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Nanotechnologie – Die neue Gefahr für unsere Ernährung

Hunderte Lebensmittel in den Regalen der Supermärkte könnten heute schon ungetestete und nicht gekennzeichnete Nanotechnologie-Bestandteile enthalten – doch der Konsument hat keine Ahnung.


Neue Bedrohung für nachhaltige Landwirtschaft

Die Nanotechnologie ist, direkt nach der Genmanipulation, der nächste Versuch, unser Nahrungsangebot mit Hightech zu infiltrieren. Führende Wissenschaftler haben davor gewarnt, dass Nanotechnologie – die Manipulation von Materie auf atomarer und molekularer Ebene – gravierende Risiken für unsere Gesundheit und die Umwelt mit sich bringt. In Ermangelung behördlicher Kontrolle und einer öffentlichen Diskussion stehen jedoch bereits heute nicht gekennzeichnete Lebensmittel, die mittels Nanotechnologie hergestellt wurden, in unseren Supermarktregalen.

Das allgemeine Interesse an Ernährung, Gesundheit und Umwelt ist weltweit gestiegen. Wir wollen genau wissen, wer Produkte wann, wie und wo herstellt, wie weit sie transportiert und wie lange sie gelagert werden. Als Reaktion auf die zunehmende Verwendung von Chemikalien in der Nahrungsmittelproduktion und auf die wachsende Entfremdung der Agrarindustrie von der ganzheitlichen Landwirtschaft sind überall Bewegungen entstanden, die sich auf intuitive und praxisnahe Weise für Bio- und regional angebaute Lebensmittel einsetzen. Wer sich von Biokost ernährt, will zur Gesundheit der eigenen Familie und der Umwelt beitragen. Dank des ökologischen Landbaus können wir eine ganzheitliche, umweltfreundliche Landwirtschaft und den Einsatz adäquater Technologien fördern, statt weiterhin den Einsatz schädlicher Chemikalien in den Agrarbetrieben zu unterstützen.

Das zunehmende Interesse an Biolebensmitteln ist aber auch darauf zurückzuführen, dass die großen Biotech-Konzerne verstärkt an der genetischen Manipulation unserer Grundnahrungsmittel arbeiten. Sowohl Bauern als auch Konsumenten auf der ganzen Welt waren und sind über die Einführung gentechnisch manipulierter Lebensmittel empört. Die meisten Kritiker sind davon überzeugt, dass nur die Biotech-Firmen von der Einschleusung solcher Produkte in die Nahrungskette profitieren – und dass das Risiko voll und ganz auf Konsumenten, Bauern und die Umwelt abgewälzt wird.

Nun ist auch noch die Nanotechnologie dazu angetreten, unsere Ernährung weiter zu gefährden. Nanotechnologie ist die hochtechnologisierte, im Atommaßstab ablaufende Antithese zum ökologischen Landbau, der auf die natürlichen, gesundheitsfördernden Eigenschaften frischer, nicht industriell weiterverarbeiteter Vollwertkost setzt. Der Einsatz dieser neuen Technologie wird dazu beitragen, Bauernhöfe noch mehr in vollautomatisierte Anlagen mit Hightech-Fließbandbetrieb zu verwandeln; zudem verwendet sie patentierte Produkte, die die Macht der multinationalen Konzerne weiterhin vergrößern werden. Und sie stellt nicht zuletzt ein gravierendes Risiko für unsere Gesundheit und unsere Umwelt dar.

Einführung in die Nanotechnologie: Was ist sie
– und warum ist sie so anders?

Die Nanotechnologie ist eine äußerst leistungsstarke Methode, mit deren Hilfe man die Natur im atomaren und molekularen Maßstab zerlegen und wieder zusammenbauen kann. Nanotech arbeitet an der Verwirklichung der uralten wissenschaftlichen Vision, die Welt Atom für Atom neu zu erschaffen, indem Materie im atomaren Maßstab so manipuliert wird, dass man sie zu einer Reihe neuer Materialien, Geräte, lebender Organismen und technischer Systeme umwandeln oder umgestalten kann.

Nanotechnologie und die Nanowissenschaften befassen sich mit dem Studium von Phänomen und Materialien sowie der Handhabung von Strukturen, Geräten und Systemen auf Nanoebene – das heißt, bis zu einer Größenordnung von 100 Nanometern (nm). Um diese Dimension zu veranschaulichen: Ein DNS-Strang hat einen Durchmesser von 2,5 nm, ein Proteinmolekül 5 nm, ein rotes Blutkörperchen 7.000 nm und ein menschliches Haar 80.000 nm.

