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I *don't* WANT TO BELIEVE (Teil 2): Vertrau mir, Kumpel!

Believe2Vorbemerkung des Autors: Ursprünglich war diese Artikelserie, die sich mit den Fallstricken des Judgment Games befasst – des Bemühens um eine sinnvolle Beurteilung der verschiedenen Sichtweisen innerhalb der Ufo-Szene –, lediglich als Zweiteiler konzipiert. Doch die jüngsten Ereignisse um den vorgeblichen Whistle­blower David Grusch ließen mich einen Abstecher machen, der, wie ich feststellen musste, meine Serie in einer Weise ergänzt, als handele es sich um die Rückseite derselben Medaille.


Gerade als ich bis zum Hals in den Recherchen zu Weltraumschlachten, Gedankenkontrolle und Geheimdienst-PsyOps steckte (siehe Teil 1), ließ eine wenig bekannte, technisch ausgerichtete Nachrichtenplattform namens The DeBrief im Juni dieses Jahres die Bombe platzen: David Grusch, ein US-amerikanischer Kriegsveteran und ehemaliger Air-Force-Geheimdienstoffizier, war mit der Aussage an die Öffentlichkeit getreten, seine Regierung habe abgestürzte Flug­objekte „nichtmenschlicher“ Herkunft geborgen – inklusive toter Piloten. Unter Umgehung der staatlichen Aufsicht habe man daran gearbeitet, die Wrackteile nachzuentwickeln (Reverse Engineering), und für die Geheimhaltung dieser Aktivitäten sogar getötet.

Zunächst schenkte ich den Auskünften des 36-Jährigen wenig Beachtung, war ich doch mit der Vielzahl ähnlicher Behauptungen vertraut, die seit Jahrzehnten in der Ufo-Szene kursieren – und deren Überbringer den endgültigen Beweis stets schuldig geblieben waren. Nach Gruschs ersten, wenig überzeugenden TV-Auftritten wurde bald klar, dass auch er in dieser Hinsicht keine Ausnahme bilden würde. Ja, nicht einmal erselbsthatte, wie er unumwunden einräumte, handfeste Beweise gesehen. Dokumente und Fotos, ja – aber kein Wrack, keine Leichen, kein eindeutiges Filmmaterial. Sein gesamter Vorstoß basierte auf der Aussage, hochrangige Dritte hätten ihm von dem inoffiziellen Ufo-Bergungsprogramm erzählt.

Und doch stellte Gruschs Auftritt ein Novum dar. Nicht allein wegen seiner überprüfbaren Vorgeschichte in Regierung und Militär – es ist schon des Öfteren vorgekommen, dass geachtete Inhaber höherer Posten abstrusen Quatsch verbreitet haben. Doch Grusch hatte bei Bundesbehörden und Militärgeheimdienst genau solche Ämter bekleidet, die ihn tatsächlich in Kontakt mit relevanten Informationen und Insidern gebracht haben konnten. Zudem schien er von seiner Sichtweise ehrlich überzeugt zu sein und war sogar bereit, unter Eid vor dem Kongress auszusagen – was am 26. Juli auch geschah. Weitere als geheim eingestufte Details könne er den Abgeordneten in einer abhörsicheren Umgebung (SCIF) zukommen lassen, erklärte Grusch.

Schnell brachten die Turbulenzen um Grusch weitere Steine ins Rollen. Der Kongressabgeordnete Tim Burchett – einer der Organisatoren der Anhörung – antwortete in einem Interview auf die Frage, ob er überzeugende Belege für eine mögliche Bedrohung gesehen habe, die „nicht von dieser Welt“ sei: „Oh, 100 Prozent. Keine Frage.“1 Am Tag nach Gruschs Befragung beantragte er die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zur UAP-Thematik. Senator Marco Rubio, Vizedirektor des Geheimdienstausschusses, wurde wenige Tage später mit der Aussage zitiert, in den vergangenen Jahren hätten sich mehrere hochrangige Regierungsmitarbeiter mit Informationen an seinen Ausschuss gewandt, die Gruschs Behauptungen ähneln und zum Teil aus „erster Hand“ stammen würden.2 Ein von Rubio und vier weiteren Senatoren verfasster Zusatz zum Gesetz über den US-Verteidigungshaushalt 2024 – der UAP Disclosure Act – regelt künftig die verpflichtende Erfassung nicht identifizierter anomaler Phänomene („UAP“, zu denen gemäß der modernen Nomenklatur Ufos gehören) und erlaubt der Regierung, jegliche bislang in Privatbesitz befindlichen Bruchstücke geborgener „Technik unbekannter Herkunft“ sowie „biologische Beweise nichtmenschlicher Intelligenz“ zu konfiszieren. Das wird spannend, haben doch verschiedene prominente Akteure – wie Tom DeLonge, der ehemalige Rockstar und spätere Gründer der To The Stars Academy (TTSA) – verkündet, außerirdisches Material zu besitzen.

