). Seit Veröffentlichung dieser Studie ist die Höhe der Subventionen drastisch gestiegen. Gleichzeitig wird die austretende Strahlung bereits seit Reagan und Bush nicht mehr überwacht, um jeden Versuch, einen Reaktorbetreiber wegen einer durch Strahlung verursachten Krebserkrankung zu verklagen, schon im Ansatz scheitern zu lassen. Die Bewohner von Pennsylvania, die rund um Three Mile Island leben, haben zu spüren bekommen, wie unmöglich es ist, Schadenersatz zu erlangen.

Jeder der höchst fehleranfälligen Reaktoren (oder vielmehr der Reaktoren, die aus Fehlern heraus entstanden sind) kostete mehrere Milliarden Dollar. Uran – ein begrenzt verfügbarer, nicht erneuerbarer Brennstoff – erlebt denselben exponentiellen Preisanstieg wie derzeit das Erdöl, allerdings um einiges schneller, weil das Material sehr rar ist. Mit der Förderung von Uran gehen zahlreiche Umweltrisiken einher, die hier aufzuzählen den Rahmen sprengen würde.

Aber vergessen wir einmal die problematischen Aspekte der Kernkraft in Form von Bauweise, begrenzter Leistungsfähigkeit und Unrentabilität. Vergessen wir einmal, dass Atomenergie sich für das Verkehrssystem nicht auszahlt (mehr dazu im weiteren Verlauf dieses Kapitels). Und vergessen wir – sofern möglich – für den Moment auch die Gefahr eines terroristischen Atomanschlags (knapp zehn Pfund Plutonium reichen aus, um eine Bombe zu bauen, die mehr Sprengkraft als die Hiroshima-Bombe besitzt) und das hohe Unfallrisiko. Dann bleibt unterm Strich immer noch, dass verbrauchter nuklearer Brennstoff entsorgt werden muss. Atommüll ist 250.000 Jahre lang extrem giftig und noch weitere vier Milliarden Jahre lang sehr gefährlich. Das ist ein ganz reales Problem. Über eine Million Tonnen an abgereichertem Uran haben Atomreaktoren bis heute produziert. Das ist eine schier unglaubliche Menge an hochgiftigem Abfall. Bislang kann dieser Müll allenfalls zum Härten von Munition verwendet werden.

Unbestreitbar hat die Atomkraft im Namen des Ölfördermaximums schon genug Leid angerichtet. Die 3.000 Tonnen an mit abgereichertem Uran gehärteter Munition, die die USA gegen den Irak eingesetzt haben, um an das irakische Öl zu gelangen, entsprechen von der Strahlungsmenge über 250.000 Hiroshima-Atombomben. Wobei sich die Strahlung in diesem Fall aber großenteils auf ein Land konzentriert, anstatt sich über die gesamte Erde zu verteilen. Der massive Anstieg an deformierten Säuglingen, die im Irak zur Welt kommen, ist schon jetzt ein kaum zu fassendes Gräuel.

Oft wird das Argument angebracht, dass der CO2-Ausstoß verringert würde, wenn die kohlebetriebenen Kraftwerke durch Atomreaktoren ersetzt würden. Doch dieses Argument ist nicht stichhaltig. Mark Diesendorf, Hauptdozent am Institut für Umweltstudien an der University of New South Wales in Australien, weist darauf hin, dass der Bau eines Tausend-Megawatt-Atomreaktors mindestens drei Milliarden Dollar koste – doppelt so viel wie ein mit Kohle betriebenes Kraftwerk – und auch im Unterhalt sehr viel kostspieliger als ein Kohlekraftwerk sei. Der Bau zahlreicher Atomkraftwerke über einen Zeitraum von 20 Jahren hinweg würde so viel Treibhausgas produzieren, dass es 40 Jahre dauern würde, dieses mit der „CO2-Einsparung“ wieder wettzumachen.16 Und 40 Jahre übersteigen die vorgesehene Laufzeit eines solchen Kraftwerks.

Wenn wir die drei Milliarden Dollar stattdessen in 3.000 Anlagen (etwa eine Anlage pro US-County) zur Produktion von Alkoholkraftstoff investierten, von denen jede 3,8 Millionen Liter Treibstoff pro Jahr liefern könnte, würden wir meinen Berechnungen zufolge in 20 Jahren den Austritt von über 300 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre verhindern – eine Menge, die für gewöhnlich innerhalb der gleichen Zeitspanne durch Erdöl-Treibstoff freigesetzt würde. Außerdem könnten wir ein Vielfaches dieser Menge in den verbesserten Böden organisch sequestrieren.