Nanopartikel unterliegen nicht denselben physikalischen Gesetzen wie größere Teilchen, sondern denen der Quantenmechanik. Die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Nanopartikeln – zum Beispiel Farbe, Löslichkeit, Festigkeit, chemische Reaktionsfähigkeit und Toxizität – können sich daher stark von den Eigenschaften größerer Teilchen aus demselben Material unterscheiden.

Durch die veränderten Eigenschaften der Nanopartikel ist es möglich, sie für eine Vielzahl neuer, gewinnbringender Produkte und Anwendungen einzusetzen. Künstlich erzeugte Nanopartikel finden sich bereits heute in buchstäblich hunderten von Produkten in den Regalen unserer Supermärkte – von transparenten Sonnenschutzmitteln über lichtbeugende Kosmetikartikel, tiefer in die Haut eindringende Feuchtigkeitscremes, flecken- und geruchsabweisende Textilien, schmutzabweisende Beschichtungen, langlebige Anstrichfarben und Möbellacke bis hin zu einigen Lebensmitteln.

Das Center for Technology Foresight der APEC (Zentrum für Technologieprognosen der Asia-Pacific Economic Cooperation) hat vorhergesagt, dass die Nanotechnologie sämtliche Bereiche unserer Wirtschaft und Gesellschaft revolutionieren und dabei große gesellschaftliche Umwälzungen hervorrufen wird.

Über den künftigen Einsatz von Nanotech
in der Herstellung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln

Branchenanalysten und Befürworter der neuen Technologie prognostizieren, dass Nanotech unsere Nahrung vom atomaren Niveau aufwärts völlig verwandeln wird.

„Dank der Nanotechnologie werden wir das Essen von morgen designen können, indem wir Moleküle und Atome umformen. Lebensmittel werden mit ,intelligenten‘ Sicherheitsverpackungen versehen sein, die selbstständig feststellen können, ob das Produkt verdorben oder schadstoffverseucht ist. Die Produkte der Zukunft werden sich in Farbton, Geschmack oder Nährwert an die Wünsche oder gesundheitlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Konsumenten anpassen. In der Landwirtschaft wird Nanotechnologie den Einsatz von Pestiziden reduzieren, Pflanzen- und Viehzucht verbessern und neue nano-bioindustrielle Produkte hervorbringen.“

So will es zumindest der Bericht des Project on Emerging Nanotechnologies aus dem Jahre 2006, in dem es um den Einsatz von Nanotechnologie in Nahrungsmitteln und Landwirtschaft geht (siehe: www.nanotechproject.org).

Sowohl Nahrungsmittel- als auch Agrarindustrie haben Milliarden Dollar in Nanotechnologie-Forschung investiert und eine unbekannte Anzahl nicht gekennzeichneter Nano-Lebensmittel auf den Markt gebracht. Da es nirgendwo auf der Welt eine einschlägige Kennzeichnungspflicht gibt, lässt sich unmöglich sagen, wie viele kommerzielle Nahrungsmittel heute Nano-Bestandteile enthalten. Die Helmut Kaiser Consultancy Group (eine Beratungsorganisation, die sich für Nanotechnologie einsetzt) behauptet, dass derzeit mehr als 300 Nano-Lebensmittel auf den weltweiten Märkten erhältlich sind (siehe: www.hkc22.com). Die Beraterfirma schätzt, dass der globale Umsatz mit Nano-Lebensmitteln im Jahre 2005 5,3 Milliarden US-Dollar betragen hat und bis 2010 auf 20,4 Milliarden Dollar steigen wird. 2015 sollen dann bereits 40 Prozent der Nahrungsmittelindustrie mit Nanotechnologie arbeiten.

In der Nano-Lebensmittelforschung existieren vier entscheidende Schlüsselbereiche:

Nano-Modifikation von Saatgut,
Düngemitteln und Pestiziden

Befürworter der Nanotechnologie behaupten, dass die neuen Verfahren die moderne Agrarindustrie noch weiter automatisieren werden. Der gesamte Material- und Kräfteeinsatz eines Agrarbetriebs soll zunehmend technisiert werden. Die Nanotechnologie wird die Genmanipulation in der Landwirtschaft auf ein mikroskopisches Niveau führen: die atomare Manipulation.

