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Love, Peace und CIA (Teil 2): Die Stars des Laurel Canyon - jung, berühmt und … tot

„Scheiße, ich meine, der hat doch sogar einmal Neil [Young] vorgespielt, verdammt.“

Graham Nash erklärt dem Autor Michael Walker, wie eng Charlie Manson der Laurel-Canyon-Szene verbunden war.

Im Laurel Canyon zu wohnen, bedeutete in den Sechziger Jahren ein aufsteigender Stern am Himmel der Pop-Musik zu sein. Für allzu viele junge Talente endete der schnelle Aufstieg jedoch bald in einer schnöden Holzkiste. Die Liste der Todesfälle mit unnatürlicher Ursache ist atemberaubend und erlaubt einen Blick auf den verstörenden Hintergrund der Flower-Power-Bewegung, der den Fans komplett verborgen blieb.


Während der zehn Jahre, in denen Bruce, Navarro, Mineo, Linkletter, Stevens, Tate, Sebring, Frykowski und Folger der Tod ereilte, erwischte es auch noch eine ganze Menge anderer Leute, die mit Laurel Canyon zu tun hatten – oft sogar unter sehr zweifelhaften Umständen. Einige Namen auf der Todesliste:

Innerhalb eines Jahres nach Jimis Tod sprang eine minderjährige Prostituierte namens Devon Wilson – die einen Tag vor seinem Ableben mit Hendrix zusammengewesen war – aus einem Fenster im achten Stock des Chelsea Hotel in New York. Am 5. März 1973 kam ein undurchsichtiger Charakter namens Michael Jeffery, der sowohl Hendrix als auch Burdon gemanagt hatte, bei einer Flugzeugkollision ums Leben. Jeffery hatte zu Lebzeiten gern mit seinen Kontakten zum organisierten Verbrechen und seiner angeblichen Tätigkeit für die CIA angegeben. Nach Jimis Tod war bekannt geworden, dass Jeffery den Großteil der Hendrix’schen Bruttoeinnahmen auf Offshore-Konten auf den Bahamas transferiert hatte, die in Zusammenhang mit dem internationalen Drogenhandel standen. Viele Jahre später, am 5. April 1996, wurde Dannemann – die Tochter eines reichen deutschen Industriellen – in der Nähe ihres Hauses in ihrem mit Abgasen gefüllten Mercedes tot aufgefunden.

Als Gram starb, hatte es in seiner Familie bereits einige sehr fragwürdige Todesfälle gegeben: Kurz vor Weihnachten 1958 hatte Parsons Vater Gram, seine Mutter und seine Schwester zu Familienangehörigen nach Florida geschickt. Am folgenden Tag, gleich nach der Wintersonnenwende, fing sich „Coon Dog“ einen Kugel in den Kopf ein. Sein Tod wurde behördlich als Selbstmord eingestuft; die Familie hatte er angeblich weggeschickt, um ihr soviel Kummer und Schmerz wie möglich zu ersparen. Natürlich wäre es auch möglich, dass „Coon Dog“ genau gewusst hat, dass seine Tage gezählt waren, und seine Familie nur aus der Schusslinie bringen wollte. Im darauffolgenden Jahr – 1959 – heiratete Grams Mutter wieder. Ihr neuer Mann war ein gewisser Robert Ellis Parsons, der Gram und seine Schwester Avis adoptierte. Sechs Jahre danach, im Juni 1965, starb Grams Mutter noch am selben Tag, an dem sie wegen einer plötzlichen Erkrankung ins Spital gebracht wurde. Zeugenaussagen zufolge starb sie „fast sofort“ nach einem Besuch ihres Ehemanns Robert Parsons. Viele der ihr nahestehenden Personen waren davon überzeugt, dass Parsons etwas mit ihrem Tod zu tun gehabt hatte; kurz danach heiratete Robert dann auch die jugendliche Babysitterin seiner Stieftochter. Nach dem Tod der Mutter ging Gram kurz an die Universität Harvard und startete dann seine Musikkarriere, indem er die International Submarine Band gründete, die sehr bald im Laurel Canyon – wo sonst? – landete. Als Gram 1973 im Alter von nur 26 Jahren starb, hinterließ er seine kleine Schwester Avis als einzige überlebende Familienangehörige. Avis wiederum schied mit 43 Jahren aus dem Leben: sie starb 1993, angeblich bei einem Bootsunfall.

Es gibt noch ein paar weitere merkwürdige Todesfälle, über die wir an dieser Stelle berichten können, auch wenn sie nur indirekt mit der Laurel-Canyon-Szene zu tun hatten. Eine lobende Erwähnung haben sie trotzdem verdient, vor allem die Fälle Bobby Fuller und Phil Ochs – ersterer, weil er ein besonders gutes Beispiel für die mustergültige Arbeit desLAPDist, und letzterer, weil wir durch ihn eventuell das Phänomen Laurel Canyon etwas besser verstehen lernen:

Phil wurde am 19. Dezember 1940 im texanischen El Paso geboren; während seiner ersten Lebensjahre übersiedelte seine Familie recht häufig. Sein Vater Dr. Jacob Ochs war von derUSArmy eingezogen und diversen Militärkrankenhäusern in New York, New Mexico und Texas zugewiesen worden. 1943 wurde er nach Übersee beordert und zwei Jahre später aus medizinischen Gründen aus dem Militärdienst entlassen. Nach seiner Heimkehr wurde er sofort in eine Anstalt eingewiesen, wo er zwei weitere Jahre fern von seiner Familie verbringen musste. In dieser Zeit wurde ihm jede nur vorstellbare „Behandlung“ zuteil, inklusive Elektroschock-„Therapie“. Als er 1947 endlich wieder nach Hause kam, war er nur noch ein Schatten seiner selbst; Phils Schwester sagte, er sei „fast wie ein Gespenst“ gewesen.