China – Fahrräder oder Zweitakt-Motorräder, und warum uns dies betrifft

Mitte der 1990er Jahre las ich einen Artikel, in dem es um die massiven Auswirkungen ging, die jeder größere Beschluss Chinas auf die Welt hat. Es handelte sich um ein Interview mit einem Sinologen von der University of California in Berkeley, der zunächst über die größte Massenmigration der Geschichte sprach, die von den ländlichen Gebieten Chinas in die Städte stattfinde. Dann schweifte er ab und kam auf Fahrräder zu sprechen.

Wenn jede Familie (nicht jede Person) an der chinesischen Küste nur eines ihrer Fahrräder durch ein Zweitakt-Motorrad ersetzte, sagte dieser Sinologe, wären die Folgen deutlich zu spüren. Danach gefragt, wie genau die Folgen aussähen, antwortete er: „Zunächst einmal könnten wir in den fünf westlichsten Staaten der USA nicht mehr atmen.“

Im Jahr 2004 wurde geschätzt, dass zehn Prozent der Luftverschmutzung in Kalifornien ihren Ursprung in China haben. Bis 2010, so die Prognose von Wissenschaftlern, werden zwei Drittel des für Smog verantwortlichen Ozons in dieser Gegend aus der boomenden Industrie Asiens stammen.28 Viele Familien in den relativ wohlhabenden Küstenstädten Chinas streben danach, ein Motorrad zu besitzen.29 Mit Alkohol betriebene Zweitakträder, die als Schmierstoff Biodiesel verwenden, würden diese Umweltkatastrophe verhindern.

Eine Exkursion in den Wahnsinn: Die Scheibenerde-Fraktion

Einige neue Bücher verkünden in überoptimistischem Ton, Erdöl sei unerschöpflich; die Autoren dieser Bücher gehören einer Gruppierung an, die ich als Scheibenerde-Fraktion bezeichne. Im Folgenden wollen wir uns einige der von dieser Gruppe vorgeschlagenen Alternativen zur Energiegewinnung ansehen, die jede für sich genommen dermaßen haarsträubend ist, dass ihre Verfechter noch jenseits der Fraktion anzusiedeln sind, die auf fossile Brennstoffe setzt.

Abiotisches Erdöl

Die Gründungsmitglieder der Scheibenerde-Fraktion behaupten, dass uns das Erdöl nie ausgehen werde, weil Öl nicht etwa aus abgestorbenen Meeresorganismen entstehe, die hohen Temperaturen ausgesetzt sind, sondern auf abiotische Weise und ohne biologische Faktoren in 4,5 Kilometern Tiefe. Dass das Öl so tief in der Erde steckt, ist angeblich auch der Grund dafür, dass wir all die Lagerstätten noch nicht entdeckt haben.

Die Studien, die die Existenz dieses abiotischen Öls proklamieren, stammen aus der Sowjetunion, wo politisch unpopuläre Studien der Gesundheit des Autors schaden konnten. Bevor also ihre Köpfe rollten, verfassten sowjetische Petrogeologen im Auftrag Stalins wissenschaftliche Studien, in denen sie die Theorie vertraten, Erdöl könne in großer Tiefe aus nicht biologischen Kohleeinlagerungen entstehen. Diese Theorien sind völlig haltlos.

Das schlagende Argument der Physik gegen diese Behauptungen lautet, dass organische Materie in 4,5 Kilometern Tiefe einem solch enormen Druck ausgesetzt ist, dass aus der Flüssigkeit zwangsläufig Erdgas wird.17 Somit entspringt die Behauptung, wir müssten nur tiefer graben, um so viel Öl zu finden, wie wir brauchen, der reinen Phantasie. Erdölgesellschaften bohren bereits seit 1938 routinemäßig tiefer als 4,5 Kilometer,18 und genau das hat zu der Erkenntnis geführt, dass Erdöl ab einer bestimmten Tiefe zu Gas wird.

Methanhydrat

Die Scheibenerde-Fraktion sieht in Methanhydrat, auch bekannt als Methanklathrat, eine „Lösung“ des Energieproblems. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas. Unter enormem Druck und bei niedriger Temperatur geht dieses Gas eine instabile Verbindung mit Wasser ein und wird zu einer weichen, eisartigen Substanz: Methanhydrat. Methanhydrat findet sich an besonders tiefen Stellen des Ozeans unter dem Meeresboden, und auch im Permafrostboden der arktischen Tundra lagern große Mengen. Sciencefiction-Autor John Barnes schrieb einen Thriller mit dem Titel „The Mother of All Storms“, in dem Methanhydrat aus einer Lagerstätte in der Tiefsee plötzlich freigesetzt wird und sich in der Atmosphäre in Methangas verwandelt. In seinem Buch führt die Freisetzung des Methangaseinschlusses dazu, dass sich 500 Jahre Klimaerwärmung innerhalb weniger Tage vollziehen.