Durch atomare Manipulation könnte man die DNS eines Saatguts neu anordnen, um so andere Pflanzeneigenschaften herbeizuführen – wie etwa Farbe, Wachstumszeit, Ertrag usw. Hochwirksame, atomar manipulierte Düngemittel und Pestizide sollen eingesetzt werden, um das Wachstum der Pfl anzen zu fördern. Nanosensoren werden das Pflanzenwachstum, den pH-Wert und das Vorkommen von Nährstoffen, Feuchtigkeit, Schädlingen oder Pflanzenkrankheiten fernüberwachen und damit den nötigen Arbeitsaufwand im Agrarbetrieb erheblich reduzieren.

Die ETC Group, eine Aktionsgruppe für Umweltschutz und Nachhaltigkeit, warnt in ihrem bahnbrechenden Bericht „Down on the Farm“ davor, dass in einer Nanotech-Zukunft „jeder Bauernhof eine ausgedehnte Biofabrik sein wird, die von einem Laptop aus überwacht und verwaltet werden kann; und dass unser Essen aus Designer-Inhaltsstoffen gefertigt sein wird, deren Aufgabe darin besteht, dem Körper möglichst effizient Nährstoffe zuzuführen“.

Nahrungsmittel-„Anreicherung“ und -Veränderung

Nanotech-Unternehmen arbeiten daran, industriell behandelte und haltbar gemachte Lebensmittel mit Nährstoffen in Nanokapseln anzureichern, ihr Erscheinungsbild und ihren Geschmack durch Nano-Farbstoffe zu verändern, ihren Fett- und Zuckergehalt durch Nano-Modifikation zu reduzieren oder zu deaktivieren und ihr „Mundgefühl“ zu verbessern.

Mit Hilfe von Nahrungsmittel-„Anreicherung“ wird es möglich sein, den angeblichen Nährwert bestimmter Lebensmittel zu steigern; so werden Schokoladenkekse und Pommes frites in naher Zukunft wahrscheinlich Nanokapseln mit „positiver medizinischer Wirkung“ enthalten, um sie als gesundheitsfördernd oder arterienspülend vermarkten zu können. Bald wird auch Junkfood wie Speiseeis und Schokolade mit Nanotech-Verfahren umgewandelt werden, um die Fett- und Zuckermenge zu reduzieren, die der Körper aufnehmen kann. Das wäre entweder möglich, indem man einige der Fette und Zucker durch andere Inhaltsstoffe ersetzt, oder auch, indem man Nanopartikel dazu verwendet, diese Bestandteile eines Lebensmittels für den Körper unverdaulich oder gar nicht erst resorbierbar zu machen. Auf diese Art könnte die Nano-Industrie es schaffen, mit Vitaminen und Ballaststoffen angereichertes Junkfood, dessen Fett- und Zuckergehalte blockiert sind, ebenfalls als gesundheitsfördernd und gewichtsreduzierend zu verkaufen.

Interaktive „intelligente“ Lebensmittel

Unternehmen wie Kraft und Nestlé konstruieren „intelligente“ Lebensmittel, die imstande sein sollen, mit dem Konsumenten zu interagieren, sodass jeder sein Essen „personalisieren“ kann, indem er Farbe, Geschmack oder Nährwert nach Belieben ändert. Kraft entwickelt soeben ein durchsichtiges, geschmackloses Getränk, das hunderte inaktive Aromastoffe in Nanokapseln enthält. Jeder gängige Mikrowellenherd könnte dazu verwendet werden, die gewünschte Farbe, Geschmacksrichtung und -konzentration sowie Konsistenz auf Knopfdruck zu aktivieren.

„Intelligente“ Lebensmittel könnten auch erkennen, ob jemand allergisch auf bestimmte Inhaltsstoffe einer Speise ist – und den betreffenden Inhaltsstoff sogleich blockieren. Alternativ dazu könnten „intelligente“ Verpackungen auch zusätzliche Nährstoffe freisetzen, wenn sie merken, dass beim Konsumenten ein spezifischer Bedarf besteht; also beispielsweise Kalziummoleküle für Menschen, die an Osteoporose leiden.