Ab Herbst 1956 besuchte Phil Ochs die Staunton-Militärakademie – dieselbe Schule, in die auch der zukünftige „Serienmörder“ und Kultführer Gary Heidnik ein Jahr nach Ochs’ Abschluss gehen sollte. Während Phils zweijährigem Aufenthalt an der Akademie entdeckte man einen seiner Freunde und Musikerkollegen am Strick baumelnd (unnötig zu erwähnen, dass sein Tod zum Selbstmord deklariert wurde). Nach seinem Abschluss immatrikulierte Phil an der Ohio State University, aber erst, nachdem er sich seltsamerweise einer Schönheitsoperation unterzogen hatte, die sein Aussehen veränderte (noch unnötiger zu erwähnen, dass derartige Operationen 1958 nicht nur bei Männern äußerst unüblich waren). 1962, nur wenige Monate vor dem planmäßigen Ende seiner Uni-Ausbildung, wurde Ochs zum Studienabbrecher, um fortan ein Musikerleben zu führen. 1966 hatte er bereits drei Alben veröffentlicht, und 1967 zog er nach Los Angeles, wo er weiterhin von seinem Bruder Michael Ochs gemanagt wurde. Ein Jahr zuvor hatte Michael angefangen, als Assistant für Barry James zu arbeiten, der an der Adresse 8504 Ridpath in Laurel Canyon eine Veranstaltungshalle betrieb.

Anfang der 70er Jahre, als seine Karriere bereits am absteigenden Ast war, begann Phil Ochs die Welt zu bereisen, meist in Begleitung enormer Mengen Alkohol und Tabletten. Dabei besuchte er unter anderem Chile – nicht lange, bevor dort der von den USA unterstützte Staatsstreich gegen Salvador Allende stattfand. Im Frühsommer 1975 veränderte Phil Ochs sein Image komplett: Er nannte sich fortan John Butler Train, gab sich alsCIA-Agent aus und wandelte sich zum aggressiven, politisch rechtsstehenden Rowdy. In einem Interview sagte er:

„Am ersten Sommertag des Jahres 1975 wurde Phil Ochs im Chelsea Hotel von John Train ermordet … Man musste ihn endlich loswerden, zum Wohle der Gesellschaften, sowohl der öffentlichen als auch der geheimen.“

Dieses symbolische Attentat zur Sommersonnenwende fand zufälligerweise genau in dem Hotel statt, wo Devon Wilson ein paar Jahre vorher aus dem Fenster geflogen war. Einer von Ochs’ Biographen schrieb später, dass Phil / John „tatsächlich davon überzeugt war, der CIA anzugehören“.

In seinen letzten Lebensmonaten begann Ochs außerdem mit der Erstellung seltsamer Listen, deren Einträge sich deutlich auf die amerikanische Forschung in Sachen biologischer Kriegsführung bezogen: „Saxitoxin, Fort Dietrich, Kobragift, Chantilly-Pferderennbahn, ausgehöhlte Silberdollars, New Yorker Cornell-Krankenhaus …“ Viele Jahre vor Ochs’ plötzlicher Verwandlung hatte George Estabrooks, ein beamteter Experte für psychologische Kriegsführung, einmal geradezu prophetisch darüber spekuliert, wieUS-Geheimdienste den perfekten Spion erschaffen könnten:

„Wir suchen uns eine herausragende Versuchsperson … einen Mann oder eine Frau von hoher Intelligenz und körperlicher Zähigkeit. Dann entwickeln wir mittels Hypnose eine multiple Persönlichkeit. Im normalen Wachzustand, den wir Persönlichkeit A oder PA nennen, wird diese Person zum fanatischen Kommunisten werden. Er wird sich der Partei anschließen, der Parteilinie folgen und sich den Autoritäten gegenüber so störend wie möglich verhalten. Dazu muss man feststellen, dass er das alles in gutem Glauben tun wird. Eristein Kommunist – oder vielmehr: seine PA ist Kommunist und wird sich auch so benehmen. Danach entwickeln wir Persönlichkeit B oder PB, die sekundäre Persönlichkeit – oder unbewusste Persönlichkeit, wenn Sie so wollen, obwohl das eigentlich ein Widerspruch in sich ist. Diese Persönlichkeit ist fanatischer Amerikaner und Antikommunist. Und sie besitzt sämtliche Informationen, die auch PA (die normale Persönlichkeit) besitzt, während PA nicht diesen Vorteil hat … Im Wachzustand spielt mein Superspion seine Rolle als Kommunist aggressiv, konsequent und furchtlos. Aber sein PB ist loyaler Amerikaner und besitzt alle Erinnerungen von PA. Und als loyaler Amerikaner wird er keinen Augenblick lang zögern, diese Erinnerungen auch preiszugeben.“

Estabrooks hat nie erklärt, was passieren würde, wenn die Programmierung durcheinanderkommt und Persönlichkeit B plötzlich die bewusste wird. Ich kann nur annehmen, dass eine solche Person als ernsthafte Bedrohung angesehen und dementsprechend behandelt werden würde. Und vielleicht würde sie eines Tages sogar am Strick baumeln …

Phil Ochs war zum Zeitpunkt seines Todes 35 Jahre alt.

Damit können wir unsere Laurel-Canyon-Todesliste auch schon beschließen. Wohlgemerkt, sie ist keineswegs vollständig, da sie nur die Jahre 1966 bis 1976 umfasst. Sie können also sicher sein, dass im Verlauf unserer Geschichte und ihrer diversen Handlungsfäden noch weitere Namen dazukommen werden. Einige davon werden ihnen sehr bekannt vorkommen, andere weniger. Einer der Namen aus dieser Zeit, der fast völlig in Vergessenheit geraten ist, ist der von Judee Lynn Sill, die einst in einem Atemzug mit bekannten Sängerinnen und Songwriterinnen aus dem Laurel Canyon wie Joni Mitchell, Judi Collins und Carole King genannt wurde. Als sie am 23. November 1979 starb, kannte sie aber beinahe niemand mehr – und nach ihrem Tod wurde nicht ein einziger Nachruf über sie veröffentlicht.

Judee kam am 7. Oktober 1944 im kalifornischen Studio City, unweit des Laurel-Canyon-Nordendes, zur Welt. Ihr Vater Milford „Bud“ Sill soll Kameramann für die Paramount Studios gewesen sein und zahlreiche gute Beziehungen nach Hollywood gehabt haben. Als Judee noch sehr jung war, zog Bud dennoch samt Familie nach Oakland, wo er ein Lokal namens „Bud’s Bar“ eröffnete. Als Nebengeschäft betrieb er einen Importhandel für seltene Tiere, der es notwendig machte, dass er über längere Zeiträume in Mittel- und Südamerika unterwegs war. Hier sollte man allerdings anmerken, dass ein derartiger Beruf auch als perfekte Tarnung für verdeckte Geheimdienstarbeit dienen könnte. Bud Sill starb jedenfalls 1952, als Judee erst sieben oder acht war. Die Todesursache soll – je nachdem, wem man glaubt – Lungenentzündung oder Herzinfarkt gewesen sein.