Es gibt viele tausend Kubikkilometer dieser eisartigen Substanz, und daher verweisen die Scheibenerde-Vertreter stets mit den Worten auf sie: „Seht, es gibt keine Energieknappheit.“ Sie sagen: „Die Substanz lässt sich leicht fördern – man muss lediglich ein Loch hineinbohren und sie beim Hochpumpen ein wenig erwärmen. Dabei löst sich das Methan aus dem Eismatsch, und wir erhalten sauberes Erdgas. Ganz einfach.“

Zum einen sollten wir uns vor Augen führen, dass Methan als Treibhausgas über einen Zeitraum von 100 Jahren hinweg 23 Mal intensiver als Kohlendioxid wirkt – in den ersten 20 Jahren, nachdem es in die Atmosphäre gelangt ist, ist es sogar 62 Mal so intensiv.19 Zum anderen ist Methanhydrat das genaue Gegenteil von Ölschiefer, bei dem das Kerogen in kleinen Poren fest eingeschlossen ist – Methanhydrat ist ungefähr so fest wie eine gemixte Margarita. Wie das zerstoßene Eis im Cocktail schwimmt auch Methanhydrat oben, sofern es nicht durch ein Gewicht unten gehalten wird. Im Fall des Meeresbodens besteht dieses Gewicht aus einer durchschnittlich 250 Meter dicken Schicht Schlamm.

Im Gegensatz zum Eis in unserer Margarita aber schmilzt das Methaneis nicht – es sublimiert. Das heißt, es geht vom festen unmittelbar in den gasförmigen Zustand über. Zusätzliche Komplikationen ergeben sich aus den Wärmequellen im Meeresboden. Diese können einen Teil des Methans in Gas verwandeln, das dann als riesige Gasblase unterhalb des Methaneises eingeschlossen ist. So ergibt sich, sehr vorsichtig ausgedrückt, eine höchst instabile Situation. Wird das Methaneis nun angebohrt, könnten Millionen, wenn nicht gar Milliarden Tonnen an Methan explosionsartig entweichen.

Für das Perm-Trias-Sterben (das durch eine extreme globale Erwärmung für eine Million Jahre bis auf Pilzorganismen alles Leben auf der Erde auslöschte) und das Paläozän-Eozän-Temperaturmaximum (als die Temperatur so stark anstieg, dass es auf der Erde kein Eis mehr gab) werden inzwischen enorme Mengen an freigesetztem Methanhydrat verantwortlich gemacht.20,21

Als während Paläozän und Perm Billionen Tonnen an Methan im Ozean freigesetzt wurden, bestand der Haupteffekt darin, dass sich das Klima dramatisch erwärmte. Das Szenario, das sich bei einer solchen Freisetzung in unserer Zeit ereignen würde, sähe anders aus: Sobald das Gas die Zündflamme des ersten Wasserboilers an der Küste erreichte, würde die nachfolgende Explosion einen Tsunami auslösen, der den eines Meteoriteneinschlags noch weit übertreffen würde. Eine Welle von 300 Metern Höhe wäre durchaus denkbar.

Doch auch ohne Bohrungen könnte es zu einer enormen Methanexplosion kommen – allein durch die globale Erwärmung.22 Bislang wurde das Methaneis von einer durchschnittlich einige hundert Meter dicken Schicht Tiefseeschlamm am Meeresboden festgehalten. Solange die Temperatur dort unten eisig kalt bleibt und sich die Schlammschicht, die das Eis unten hält, nicht verändert, liegt das hochexplosive Treibhausgas relativ sicher.

Aber nicht ewig. Was bedeutet „zu warm“ im Hinblick auf die Freisetzung von Methan? In den vergangenen hundert Jahren hat sich das Meereswasser entlang der Kontinentalplatten bereits um drei Zehntel Grad Celsius erwärmt. Schon ein Temperaturanstieg von zwei Grad Celsius würde eine zusätzliche 250 Meter dicke Schlammschicht nötig machen, damit das Hydrat nicht freigesetzt würde.

Auch in Kanada und dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion ist in einigen hundert Metern Tiefe Methanhydrat eingeschlossen. Die Erwärmung des Permafrostbodens, wie wir sie heute erleben, erhöht das Risiko, dass Methanhydrat nach oben dringt oder sich explosionsartig freisetzt. Ein Bohrteam hat bereits gezielt und „erfolgreich“ nach Methanhydrat im Permafrostboden gebohrt und dabei alle Gefahren ignoriert. Schon jetzt dringen aus der sich erwärmenden Tundra Millionen Tonnen an Methan in die Atmosphäre.