Auswahl großer Konzerne, die Forschung und Entwicklung zum Einsatz der Nanotechnologie in Lebensmitteln und in der Landwirtschaft betreiben

Altria (Kraft Foods)
Associated British Foods
Ajinomoto
BASF
Bayer
Cadbury Schweppes
Campbell Soup
Cargill
DuPont Food Industry Solutions
Evonik Industries (vormals Degussa)
General Mills
Glaxo-SmithKline
Goodman Fielder
Group Danone
John Lust Group Plc
Hershey Foods
La Doria
Maruha
McCain Foods
Mars, Inc.
Nestlé
Northern Foods
Nichirei
Nippon Suisan Kaisha
PepsiCo
Sara Lee
Syngenta
Unilever
United Foods

Quellen: ETC Group 2004; Innovest 2006; Renton 2006; Wolfe 2005

„Intelligente“ Verpackungen und Lebensmittel-Lokalisierung

Nanotechnologie wird die Haltbarkeitsdauer von Lebensmitteln entscheidend verlängern. Mars Inc. hat bereits das Patent auf ein unsichtbares, essbares Nano-Einpackpapier erteilt bekommen, das Nahrungsmittel luftdicht einschließt und ihren Feuchtigkeitsgehalt konstant hält.

Derzeit werden auch „intelligente“ Verpackungen mit Nanosensoren und antimikrobiellen Aktivatoren entwickelt, die sofort entdecken sollen, ob ein Lebensmittel verdorben ist. Sie werden auch Nano-Antimikroben freisetzen können, um die Haltbarkeitsdauer eines Produkts zu verlängern; dadurch werden Supermärkte Lebensmittel noch länger lagern können, bevor sie zum Verkauf gelangen.

Mit dem bloßen Auge nicht erkennbare Nanosensoren können auch als winzige Chips in Lebensmittel integriert werden und als elektronische Strichcodes fungieren. Sie werden ein Signal aussenden, mit dem man Nahrungsmittel – einschließlich Frischware – jederzeit auf ihrem Weg vom Feld über die Fabrik und den Supermarkt bis hin zum Konsumenten lokalisieren kann.

Nanotechnologie in Lebensmitteln und Landwirtschaft
– die zentralen Anliegen

Kritikpunkte zum Einsatz von Nanotechnologie in Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion betreffen die weitere Automatisierung und Entfremdung der Lebensmittelherstellung, die schwerwiegende Vergiftungsgefahr für Mensch und Umwelt sowie den fortschreitenden Verlust der Privatsphäre, da mittels Nano-Überwachungsmethoden jedes Glied der Nahrungskette genau kontrolliert werden kann. Das Fehlen von Gesetzesbeschlüssen zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt vor den Risiken der Nanotechnologie ist ein äußerst gravierendes Problem.

Die Nanotech-Landwirtschaft geht von der Voraussetzung aus, dass wir Effizienz und Produktivität steigern können, indem wir die Atome im Saatgut neu anordnen, noch wirksamere Chemikalien entwickeln, Hightech-Anlagen statt Menschen zur Überwachung der Bauernhöfe einsetzen und das Gedeihen der Nahrungspfl anzen noch stärker von automatisierten Verfahren abhängig machen.

Es wird vermutet, dass man durch die Anwendung nanotechnologischer Verfahren in der Nahrungsmittelindustrie Geschmack, Konsistenz, Aussehen, Nährwert und Langlebigkeit von Lebensmitteln „verbessern“ kann, indem man sie im atomaren Maßstab manipuliert. Manche behaupten sogar, dass diese Verfahren zu „sichereren“ Lebensmitteln führen werden. Diese Annahmen beruhen auf der grundfalschen Ansicht, dass der Mensch die Natur Atom für Atom neu gestalten und damit bessere Ergebnisse erzielen kann. Das würde aber voraussetzen, dass wir die Folgen unserer Handlungen genau vorhersagen können – zumal wir es mit höchst unberechenbaren Vorgängen und Kräften wie der Quantenmechanik zu tun haben.

Beispiele für in Deutschland erhältliche Nahrungsergänzungsmittel mit Nano-Materialien (Hersteller: Produktbezeichnung)

fairvital: fairvital Colloidales Silber
Healthy Generation GmbH: Nano Life by Carlo Thraenhardt
Life Light: Nanosan Nanosilizium
Medica Consulting Ltd.: Energy Well Nano Mineral Silizium Pulver
Muscletech: Nano Vapor, naNOX9
Squeezy: SQUEEZY Nano energised mineral gel
Trace Minerals Research: Co-Enzym Q10 nano liquid
Vitafosan: Nano-Know-How, Nano Men-Power, Aufbau for kids, Toxi-Drain

Bedauerlicherweise lehrt uns jedoch die Geschichte, dass Prognosen über die Auswirkungen des Eingreifens in komplexe Systeme nie besonders viel getaugt haben. Man denke nur an die Katastrophen, die durch die Einführung biologischer Schädlingsbekämpfer wie der Agakröte oder die Auswilderung von Hasen und Füchsen zu Jagdzwecken passiert sind. Immer wieder findet
man auch ähnliche historische Beispiele von enormen Gesundheits- und Umweltproblemen, die dadurch hervorgerufen wurden, dass die Verantwortlichen unfähig waren, bei angeblichen „Wundermaterialien“ wie FCKW, DDT oder Asbest auf erste Warnzeichen zu reagieren. Dies alles legt nahe, dass wir die Frühwarnzeichen über die Toxizität von Nanopartikeln sehr ernst nehmen sollten.