Nach Buds Tod zog die Familie nach Südkalifornien zurück, wo Judees älterer Bruder Dennis, der damals noch keine zwanzig war, das Importgeschäft übernahm. Aber auch das ging nicht lange gut, da Dennis recht bald in Mittelamerika zugrundeging, entweder an einer Leberentzündung oder durch einen Autounfall. Tierimporte scheinen ein ziemlich gefährliches Geschäft zu sein.

Judees Mutter Oneta lernte Ken Muse kennen, der als Trickfilmzeichner bei Hanna-Barbera einen Oscar gewonnen hatte, und heiratete ihn. Judee sagte später, dass Muse ein gewalttätiger Alkoholiker mit Missbrauchstendenzen gewesen sei. Im Alter von 15 Jahren riss sie daher von zu Hause aus und zog zu einem älteren Mann, mit dem sie im San Fernando Valley eine Reihe bewaffneter Raubüberfälle beging. Dafür landete sie in einer Erziehungsanstalt, wo man ihr das Verlangen nach Drogen, Kriminalität und Alkohol aber keineswegs austreiben konnte. Die nächsten paar Jahre war sie dann schwer heroinabhängig und finanzierte ihre Sucht mit Rauschgifthandel und Prostitution in den eher übel beleumundeten Vierteln von Los Angeles.

1963 war sie wieder clean genug, um sich im Junior College einzuschreiben. Doch als der Winter des Jahres 1965 begann, starb auch Judees Mama, das letzte überlebende Familienmitglied – entweder an Krebs oder an den Folgen ihres chronischen Alkoholismus (suchen Sie sich eine Ursache aus, genauere Einzelheiten über diese Story werden wir wahrscheinlich nie mehr erfahren). Judee war kaum erwachsen geworden und ganz allein auf dieser bösen Welt. Kein Wunder, dass es wieder einmal bergab ging und sie sich dem Rauschgift und dem Verbrechen hingab. Den Höhepunkt erreichte diese Phase, als sie wegen Urkundenfälschung und Drogendelikten verhaftet wurde und möglicherweise sogar einige Zeit im Gefängnis verbrachte.

Ende der 1960er Jahre, als Sill ihre Süchte scheinbar wieder zeitweise unter Kontrolle hatte, schloss sie sich der Szene im Laurel Canyon an und versuchte dort als Sängerin und Songwriterin Fuß zu fassen. Ihr Durchbruch kam, als sie den Song „Lady O“ an die Turtles verkaufte. (The Turtles waren eine weitere Laurel-Canyon-Band, die Mitte der Sechziger erfolgreich wurde, vor allem mit ihrer Hit-Single „Happy Together“. Bandleader war der Leadsänger und Songwriter Howard Kaylan, der zufällig – wir wissen ja mittlerweile alle, wie klein die Welt ist – auch ein Cousin von Frank Zappas Manager und Geschäftspartner Herb Cohen war.) Die Band brachte den Song mit Judees Gitarrenbegleitung 1969 auf den Markt. Ein Jahr darauf war Sill der erste Act, der bei David Geffens neuem Plattenlabel Asylum unterschrieb. Und wieder ein Jahr darauf war ihr gleichnamiges Debütalbum die erste offizielle Asylum-Veröffentlichung. Die erste Single-Auskopplung daraus, „Jesus Was A Crossmaker“, wurde von Graham Nash produziert, mit dem sie nach dem LP-Release auch – als Support – auf Tournee ging.

Das Album bekam zwar gute Kritiken, verkaufte sich aber schlecht. Das lag zum Teil auch daran, dass es im Schatten der Debütalben von Jackson Browne und den Eagles stand, die Asylum Records kurz nach Judees Platte veröffentlichte. Sills zweites Album „Heart Food“ (1973) war kommerziell gesehen noch enttäuschender. Trotzdem begann sie 1974 im Aufnahmestudio von Mike Nesmith (The Monkees) mit den Arbeiten an ihrer dritten Platte. Kurz vor deren Fertigstellung ließ sie das Projekt jedoch fallen und verschwand spurlos. Was danach und bis zu ihrem Tod fünf Jahre später mit ihr passierte, ist bis heute ein Geheimnis. Man nimmt an, dass sie wieder dem Rauschgift verfiel und sich als Prostituierte betätigte, aber niemand scheint Genaueres zu wissen.

Angeblich soll sie bei einem Auffahrunfall, an dem der Schauspieler Danny Kaye beteiligt war, schwer verletzt worden sein und danach an chronischen Rückenschmerzen gelitten haben, die zu ihrer Drogensucht beitrugen. Einer ihrer Freunde hat berichtet, dass in ihrer Wohnung ein riesiges Bela-Lugosi-Photo über dem Kamin hing, dass über ihrem Bett ein schwarzes Ebenholzkreuz angebracht war und überall Unmengen Kerzen standen. Außerdem soll sie sich intensiv mit Rosenkreuzer-Manuskripten und den Schriften Aleister Crowleys befasst, das Gesamtwerk von Helena Blavatsky besessen und eine Begabung für das Tarotkartenlegen gehabt haben.

Sicher ist jedenfalls, dass Judee Sill – die letzte Überlebende ihrer Familie – am Tag nach dem Thanksgiving-Fest des Jahres 1979 in ihrem Apartment in North Hollywood tot aufgefunden wurde. Als Todesursache wurde eine „akute Kokain- und Kodeinvergiftung“ festgestellt. Angeblich wurde ein Abschiedsbrief bei ihr entdeckt, doch ihre Freunde waren der Ansicht, dass es sich dabei um Tagebuchaufzeichnungen oder einen unvollendeten Song gehandelt habe. Einer ihrer Freunde berichtete später, dass Judee irgendwann erkannt habe, dass „es einen Teil von ihr gab, über den sie keine bewusste Kontrolle besaß“.