Dem Klimawandelexperten Jeremy Leggett zufolge gleicht „der Gedanke an das Verbrennen von Methanhydrat dem Öffnen der Büchse der Pandora, wohlwissend, dass darin ein blutrünstiger und massenmörderisch veranlagter Flaschengeist lauert“.23

Wasserstoffenergie und Atomkraft

Auch in der sogenannten „Wasserstoffwirtschaft“ ist die Atomkraft ein beliebtes Thema. Dort geht sie Hand in Hand mit der Kohleindustrie. Und das funktioniert wie folgt:

Die Kohleindustrie mit ihrem großen Vorrat an Kohlenwasserstoffen scheitert seit Jahren an dem Versuch, ihr Gestein in synthetischen Treibstoff zu verwandeln. Nun glaubt sie, mit Wasserstoff das große Los gezogen zu haben. Im Laufe der Jahre sind eine Reihe von Methoden entwickelt worden, mit denen Kohle Wasserstoff entzogen werden bzw. Kohle in Fahrzeugtreibstoff umgewandelt werden kann. Bei diesen Methoden sind vor allem hohe Temperaturen, Druck und viel Wasser im Spiel, und dabei fallen große Mengen an toxischer Schlacke an. Wenn die Kohleindustrie sich aber ein genügend hohes Maß an Subventionen sichern kann und der Kohlendioxidausstoß in den USA weiterhin nicht reguliert wird, wäre es ein durchaus praktikabler Wirtschaftsplan, mehr Elektrizität mit Kohle zu erzeugen, um damit Wasser zu elektrolysieren (es in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten) – sofern man die Tatsache ignoriert, dass es die amerikanischen Steuerzahler sind, die diese Subventionen tragen.

Wie nun könnte die Energie aus Kohle oder Kernkraft eine Infrastruktur auf Wasserstoffbasis ermöglichen? Die meiste Elektrizität wird während eines Werktages erzeugt, wenn in der Industrie die Produktion auf vollen Touren läuft. In den Stoßzeiten des Stromverbrauchs springen zusätzliche Generatoren an, um Stromausfällen vorzubeugen. Nachts aber, wenn es keine Verbraucher gibt, tritt das Gegenteil ein. Dann müssen die Lieferanten der teuren Elektrizität ihre Produktion drosseln, weil das Stromnetz nicht mehr Elektrizität aufnehmen kann, als es verteilt. Die Elektrizitätswerke sind dann auf Leerlauf geschaltet und warten darauf, dass die stromverbrauchenden Arbeitnehmer morgens erneut den Startschalter der Welt bedienen.

Für die Stromlieferanten ist es eine komplizierte Gratwanderung, die Produktion auf den Bedarf abzustimmen. Unter dem Strich bleibt es aber dabei: Wenn es keine Abnehmer gibt, dann kann man dem Stromnetz keine überschüssige Energie zuführen.

Ein Wechsel zur Wasserstoffenergie würde den vielen tausend Kohlekraftwerken und dutzenden Kernkraftwerken in den USA, die nachts zumeist stillstehen, einen neuen Markt verschaffen. Anstatt den Betreibern Nacht für Nacht auf der Tasche zu liegen, könnten diese bereits existierenden Anlagen nachts Wasserstoff produzieren. Diese Leistungsreserve würde bedeuten, dass faktisch kein Kapital für eine Steigerung der Stromerzeugung aufgewendet werden müsste, um zusätzlich noch Wasserstoff zu produzieren.

Dieser kleine, aber stete nächtliche Zugewinn würde aber auch heißen, dass durch die weiterlaufenden Kohle- und Kernkraftwerke beträchtlich mehr Schmutz und Radioaktivität in die Atmosphäre wandern.

Der richtige Ort für Kernkraft

Viele Menschen sind überrascht, wenn ich mich rückhaltlos für die Kernkraft ausspreche, sofern sie sich innerhalb unseres Systems am richtigen Ort befindet. In der Permakultur geht es darum, die einzelnen Komponenten des menschlichen Lebensraums innerhalb des Systems richtig anzuordnen. Auf den richtigen Ort für die Kernkraft hat mich mein verstorbener Kollege R. Buckminster Fuller hingewiesen. Der Ort befindet sich 150 Millionen Kilometer von unser aller Zuhause entfernt. Für gewöhnlich wird er auch „Sonne“ genannt.30

Der Solar-Wasserstoff-Brennzellen-Motor

Ich werde den Solar-Wasserstoff-Brennzellen-Motor hier nur kurz abhandeln und entzaubern. Sicherlich haben Sie schon erkannt, dass es sich bei dem von mir als „Solar-Wasserstoff-Brennzellen-Motor“ bezeichneten Gegenstand um eine Kombination verschiedener Techniken handelt.

Bei Brennstoffzellen handelt es sich um eine sehr alte Technologie, die noch vor dem Verbrennungsmotor entstanden ist. Sie wurde im 19. Jahrhundert entwickelt und produziert Elektrizität, indem sie Wasserstoff Elektronen entzieht. Somit ist sie ganz anders als der Verbrennungsmotor beschaffen, der Chemikalien verbrennt und so direkt mechanische Energie erzeugt – beispielsweise eine Antriebswelle dreht.