Geschichte wird gemacht

Damit hat die noch vor wenigen Jahren verlachte Idee, außerirdische Wesen und Technologie könnten real existieren, nicht nur in Massenmedien und seriösen Debatten Einzug gehalten, sondern sogar in der Politik – bis hinein in die Gesetzgebung. Die von vielen Menschen seit Jahrzehnten ersehnte Offenlegung (engl.: disclosure) der angeblich wohlgehüteten Ufo-Regierungsgeheimnisse scheint endlich in greifbare Nähe gerückt zu sein. Dabei kam Gruschs Aktion nicht aus heiterem Himmel, sondern bildete den vorläufigen Schlusspunkt einer Entwicklung, die in den Augen vieler Beobachter im Dezember des Jahres 2017 ihren Anfang genommen hatte.

Damals enthüllte die New York Times in einem von Leslie Kean und Ralph Blumenthal verfassten Leitartikel, dass das Pentagon ab 2008 über 20 Millionen Dollar in ein geheimes Programm zur Erforschung von Ufos gesteckt hatte – entgegen der steten Beteuerung, die Regierung habe seit der Einstellung des Projekts Blue Book im Jahr 1969 das Interesse an dem Phänomen verloren.3 Geleitet worden sei das unter dem Kürzel AATIP geführte Programm vom ehemaligen Geheimdienstagenten Luis Elizondo – ein Name, der Ufo-Fans zu jenem Zeitpunkt bereits durch seine Mitgliedschaft in der TTSA ein Begriff war.

Flankiert von zwei freigegebenen Videos der US Navy bewirkte der Artikel, dessen Kernaussagen sich wie ein Lauffeuer verbreiteten, dass das Thema endlich salonfähig und von Medien und Politik ernstgenommen wurde. Erstmals begannen hochrangige Amtsinhaber einzuräumen, dass ein Teil der UAP, obwohl ihrer Natur nach physisch, unmöglich von Menschenhand gefertigt worden sein konnte – ohne dafür Häme zu ernten. „Dezember 2017“ wurde zum Synonym für „den Moment, als sich das Tabu zu lockern begann“, schrieb die Zeitschrift The New Yorker rückblickend und zitierte den bekannten Podcaster Joe Rogan mit den Worten: „Jetzt kann man [in der Diskussion] entgegnen: Hör mal, das ist kein Grund mehr, sich über jemanden lustig zu machen – da ist etwas dran!“4

Keans Arbeit habe einen „kulturellen Umbruch“ herbeigeführt, in dessen Folge Politiker wie Rubio oder der ehemalige CIA-Direktor John Brennan nun offen aussprechen konnten, dass wir manche der beobachteten Objekte einfach nicht verstehen. So kam es 2020 zur Gründung der UAP Task Force (UAPTF) – einer Initiative des Verteidigungsministeriums, für die auch Grusch tätig war und die inzwischen vom neu geschaffenen All-domain Anomaly Resolution Office (AARO, dt. etwa: Amt für die bereichsübergreifende Aufklärung von Anomalien) abgelöst wurde. Ihr im Juni 2021 vorgelegter, nur neun Seiten umfassender Bericht war dürftig, aber immerhin: Von den 144 untersuchten Objekten konnte nur eines identifiziert werden, in 18 Fällen konstatierte man unerklärliche Flugeigenschaften, elf Mal hatte gar Kollisionsgefahr mit Militärfliegern bestanden.5 Die damals losgetretene Serie immer neuer Anhörungen, Zeugenaussagen, UAP-Videos und Presseberichte setzt sich bis heute fort.

Gemauschel auf der Skinwalker Ranch

So zumindest lautet kurzgefasst das Narrativ von den Anfängen der Offenlegung, wie es wohl eines Tages in den Geschichtsbüchern stehen wird. Teile davon sind korrekt, doch ergibt sich bei näherem Hinsehen ein etwas anderes Bild. Schauen wir zurück, was es mit AATIP und der TTSA tatsächlich auf sich hatte, welche Interessen und Verflechtungen bestanden und welche alternativen Sichtweisen es gibt. Am Ende lässt sich vielleicht auch Gruschs Vorstoß realistischer einschätzen – der nämlich mitnichten als originärer, unabhängiger Whistleblower die Bühne betrat. Im Gegenteil stolpert man bei den Recherchen unweigerlich über die immer gleichen Namen, von denen einige seit Langem in der Kritik stehen. Das Judgment Game gestaltet sich in der Causa Grusch diffiziler, als es zunächst den Anschein hat. Aber der Reihe nach.

Den vollständigen Artikel können Sie in NEXUS 110 lesen.

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