Ich nehme an, dass Phil Ochs und einige andere Protagonisten dieser Geschichte das sehr gut nachvollziehen könnten.

Bis etwa zum Jahr 1913 war der Laurel Canyon ein unerschlossener (und nicht inkorporierter) Teil von L. A. – eine unberührte Wildnis, die reich an einheimischer Flora und Fauna war. Das änderte sich erst, als Charles Spencer Mann und seine Geschäftspartner Grundstücke am späteren Laurel Canyon Boulevard und am Lookout Mountain zu kaufen begannen. Bald wurde eine schmale Straße gebaut, die auf den Gipfel des Lookout Mountain führte. Dort errichtete man ein großzügig gestaltetes Hotel mit 70 Zimmern, von dem man einen beeindruckenden Ausblick auf die Stadt und den dahinterliegenden Pazifik hatte. Das Lookout Inn nannte einen großen Ballsaal, Reitställe, Tennisplätze, einen Golfplatz und andere Annehmlichkeiten sein eigen. Das Hotel hielt sich jedoch nur ein Jahrzehnt und brannte 1923 ab – ein Schicksal, das offensichtlich vielen Gebäuden im Laurel Canyon beschieden ist.

1913 begann Mann den ersten Oberleitungsbus des Landes zu betreiben, der Touristen und Kaufinteressenten vom Sunset Boulevard an die Stelle brachte, die später zur Ecke Laurel Canyon Boulevard und Lookout Mountain Avenue werden sollte. Etwa zur selben Zeit ließ er an besagter Ecke eine riesige Gaststätte mit Rasthaus erbauen. Er nannte das Haus mit seinem 200 Quadratmeter großen Speisesaal, den Gästezimmern und der Bowling-Bahn im Keller Laurel Tavern. Später erwarb Tom Mix das Gebäude; danach erst erhielt es den Spitznamen Log Cabin.

Kurz nach Fertigstellung der Log Cabin baute ein Kaufhausmogul (manche meinen auch, er sei ein reicher Möbelfabrikant gewesen; vielleicht war der Mann ja in mehreren Geschäftszweigen tätig) genau gegenüber – an der Ecke Laurel Canyon Boulevard und der späteren Willow Glen Road – ein imponierendes, schlossähnliches Herrenhaus. Das Gebäude war mit eher unheimlichen Türmchen, Zinnen und Wällen ausgestattet, und sein Fundament soll von Geheimgängen, Tunnels und verborgenen Räumen geradezu durchlöchert gewesen sein. Auch das zum Anwesen gehörende Grundstück war (und ist immer noch) von Pfaden durchzogen, die zu Grotten, aufwendig konstruierten Steinbauten sowie verborgenen Höhlen und Tunnels führen.

Auch auf der anderen Straßenseite waren die Außenanlagen der Laurel Tavern / Log Cabin mit seltsamen Höhlen und Tunnels gespickt. Michael Walker schreibt in seinem Buch „Laurel Canyon: Im legendären Tal des Rock’n’Roll“:

„Hinter dem Haus und den Hügel hinauf zog sich eine Reihe aus Gipsputz konstruierter Höhlen, die mit Stromleitungen und Glühbirnen ausgestattet waren.“

Mehreren Berichten zufolge verband ein Geheimgang, der unter dem heutigen Laurel Canyon Boulevard entlanglief, die Log Cabin (oder ihr Gästehaus) mit dem Anwesen von Harry Houdini. Viele halten diese Behauptung mittlerweile für ein modernes Märchen, aber angesichts der Tatsache, dass beide Grundstücke für ihre eher ungewöhnlichen – ähem – geologischen Formationen bekannt sind, fällt es nicht schwer, an eine Tunnelverbindung zwischen den Anwesen zu glauben. Die Tavern selbst beschrieb Gail Zappa später als „gigantisch, gewölbeartig und voller Höhlen“.

Als diese beiden recht ungewöhnlichen Bauwerke in dem ansonsten unerschlossenen Canyon errichtet waren und das Lookout Inn auf dem unbewohnten Lookout Mountain aufragte, begann Mann den Canyon als Urlaubs- und Freizeitziel zu vermarkten. Er teilte das Land in Abschnitte auf, denen er Namen wie „Bungalow Land“ und „Wonderland Park“ verlieh, und pries die Gegend als idealen Standort für Ferienhäuser an. Doch das Hotel, die Gaststätte und die zum Verkauf stehenden Grundstücke waren natürlich nicht für jedermann gedacht. Das Rasthaus war im wesentlichen ein Country-Club für – wie Jack Boulware einmal im Mojo Magazine schrieb – „wohlhabende Männer, die einen Ort des Rückzugs suchten“. Und „Bungalow Land“ wurde ganz offen als „niveauvolle Park-Wohnlandschaft auschließlich für ein wünschenswertes Publikum“ beworben.

Und dieses „wünschenswerte Publikum“ setzte sich natürlich in erster Linie aus wohlhabenden Menschen ohne eine allzu dunkle Hautfarbe zusammen.

Wie es auf der Website der heutigen Laurel Canyon Association heißt:

„Die neuen Parzellen wurden nur mit Nutzungsbeschränkungen vergeben. Dabei handelt es sich um kaum verschleierte Versuche, das Eigentumsrecht an den Grundstücken nur männlichen Weißen einer bestimmten sozialen Schicht zugänglich zu machen. Es wird zwar oft von der Bigotterie der Bauunternehmer in unserer Gegend gesprochen – doch wie es scheint, neigten auch einige der Einwohner zu Vorurteilen und Gesetzwidrigkeiten. Dieser Artikel erschien 1925 in einer Lokalzeitung:

Der vor einigen Monaten von selbsternannten ,Weißen Rittern‘ am Lookout Mountain in Hollywood ausgepeitschte Frank Sanceri wurde von den Geschworenen unter Oberrichter Shea von der Anklage freigesprochen, die 11-jährige Astrea Jolley rechtswidrig attackiert zu haben.