Da unsere Fahrzeuge durch mechanische Energie angetrieben werden, benötigen wir eine andere Technik, um mit der Elektrizität einer Brennstoffzelle eine Antriebswelle drehen zu können. Hinter diesem mysteriösen Gerät verbirgt sich nichts anderes als unser Elektromotor. Der Elektromotor überträgt die Elektrizität auf die Antriebswelle, die wiederum unser Fahrzeug vorwärtsbewegt. Dieses zweistufige, komplexere System ersetzt den Verbrennungsmotor, der, wie wir uns erinnern, die aus dem Brennstoff erzeugte Energie direkt auf die Antriebswelle überträgt. Ein Brennstoffzellenmotor ist somit keine Methode zur Erzeugung von Energie, sondern nur eine andere Möglichkeit, diese zu nutzen.

In der Presse wird selten erwähnt, dass Wasserstoffgas einen Verbrennungsmotor auch ohne Brennstoffzellen betreiben kann, und zwar mit einer ähnlichen Technik, wie sie auch beim Propan- oder Erdgasantrieb zum Einsatz kommt. Und auch ein mit Wasserstoffgas betriebener Verbrennungsmotor produziert wie die Brennstoffzelle keinerlei Kohlendioxid. Dafür ist der aus preiswertem Gusseisen hergestellte Verbrennungsmotor – auch von den Energiekosten her – weit günstiger als der Brennstoffzellenmotor, der auf zwei teure Systeme zurückgreift (platinummantelte Brennstoffzelle und Kupferelektromotor).

Warum also überhaupt einen Brennstoffzellenmotor statt des guten, alten Verbrennungsmotors benutzen? Weil es der Theorie nach effizienter ist, Wasserstoff in Energie umzuwandeln und damit einen Elektromotor anzutreiben, als einfach nur Wasserstoff zu verbrennen und damit einen Motor zu betreiben.

Diese Rechnung klammert allerdings den Aufwand aus, der mit der Herstellung von Wasserstoff verbunden ist. Es gibt viele Herstellungsmethoden, doch die beiden geläufigsten bestehen darin, Wasser mithilfe von Elektrizität in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten oder aber den Wasserstoff unter Einsatz von Hochdruckdampf aus Erdgas oder Wasser zu lösen. So oder so ist es sehr aufwändig, das Wasserstoffgas zu transportieren, zu komprimieren und zu lagern.

Eine weitere Methode der Wasserstoffproduktion wird als „Severe Reforming“ bezeichnet. Dabei wird Erdgas, CH4 (Methan), in Kohlendioxid und H2-Moleküle (Wasserstoffmoleküle) umgewandelt, und zwar bei Temperaturen, die superkritischen Dampf erfordern – wozu natürlich einmal mehr fossiler Brennstoff bzw. Atomenergie nötig ist. Das ist keine langfristige Lösung, da Erdgas genauso wie Erdöl knapp wird. Durch die Umwandlung von Erdgas in Wasserstoff wird lediglich erreicht, dass die Emissionen nicht mehr durch den Autoauspuff, sondern durch die Schornsteine der Wasserstoffproduzenten entweichen – hier findet keine Verminderung von Treibhausgasen statt.

Eine andere Möglichkeit, den für eine Brennstoffzelle benötigten Wasserstoff herzustellen, ist die Umwandlung von Flüssigtreibstoff in Wasserstoff im Fahrzeug selbst. Wenn man Flüssigtreibstoff mit einer Reformer-Brennstoffzellenkombination in Elektrizität umwandelt, um ein Fahrzeug anzutreiben, so erhält man eine Effizienz von 45 Prozent gegenüber der Effizienz von gerade einmal 20 Prozent eines Verbrennungsmotors.

Ethanol als Alternative

Es gibt einen Weg, Wasserstoff mithilfe von Sonnenlicht herzustellen, ohne dass Treibhausgase entstehen: indem man Ethanol als Flüssigkraftstoff verwendet und es im Fahrzeug selbst in Wasserstoff umwandelt. Die beiden großen Vorteile, die Ethanol in punkto Umwandlung gegenüber Benzin hat, sind zum einen seine Erneuerbarkeit und zum anderen ein platinfreier Katalysator. Ethanol lässt sich mit einem Nickelkatalysator schon bei angenehmen 290 Grad Celsius reformieren, und mittels eines Rhodium-Cerium-Katalysators wandelt es sich bei 650 Grad Celsius selbst um, was noch effektiver ist.

Endlich ein Licht am Ende des Tunnels – und es stammt von einer erneuerbaren Energiequelle. Die Abgasemissionen eines Fahrzeugs, das mit Ethanol-Reformer-Brennstoffzelle betrieben wird, betragen gerade einmal 13 Prozent der Emissionen eines Verbrennungsmotors.24 Somit finden wir uns unerwartet mit der Perspektive konfrontiert, dass ein Motor auf der Basis einer Solar-Wasserstoff-Brennzelle ein durchaus praktikables Konzept ist, sofern er mit Ethanol als Solar-Wasserstoffquelle betrieben wird. Für diesen Lösungsansatz plädiert Lanny Schmidt, Professor für Verfahrenstechnik an der University of Minnesota, und er wäre schon jetzt umsetzbar. Es ist eine Energielösung, die sofort und mit wenig Entwicklungskosten realisiert werden kann – aus Ethanol generierter Wasserstoff kann sowohl den Verbrennungsmotor heutiger Fahrzeuge antreiben als auch die Brennstoffzellen zukünftiger Autos, sofern diese je gebaut werden.

Befürworte ich also Brennstoffzellen für Fahrzeuge? Nein, denn selbst wenn ein ins Fahrzeug integrierter Umwandlungsmechanismus eine Effizienz von 45 Prozent aufweist, so hat sich bereits Alkoholdampf als Antrieb für Verbrennungsmotoren mit einer Effizienz von 43 Prozent bewährt. Die Komplexität und die Kosten, die eine Solar-Wasserstoff-Brennzelle mit sich bringen, sind den Aufwand nicht wert.

Auf anderen Gebieten wären solche Brennstoffzellen allerdings durchaus sinnvoll. Unternehmen sollten längst damit angefangen haben, kleine Brennstoffzellen auf Methanol- und Ethanolbasis für Laptops und Mobiltelefone anzubieten. Alkohol besitzt weit mehr Energie pro Kubikzentimeter als jeder herkömmliche Akku. Die Hersteller kleiner Brennstoffzellen schätzen, dass ein Alkoholakku die 18-fache Energiemenge eines herkömmlichen Akkus derselben Größe aufbrächte und dass derartig ausgestattete Mobiltelefone nur einmal pro Monat aufgeladen werden müssten!25 Zudem wären dafür weder viel Zeit noch eine Steckdose erforderlich, da es genügte, hochkonzentrierten Alkohol aus einer Flasche nachzufüllen, die in jede Aktentasche passt. (Ich mag diese Vorstellung. Geschäftstreffen würden um Einiges entspannter verlaufen, wenn jeder Teilnehmer eine solche Flasche in seiner Tasche hätte.) Für kleinere Geräte versprechen die allerneuesten biologischen Brennstoffzellen sogar eine noch höhere Effektivität.

Der empfindliche Planet

Wie viele Menschen die kommenden ökologischen Veränderungen überleben werden, vermag niemand zu sagen. Buckminster Fuller sagte einst zu mir, es grenze an ein Wunder, dass wir überhaupt existierten. Wir leben auf der dünnen Kruste bewohnbaren Landes eines Planeten, der von einer dünnen Gasschicht umgeben ist, die das Leben hier erst möglich macht. Nehmen Sie eine Edelstahlkugel von 30 Zentimetern Durchmesser, polieren Sie sie auf Hochglanz und hauchen Sie sie an – damit haben Sie ein anschauliches Bild davon, wie empfindlich die Erde ist. Der kondensierte Dampf Ihres Atems auf der Kugel entspricht dem Durchmesser der Erdkruste. Unter diesem Belag aus Wasserdampf besteht die Erde aus geschmolzenem Gestein. Die Hülle der Atmosphäre, die uns umschließt, ist weniger als halb so dick wie die Erdkruste. Die höchsten Punkte der Erde sind nur wenige tausend Meter von dem leeren Vakuum des Weltraums entfernt. Der Weltraum ist weniger „dort draußen“ als vielmehr unmittelbar über uns.

Angesichts dieses verwundbaren, ballonförmigen Raumschiffs aus Land und Atmosphäre, das die Grenze zwischen den minus 90 Grad Celsius des Weltalls und den gut tausend Grad Celsius der geschmolzenen Masse aus flüssigem Metall im Erdkern markiert, und angesichts der Dünnhäutigkeit dieses Wunders ist es wohl an der Zeit zu erkennen, dass wir die wunderbare Schicht, auf der wir leben und zu überleben hoffen, nicht länger mit hunderten Millionen Tonnen an Abfall verschmutzen können. Der Atemhauch, der vielleicht das einzige Leben birgt, dass es in diesem Universum gibt (da ein Beweis für das Gegenteil noch aussteht), ist es wert, bewahrt zu werden. Es lohnt sich, für ihn zu kämpfen.

Lassen Sie uns beginnen.