Auch vermögende Menschen zog es in den Laurel Canyon. Nach der Schaffung der Hollywood-Filmindustrie im Jahre 1910 wurde der Canyon zum Anziehungspunkt für eine Reihe von ,Kinematographie-Darstellern‘ wie Wally Reid, Tom Mix, Clara Bow, Richard Dix, Norman Kerry, Ramon Navarro, Harry Houdini und Bessie Love.“

Der Verfasser dieser kleinen Laurel-Canyon-Historie will uns ganz offensichtlich glauben machen, dass die „vermögenden Menschen“ nichts mit den gewalttätigen Rowdys zu tun hatten, die den Canyon durchstreiften. Ein Blick auf die Geschichte solcher Gruppierungen in Los Angeles offenbart jedoch ein ganz anderes Bild. Paul Young schreibt in seinem Buch „L. A. Exposed“ über frühe

„Bürgerwehren, die auf eigene Faust gegen Gesetzlose einschritten und oft sogar vom Bürgermeister selbst freie Hand bekamen. Richter Lynch zum Beispiel gründete 1854 mit einigen der führenden Richter, Anwälte und Geschäftsmänner – darunter dem Eisenbahnmagnaten Phineas Banning, der die Banning Railroad baute – die Los Angeles Rangers. Zudem gab es noch die Los Angeles Home Guard, eine weitere blutrünstige, paramilitärische Organisation aus angesehenen Bürgern, und die gefürchteten El Monte Rangers, eine Gruppe texanischer Cowboys, die sich auf die Ermordung von Mexikanern spezialisiert hatte. Derartige Femegerichte legten logischerweise keinen Wert auf die Rechte ihrer Opfer, die oft aus ihren Häusern, Gefängniszellen und sogar Kirchen verschleppt und dann verprügelt, gefoltert, verstümmelt oder kastriert wurden, bevor man sie am nächsten Baum aufknüpfte.“

Ja, liebe Leser, so machen wir das hier an der „linken“ Küste.

Bevor wir weitermachen, muss ich noch erwähnen, dass genau die Hälfte der acht prominenten Einwohner des Laurel Canyon, die auf der Website der Association erwähnt werden, unter zweifelhaften Umständen ums Leben kam – und drei der vier auch noch an Tagen von okkulter Bedeutung. Bessie Love, Norman Kerry, Richard Dix und Clara Bow wurden bei guter Gesundheit alt. Ramon Navarro aber fiel, wie wir bereits in der letzten Folge erfahren haben, am Vorabend von Halloween 1968 in seinem Haus am Laurel Canyon Boulevard einem Ritualmord zum Opfer. Fast ein halbes Jahrhundert zuvor, am 18. Januar 1923, wurde Leinwand-Idol und Frauenschwarm Wallace Reid in einer Gummizelle der psychiatrischen Anstalt, in die man ihn eingeliefert hatte, tot aufgefunden. Der Tod des erst 31-jährigen wurde auf Morphiumsucht zurückgeführt – wobei nie ganz erklärt werden konnte, wie er in einer Irrenhauszelle an seinen Stoff gekommen sein soll.

Tom Mix starb am 12. Oktober 1940 (dem Geburtstag des berüchtigten Okkultisten Aleister Crowley) auf einem einsamen Stück Highway in Arizona, bei einem sprichwörtlichen Unfall durch ruhenden Verkehr. Er traf mit seinem Auto völlig unerwartet auf eine Straßensperre, die wegen Bauarbeiten an einer vermeintlich weggespülten Brücke errichtet worden war. Obwohl sein Auto (wenigstens den meisten Aussagen zufolge) nicht mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war, schaffte es Mix angeblich nicht mehr, rechtzeitig zu bremsen, und kam von der Fahrbahn ab, während eine Gruppe vorgeblicher „Arbeiter“ danebenstand und zusah. Es war jedoch nicht der Aufprall, der Mix tötete, sondern ein heftiger Schlag auf Nacken und Hinterkopf, scheinbar verursacht durch einen Aluminiumkoffer, der durch den Unfall vom Rücksitz nach vorne geschleudert wurde. Heute erinnert ein Gedenkstein am Straßenrand an den Unfallort. Wenn Sie dort vorbeikommen und sehen wollen, wo Tom Mix gestorben ist, können Sie übrigens auch gleich die Florence Military Reservation – ein militärisches Übungsgebiet – besuchen, die nur einen Steinwurf entfernt ist.

Harry Houdini starb genau an Halloween 1926, angeblich durch eine Blinddarmentzündung, der ein Schlag in den Bauch vorausging. Problematisch an dieser Story ist nur, dass sie aus Sicht der heutigen Medizin eine Unmöglichkeit darstellt. Ein relativ aktuelles Buch über den berühmten Zauberkünstler, „The Secret Life of Houdini“ von William Kalush und Larry Sloman, stellt die Theorie auf, dass Houdini höchstwahrscheinlich vergiftet wurde. Die Tatsache, dass seltsamerweise keine Obduktion durchgeführt wurde, ist ebenso verdächtig wie das „experimentelle Serum“, das man Houdini im Spital verabreichte, oder die Hinweise darauf, dass auch seine Frau Beth vergiftet worden sein könnte, den Anschlag aber überlebte. Am 23. März 2007 stellte Houdinis Großneffe angeblich den gerichtlichen Antrag, den Leichnam des Magiers zu exhumieren. Seine anderen Nachfahren wandten sich jedoch öffentlich gegen diese Idee.

Houdinis Tod am 31. Oktober 1926 ereignete sich übrigens auf den Tag genau acht Jahre nach dem ersten Todesfall, der aus dem späteren „Houdini-Haus“ bekannt ist. 1918, kurz nach Fertigstellung des Gebäudes, kam es während einer Halloween- / Geburtstagsfeier auf einem der Balkone des Hauses zu einem Streit zwischen Liebenden – dem Sohn des damaligen Hausbesitzers und seinem schwulen Freund. Der Freund stürzte angeblich vom Balkon in den Tod. Der reiche Geschäftsmann, dem das Haus gehörte, schaffte es, dass sein Sohn mit einem blauen Auge davonkam, indem er jeden schmierte, der mit dem Fall zu tun hatte, inklusive den erstinstanzlichen Richter. Die Folgen der Party erwiesen sich für die Familie jedoch als derartige finanzielle Katastrophe, dass sie das Haus bald wieder auf den Markt werfen musste.