Endnoten

  1. Dabrowa, Michael: „The Energy Equation: China’s Thirst for Oil Alters World’s Dynamics“ in Atlanta Journal Constitution, 29.05.05, Teil C
  2. Wolf, Richard: „Military May Ask $ 127B for Wars“ in USA Today, 16.11.06; www.usatoday.com/news/washington/2006-11-16-iraq-costs_x.htm
  3. Struck, Doug: „Canada Pays for U.S. Oil Thirst“ in Washington Post, 31.05.06, Teil A
  4. Collier, Robert: „Fueling America: Oil’s Dirty Future“ in San Francisco Chronicle, 22.05.05, Teil A
  5. Wilson, Ian: „Brand Nuke Idea“ in Calgary Sun, 13.04.06
  6. „OGJ Newsletter: Quick Takes“ in Oil & Gas Journal, 21.04.03, S. 8
  7. Barrionuevo, Alexei: „A Chip Off the Block Is Going to Smell Like Rotten Eggs – Sulfur Is Piling Up in Alberta, Millions of Tons Nobody Needs or Can Get Rid Of“ in The Wall Street Journal, 04.11.03, Teil A
  8. Collier, Robert: „China Moves Fast to Claim Oil Sands“ in San Francisco Chronicle, 22.05.05, Teil A
  9. „World Oil Prices Surge after Study Tips US$ 100 a Barrel“ auf Channel News Asia, 01.04.05
  10. Lash, Jonathan und King, Laura Boynton: „Synfuels Manual: A Guide for Concerned Citizens“ (New York: Natural Resources Defense Council, Oktober 1983), S. 16
  11. Walton, B. T.: „Chemical Impurity Produces Extra Compound Eyes and Heads in Crickets“ in Science, 03.04.81; 212(4490):51-3
  12. Lash / King: „Synfuels Manual“, Abb. 11, S. 289
  13. Ebd., S. 113
  14. Van der Linde, Peter: „Time Bomb: LNG, the Truth about Our Newest and Most Dangerous Energy Source“ (Garden City, NY: Doubleday, 1978)
  15. „Electric Power Annual“, US Energy Information Administration, 09.11.06; www.EIA.doe.gov/cneaf/electricity/epa/epa_sum.html
  16. Frew, Wendy: „Nuclear No Cure for Climate Change, Scientists Warn“ in Sydney Morning Herald, 02.05.06
  17. Deffeyes, Kenneth S.: „Hubbert’s Peak: The Impending World Oil Shortage“ (Princeton, NJ: Princeton University Press, 2001), S. 22
  18. Ebd., S. 8
  19. „Climate Change 2001: Working Group 1: The Scientific Basis“, Intergovernmental Panel on Climate Change, 13.12.06; www.grida.no/climate/ipcc_tar/wg1/248.htm
  20. „Paleocene-Eocene Thermal Maximum“ auf Answers.com, 13.12.06; www.answers.com/topic(paleocene-eocene-thermal-maximum
  21. „Permian-Triassic Extinction Event“, Wikipedia, 13.12.06; en.wikipedia.org/wiki/Permian-Triassic_extinction_event
  22. Artikel von Reuters India, 2005; Link nicht mehr funktionstüchtig
  23. Shah, Sonia: „The New Oil“ in Salon, 16.03.04; dir.salon.com/story/tech/feature/2004/03/16/methane_hydrates/index.html
  24. Bentley, Jeffrey und Derby, Robert: „Ethanol & Fuel Cells: Converging Paths of Opportunity“, 2002, für die Renewable Fuels Association
  25. „Fuel Cell Vehicles: Race to a New Automotive Future“ (Washington, DC: U.S. Department of Commerce Office of Technology Policy, Januar 2003)
  26. „Statment of Dr. Russell Long“, in S. Hrg. 106-953, 106th Cong., 2nd Sess., US Congress, Senate, Committee on Environment and Public Works, Subcommittee on Clean Air, Wetlands, Private Property, and Nuclear Savety
  27. Calamai, Peter: „Tundra Test Stuns Scientists – Carbon Dioxide Could Be Dumped Into Atmosphere, Raises Spectre of Accelerated Global Warming“ in Toronto Star, 23.09.04
  28. Watson, Traci: „Air Pollution from Other Countries Drifts into USA“ in USA Today, 14.03.05, S. 51-3
  29. Revkin, Andrew C.: „A Far-Reaching Fire Makes a Point About Pollution“ in New York Times, 27.07.04, Teil F1
  30. Fuller, R. Buckminster, im Gespräch mit dem Autor, 1983
  31. Newton, James B.: „Uncommon Friends: Life with Thomas Edison, Henry Ford, Harvey Firestone, Alexis Carrel, and Charles Lindbergh“ (San Diego: Harcourt, 1987), S. 31
  32. „Running on Empty: How Environmentally Harmful Energy Subsidies Siphon Billions from Taxpayers“, 31.01.02, ein Bericht von Friends of the Earth, Taxpayers for Common Sense, und US Public Interest Research Group Education Fund, S. 6
  33. „Fuel Cell Vehicles“, S. 11
  34. „A National Vision of America’s Transition to a Hydrogen Economy – To 2030 and Beyond“, 13.12.06, US Department of Energy; www1.eere.energy.gov/hydrogenandfuelcells/pdfs/vision_doc.pdf

Kommentare

Kommentar von Ludwig (20. Oktober 2008, 00:34 Uhr)

Bleibt nur die sehr reale Gefahr, dass im großen Maßstab Treibstoff-Landwirtschaft die Landwirtschaft zur Nahrungsherstellung besonders in armen Ländern verdrängt.


Kommentar von Oliver Berger (23. Oktober 2008, 11:11 Uhr)

Zitat: "... Solange die Temperatur dort unten eisig kalt bleibt und sich die Schlammschicht, die das Eis unten hält, nicht verändert, liegt das hochexplosive Treibhausgas relativ sicher.

Aber nicht ewig. Was bedeutet „zu warm“ im Hinblick auf die Freisetzung von Methan? In den vergangenen hundert Jahren hat sich das Meereswasser entlang der Kontinentalplatten bereits um drei Zehntel Grad Celsius erwärmt. Schon ein Temperaturanstieg von zwei Grad Celsius würde eine zusätzliche 250 Meter dicke Schlammschicht nötig machen, damit das Hydrat nicht freigesetzt würde."

Ich denke mit dieser Aussage disqualifiziert sich der Autor selbst.... Als Kinder haben wir schon gelernt, daß am See-/Meeresboden um die 4° C herrschen, da das Wasser durch seine Anomalie hier am schwersten ist. Also selbst wenn es oben wärmer/kälter wird, wird unten immer 4° C herrschen, es sei denn, die gesamte Menge Wasser würde über 4° C erwärmt, dann gäbe es kein solch kaltes Wasser mehr, was nach unten sinkt - aber ich glaube nicht, daß die (angeblich) vom Menschen verursachte Erwärmung das leisten kann!


Kommentar von Hasi (31. Dezember 2009, 01:16 Uhr)

Öl ist sowieso bald alle bzw. wird im Preis stark steigen, weil es knapper werden wird. Da braucht man sich um Öl schon gar keine Gedanken mehr zu machen: Es ist ein Produkt, das über kurz oder lang verschwinden wird.

Alkohol als Treibstoff wird neben Gas z.B. in Brasilien schon seit Langem als Treibstoff für Autos verwendet. Ich denke, dass multiple, d.h. verschiedene Energiequellen als Treibstoff für Fahrzeuge eine sinnvolle Sache sind, so wie es schon heute in Brasilien praktiziert wird.


Kommentar von Tino Knaak (31. Dezember 2010, 21:53 Uhr)

Zu den Ausführungen des Autors bezüglich Erdöl:

Bei seiner "Scheibenerde-Fraktion" wirft er alle in einen Topf und verallgemeinert sehr stark. Er schreibt polemisch und läßt eine wissenschaftliche Seriosität vermissen.

"...auf abiotische Weise und ohne biologische Faktoren..." - weiß der Autor nicht, dass das ein und dasselbe ist und er sich hier wiederholt?

Er stellt die 4,5 Kilometer Tiefe hin, als würden die "Verschwörer" behaupten, dass man nur in dieser Tiefe Öl findet.

Die Studien kamen anfangs hauptsächlich aus der Sowjetunion, wurden aber bis auf den heutigen Tag stark präzisiert und das nicht nur von Wissenschaftlern aus der UdSSR. Der Autor schreibt so, als wären das alte russische Schinken, die in irgendwelchen Regalen ranzig werden. Tatsächlich ist das Thema aber aktueller denn je. Das zeigt ein Essay von Dr. Tischler aus dem Jahre 2006, in dem wesentlich stichhaltiger und gründlicher argumentiert wird als bei Herrn Blume. Er ist auch beim Nexus-Magazin erschienen:

www.nexus-magazin.de/artikel/lesen/der-grosse-oelschwindel?context=blog

Dass Öl in Tiefen über 4,5 km instabil wird, ist bekannt. Darum geht es aber nicht. Die Frage ist, warum die Ölindustrie überhaupt in solchen Tiefen bohrt, wenn doch in den Lehrbüchern steht, dass Erdöl in Verbindung mit Sedimenten entsteht? In dieser Tiefe gibt es aber keine Sedimente und auch keine organischen Ablagerungen aus Tieren und Pflanzen. Dennoch behauptet dies der Autor: "Das schlagende Argument ... lautet, dass organische Materie in 4,5 Kilometern Tiefe ..."

Wenn die Ölindustrie in diesen Tiefen bohrt, so nimmt sie die herrschende Lehrmeinung vom Öl aus fossilen Stoffen nicht ernst!