Wie der Zufall es wollte, suchte Harry Houdini kurz darauf nach einer Immobilie in der Nähe Hollywoods, da er ins Filmgeschäft einsteigen wollte. Im Laurel Canyon fand er das perfekte Haus, das fortan seinen Namen tragen sollte. Den meisten Berichten zufolge wohnte er dort von 1919 bis in die früher 20er Jahre – der Zeit seiner kurzen Kinokarriere, als er in einer Handvoll Hollywood-Filme mitwirkte. Eine Schlüsselszene aus einem seiner Filme, „The Grim Game“, wurde angeblich auf dem Gipfel des Lookout Mountain, ganz in der Nähe des Lookout Inn gedreht.

Am 31. Oktober 1959, genau 33 Jahre nach Houdinis Tod und 41 Jahre nach der Partynacht, bei der ein namenloser Gast ums Leben kam, brannte das auffällige Herrenhaus Ecke Laurel Canyon Boulevard und Willow Glen Road in einem Großfeuer unbekannter Ursache nieder. (Die Ruinen des Anwesens sind heute, nach mehr als 50 Jahren, noch zu sehen.) Am 31. Oktober 1981, genau 22 Jahre nach dem Feuer auf der anderen Straßenseite, ging auch die Log Cabin am Laurel Canyon Boulevard in Flammen auf – auch sie wurde durch einen Brand unbekannter Ursache zerstört (wobei manche vermuten, dass eine Explosion in einem Drogenlabor der Grund dafür gewesen sein könnte). Und noch einmal 25 Jahre später, am 31. Oktober 2006, erschien „The Secret Life of Houdini“ und stellte die gängige Meinung über Houdinis Tod in Frage.

Viel fesselnder als die Enthüllungen über Houdinis Tod war jedoch eine andere Tatsache, die in dem Buch erstmals aufgedeckt wurde: Der Illusionist Harry Houdini war ein Spion, der sowohl für den amerikanischen Secret Service als auch für Scotland Yard arbeitete. Die Entfesselungsnummern, mit denen er auf Reisen ging, stellten anscheinend nur eine Tarnung für seine geheimdienstlichen Aktivitäten dar. Insofern ähnelte seine Verfahrensweise der des Lincoln-Attentäters und Bühnenkünstlers John Wilkes Booth, aber auch vieler Ihrer heutigen Lieblingsmusiker beziehungsweise liebsten Darsteller aus Film und Fernsehen. Tut mir leid, wenn ich jetzt ein paar Illusionen zerstört habe …

In dem Buch finden sich natürlich keine derart haltlosen Anschuldigungen gegen andere darstellende Künstler – die stammen alle von mir. Die Autoren führen jedoch sehr überzeugende Argumente dafür an, dass Houdini tatsächlich ein Geheimagent war, der seine Zauberkunststücke nur als Tarnung einsetzte. Neben unterstützendem Beweismaterial von Scotland Yard findet sich in dem Werk auch eine Bekräftigung dieser These durch keinen Geringeren als John McLaughlin, den ehemaligen stellvertretenden und Übergangsdirektor derCIA. (Wer hätte gedacht, dass das so einfach ist? Vielleicht sollte ich John auch einmal anrufen und ihm einige meiner Theorien vortragen …)

Wie es scheint, wurden also von den acht prominenten Laurel-Canyon-Bewohnern, die auf der Website der Laurel Canyon Association angeführt werden, mindestens zwei (Navarro und Houdini), möglicherweise aber sogar vier ermordet. Da mir diese Mordrate als sehr hoch erschien, suchte ich im Internet nach einer aktuellen Studie und fand heraus, dass weiße Einwohner derUSAmit einer durchschnittlichen Wahrscheinlichkeit von 1:345 einem Mord zum Opfer fallen. Bei Farbigen ist die Mordrate natürlich um einiges höher, doch auch noch weit entfernt von der zwischen 1:4 und 1:2 liegenden Wahrscheinlichkeit, mit der ein weißer Prominenter aus dem Laurel Canyon mit seinem gewaltsamen Tod rechnen muss.

Statistisch gesehen wäre man als berühmter Schauspieler in den 1920er Jahren mit einer Runde russischem Roulette besser dran gewesen als mit einem Wohnsitz im Laurel Canyon.

In den 1940er Jahren jedenfalls brachten zwei ehrgeizige Projekte frischen Wind in den Laurel Canyon. Zum einen wurde der Laurel Canyon Boulevard bis ins San Fernando Valley verlängert, wodurch der Canyon vom Norden und vom Süden zugänglich war. Aus der verbreiterten Allee war nunmehr eine kurvenreiche Durchfahrtsstraße geworden, über die man direkt die Westside von L. A. erreichen konnte. Klarerweise stieg dadurch der Verkehr beträchtlich an – was den Planern des zweiten Projekts sehr zugute kam, weil man dadurch das gestiegene Verkehrsaufkommen, das durch besagtes Projekt erzeugt wurde, wahrscheinlich nicht bemerken würde. Und das war schon deswegen wichtig, weil dieses zweite Projekt geheim war – wenn ich Ihnen jetzt also davon berichte, müssen Sie versprechen, es niemandem weiterzuerzählen.

Der später als Lookout Mountain Laboratory bekannt gewordene Gebäudekomplex war ursprünglich als Luftverteidigungszentrum geplant gewesen. Er wurde 1941 auf einem abgelegenen, etwas mehr als 10.000 Quadratmeter großen Grundstück in der Nähe der heutigen Wonderland Park Avenue errichtet, war uneinsehbar und von einem Elektrozaun umgeben. 1947 wurde in der Anlage ein voll funktionsfähiges Filmstudio installiert. Viele behaupten, es habe sich sogar um das einzige völlig autarke Filmstudio der Welt gehandelt. Das Geheimstudio beherbergte auf einer Nutzfläche von etwa 1.000 Quadratmetern Tonbühnen, Vorführsäle, Filmentwicklungslabors, Schneideräume, eine Trickfilmabteilung und 17 klimatisierte Filmlager. Weiterhin gab es dort unterirdische Parkplätze, einen Hubschrauberlandeplatz und einen Luftschutzbunker.

Während der gesamten Dauer seiner Existenz wurden im dem Studio zirka 19.000 Filme hergestellt – mehr als in allen anderen Hollywood-Studios zusammen (was den Laurel Canyon wahrscheinlich zur „Welthauptstadt der Kinoindustrie“ macht). Offiziell wurde die Einrichtung von derUSAir Force betrieben und tat nichts anderes als Filmaufnahmen der Atomic Energy Commission (AEC; amerikanische Atomenergiekommission) von Atombombenexplosionen zu entwickeln. Wie aus obiger Aufzählung klar wird, war das Studio jedoch nicht nur zur Filmentwicklung, sondern für wesentlich mehr ausgestattet. Es gibt Hinweise darauf, dass das Lookout Mountain Laboratory auch eine moderne Forschungs- und Entwicklungsabteilung beherbergte, die an innovativen Filmtechnologien arbeitete. Fortschrittliche Technologien wie 3D-Effekte sollen in den Labors im Laurel Canyon entwickelt worden sein. Und Hollywood-Koryphäen wie John Ford, Jimmy Stewart, Howard Hawks, Ronald Reagan, Bing Crosby, Walt Disney und Marilyn Monroe durften in der Anlage an nicht bekanntgegebenen Projekten arbeiten. Es gibt allerdings kein Indiz dafür, dass auch nur eine der genannten Personen je über ihre Tätigkeit im Geheimstudio gesprochen hat.

Im Laboratory waren nicht weniger als 250 Produzenten, Regisseure, Techniker, Cutter, Trickfilmzeichner usw. beschäftigt. Und ob es sich dabei nun um Zivilisten oder Angestellte des Militärs handelte – sie alle waren Geheimnisträger einer hohen Sicherheitsstufe und meldeten sich jeden Tag in einem abgelegenen Winkel des Laurel Canyon zum Dienst. Wann genau die Anlage ihre Tätigkeit eingestellt hat, ist nicht ganz klar. Manche behaupten, 1969 sei alles zu Ende gewesen; andere wiederum sagen, das Studio sei erst später geschlossen worden. Man kann aber davon ausgehen, dass der geheime Studiobunker mehr als 20 Jahre aktiv war, bevor die „rebellischen Teenager-Jahre“ des Laurel Canyon begannen, und dass er auch während der turbulentesten Rock’n’Roll-Zeit noch an seinen Projekten arbeitete.

Die Öffentlichkeit hatte von der Existenz des Lookout Mountain Laboratory natürlich keine Ahnung, obwohl Gerüchte über ein geheimesCIA-Filmstudio in Hollywood oder in unmittelbarer Nähe schon länger kursiert waren. Erst Anfang der 1990er Jahre erfuhr der Regisseur Peter Kuran bei den Recherchen zu seinem Dokumentarfilm „Trinity and Beyond“ durch Geheimdokumente von der Existenz der Anlage. Bis heute aber findet man in der sogenannten Verschwörungsliteratur kaum eine Erwähnung dieser streng geheimen Militär-Geheimdienst-Einrichtung.

Wir sind uns sicher einig, dass auch daran nichts Verdächtiges ist. Also machen wir wieder einmal weiter im Text.

Wie Barney Hoskins in seinem Buch „Hotel California. Singer-Songwriter und Kokain-Cowboys in den Canyons von L. A.“ schrieb, war der Laurel Canyon in den Fifties die Heimat der „hippsten jungen Schauspieler“, darunter Marlon Brando, James Dean, James Coburn und Dennis Hopper. Neben Hopper und Dean fand auch ein anderer der Nachwuchsstars aus dem Film „… denn sie wissen nicht, was sie tun“ im Canyon ein Zuhause: Natalie Wood. Zufälligerweise wohnte sie genau in dem Haus, das Cass Elliot Jahre später zu ihrer Partyhütte machen sollte. Ein vierter aufstrebender junger Hauptdarsteller aus dem Film, Sal Mineo, wohnte nahe der Canyon-Mündung; und noch ein weiterer, Nick Adams, im benachbarten Coldwater Canyon, keine zwei Kilometer Luftlinie entfernt.

Abgesehen von Hopper starben alle dieser hoffnungsvollen Stars in jungen Jahren einen tragischen Tod – was wieder einmal bewiest, wie gefährlich der Laurel Canyon sein kann.

Fangen wir mit dem amerikanischen Idol James Dean an, der am 30. September 1955 im zarten Alter von 24 Jahren bei einem Beinahe-Frontalzusammenstoß ums Leben kam. Ihm folgte Nick Adams, der Dean schon gekannt hatte, als beide noch als Strichjungen in den zwielichtigeren Vierteln von L. A. ihr Geld verdienten. Adams starb am 6. Februar 1968 mit nur 36 Jahren in seinem Haus in der 2126 El Roble Lane im Coldwater Canyon. Als offizielle Todesursache wurde naturgemäß wieder einmal Selbstmord angegeben. Der Schauspieler Forrest Tucker hat jedoch gesagt: „Jeder in Hollywood weiß, dass Nick Adams umgelegt wurde.“ Nicks Verwandte haben am Tag seines Todes angeblich Anrufe erhalten, bei denen wieder aufgelegt wurde; auffällig war zudem, dass sein Kassettenrecorder, seine Tagebücher, diverse Papiere und andere private Dinge aus seinem Haus nicht mehr auffindbar waren. Adams aufrecht in einem Sessel sitzender Leichnam wurde von seinem Anwalt Ervin „Tip“ Roeder aufgefunden. Ach ja, Roeder und seine Frau, die Schauspielerin Jenny Maxwell (bekannt dafür, dass ihr Elvis in seinem Film „Blue Hawaii“ den Hintern versohlte), wurden vor ihrer Eigentumswohnung in Beverly Hills von unbekannten Tätern erschossen.

Der nächste Kandidat war Sal Mineo, von dessen Ermordung am 12. Februar 1976 hier schon die Rede war. Und die letzte in der Reihe war Natalie Wood, die am 29. November 1981 unter nie geklärten Umständen ertrank. Bevor ihr Leichnam im Meer vor Catalina Island treibend aufgefunden wurde, war sie in Begleitung der Schauspieler Robert Wagner und Christopher Walken Gast auf einer Privatjacht. Sie war zum Zeitpunkt ihres Todes 43 Jahre alt.

Zu den Hollywood-Stars, die vor der Rock-Ära im Canyon wohnten, gehörten außerdem W. C. Fields, Mary Astor, Roscoe „Fatty“ Arbuckle, Errol Flynn, Orson Welles und Robert Mitchum. Letzterer wurde 1948 wegen Besitzes von Marihuana verhaftet – und zwar am Ridpath Drive Nr. 8334, in genau derselben Straße, wo später die Rockmusiker Roger McGuinn, Don Henley und Glen Frey wohnen sollten, ebenso wie Paul Rothchild, der die Doors und Love produzierte. Bei Mitchums Festnahme dürfte es sich übrigens um eine gründlich geplante Inszenierung gehandelt haben, die seinen Ruf als „böser Junge von Hollywood“ festigen und seine Karriere ankurbeln sollte – aber das gehört wahrscheinlich nicht hierher.

In den 1940er Jahren wohnte vermutlich auch der Science-Fiction-Autor Robert Heinlein im Laurel Canyon, und zwar im Haus 8775 Lookout Mountain Avenue. Auch er war, wie so viele andere Protagonisten dieser Geschichte, Absolvent derUSNaval Academy in Annapolis und hatte als Marineoffizier gedient, bevor er seine erfolgreiche schriftstellerische Laufbahn begann. Und obwohl Heinlein politisch ein absoluter Rechtsaußen war, liebte die Flower-Power-Generation seine Bücher.

Heinleins bekanntestes Buch ist der Roman „Fremder in einer fremden Welt“, der viele Mitglieder der Laurel-Canyon-Szene stark beeinflusste. Ed Sanders schrieb in seinem Sachbuch „The Family“, dass dieses Buch „der Manson-Familie eine theoretische Grundlage lieferte“. Charlie zitierte oft aus „Fremder“, wenn er zu seinen Jüngern sprach, und nannte seinen Erstgeborenen nach dem Romanhelden Valentine Michael Manson.

Auch David Crosby war Heinlein-Fan. In seiner Autobiographie bezieht er sich nicht nur einmal auf den Autor, zum Beispiel so:

„In einer Gesellschaft, die das Tragen von Waffen erlaubt, werden sich alle höflicher zueinander verhalten, wie Robert A. Heinlein schon geschrieben hat.“

Auch Frank Zappa liebte Heinlein. Barry Miles schreibt in seiner Biographie des Rock-Idols, dass in Zappas Bücherschrank

„Saint-Exupérys ,Der kleine Prinz‘ und andere Sixties-Kultbücher standen, darunter auch Robert Heinleins SF-Klassiker ,Fremder in einer fremden Welt‘, aus dem Zappa sich den Ausdruck ,discorporate‘ [eine außerkörperliche Erfahrung machen] für seinen Song ,Absolutely Free‘ lieh.“

Womit wir, werter Leser, wieder einmal den Bogen zu den wildromantischen 60er Jahren geschafft hätten, um die es im nächsten Teil gehen soll.

Doch was haben wir aus den vorangegangenen Seiten gelernt? Ja, genau: dass Mord und sinnlose Gewaltakte im Canyon seit seiner Erschließung auf der Tagesordnung standen. Und dass Geheimagenten, die sich als Unterhaltungskünstler ausgaben, ebenfalls seit den Anfangstagen zur Laurel-Canyon-Szene gehörten. Und schließlich, dass Geheimagenten, die sich nicht einmal als Unterhaltungskünstler ausgeben mussten, Tag für Tag im Lookout Mountain Laboratory tätig waren, und das mindestens 20 Jahre, bevor der erste Rockstar auch nur einen Fuß in den Canyon setzte.

Eine letzte Anmerkung noch: Wir sollen ja an den „glücklichen Zufall“ glauben, dass sich diese Musikidole auf einmal spontan im Laurel Canyon eingefunden haben. Doch wieviele seltsame Übereinstimmungen müssten wir übersehen, um einen solchen Zufall für möglich zu halten?

Na gut, tun wir einmal so, als wären wir der junge Mann an Bord des Flugzeugträgers, der von seinem Vater befehligt wird. Wir sind noch nicht lange im Laurel Canyon und jetzt bereits Sänger einer Band, die das Land demnächst im Sturm erobern wird. Etwa eineinhalb Kilometer am Laurel Canyon Boulevard von uns entfernt wohnt ein weiterer Neuankömmling, der ebenfalls Frontman einer Band ist, die an der Schwelle zum Ruhm steht. Der Typ ist mit einem Mädchen verheiratet, mit dem wir im Kindergarten waren und deren Vater so wie unserer in Sachen Atomwaffenforschung und -tests tätig war. (Admiral George Morrison arbeitete eine Zeitlang an Geheimprojekten im Testgelände White Sands.) Der Vater ihres Ehemanns wiederum forscht an einer anderen Art von Massenvernichtungswaffen, nämlich an chemischer Kriegsführung.

Der Geschäftspartner und Manager dieses anderen Typen ist ein etwas unheimlicher Ex-Marine, der ganz zufällig einen Cousin hat, der komischerweise auch bei einer Rockband singt, die auf dem Sprung zum Superstar-Leben ist. Und auch dieser dritte aufstrebende Rockstar wohnt im Laurel Canyon, nur wenige Kilometer von unserem Haus entfernt. Und ein paar Straßen weiter, ein kurzes Stück zu Fuß, leben zwei andere junge Leute, die – wer hätte das gedacht? – auch Mitglieder einer Rockband sind. Die beiden haben zufälligerweise dieselbe High-School in Alexandria, Virginia besucht wie wir; einer von denen war auch in Annapolis, so wie unserer Vater und der unserer Kindergartenfreundin.

Obwohl die ganze Gruppe aus der Gegend von Washington,DCstammt oder große Teile ihrer Kindheit dort verbrachte, finden wir uns nun alle am entgegengesetzten Landesende wieder, in einem abgeschiedenen Canyon hoch über der Stadt Los Angeles und ganz in der Nähe einer geheimen Militäreinrichtung. Unser Vater, der ja früher in der Atomwaffenforschung tätig war, weiß wahrscheinlich über dieses Lookout Mountain Laboratory und dessen Aktivitäten Bescheid, genauso wie der Vater unserer Kindergartenfreundin und wahrscheinlich auch die Väter einiger anderer Laurel-Canyon-Promis.

Und jetzt fragen wir uns: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei um reinen Zufall handelt?

Fortsetzung folgt.