Schon heute existieren einige toxikologische Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass Nanopartikel reaktionsfreudiger, ortsveränderlicher und mit höherer Wahrscheinlichkeit toxischer für den menschlichen Körper und die Umwelt sind als größere Teilchen. Erste wissenschaftliche Forschungen haben ergeben, dass Nanopartikel einen stärkeren oxidativen Stress herbeiführen können, der wiederum die Bildung freier Radikale zur Folge hat, die möglicherweise zu Krebserkrankungen, Mutationen der DNS und sogar Zelltod führen können. Fullerene (Kohlenstoff-Nanopartikel) haben bei Forellenbarschen – einer allgemein anerkannten Tierart zur Bestimmung ökotoxikologischer Effekte – zu Hirnschäden geführt.

In einem Bericht der britischen Royal Society aus dem Jahr 2004 werden die schwerwiegenden Risiken der Nanotoxizität angesprochen. Der Bericht empfiehlt, dass „Bestandteile in Form von Nanopartikeln einer umfassenden Sicherheitsprüfung durch den zuständigen wissenschaftlichen Beirat unterzogen werden sollten, bevor sie zum Gebrauch in Produkten zugelassen werden“. Trotz
dieser Warnung gibt es bis heute keine Gesetze, die die Verwendung von Nanomaterialien in Konsumgütern regeln, um sicherzustellen, dass diese Produkte weder den Verbrauchern noch den Menschen, die an ihrer Herstellung beteiligt sind, noch den mit Nano-Abfallstoffen belasteten Ökosystemen schaden.

Der Einsatz von Nano-Überwachungssystemen in Lebensmittelverpackungen wird auch neue Fragen über die Wahrung der Privatsphäre aufwerfen. Je mehr die Nahrungsmittelindustrie mit Nano-Lokalisierungsverfahren arbeitet, desto einfacher wird es für sie sein, den Weg eines Produkts vom Feld über die Fabrik und den Supermarkt bis auf den Teller zu verfolgen. Auf einen derartigen Eingriff in die Privatsphäre sind wir bislang sehr schlecht vorbereitet.

Es ist erschreckend, dass noch keine einzige Regierung Gesetze erlassen hat, die sich mit der Handhabung nanotechnologischer Risiken befassen – obwohl Nanotech-Lebensmittel und Agrarprodukte schon heute ihren Weg in die Supermärkte und die Umwelt gefunden haben.

Beispiele für in Deutschland erhältliche Nano-Lebensmittelzusatzstoffe und Verarbeitungshilfen (Hersteller: Produktnamen)

AquaNova: NovaSOL
BASF: Solu E 200, LycoVit
Evonik Industries (vormals Degussa): Aerosil, Sipernat, AdNano

Der Kampf für eine gesunde Ernährungszukunft:
Alternativen zur Nanotechnologie

Wie wird die Zukunft unserer Ernährung und unserer Technologien aussehen? Wir befinden uns mitten in einer gewaltigen Schlacht um die Kontrolle des weltweiten Nahrungsangebots. Konzerneigentum oder Gemeinbesitz, global oder regional, klein oder riesengroß, industriell behandelt oder natürlich – zwischen diesen Paradigmen müssen wir uns entscheiden. Eine der wichtigsten Methoden zur Förderung einer gesunden, ganzheitlichen Landwirtschaft ist die eigene Kaufentscheidung. Zertifi zierte Bioprodukte stehen für mehr Gesundheit, eine lebenswertere Umwelt und einen wichtigen Schritt in Richtung nanofreie Lebensmittelzukunft. Auch in Sachen Körperpflege sollte man sich unbedingt für Bioprodukte oder Erzeugnisse von Firmen entscheiden, die nicht mit Nanotechnologie arbeiten.

Eine gesunde Zukunft für unsere Ernährung können wir auf vielerlei Arten schaffen. Erwerben Sie Ihre Lebensmittel auf Wochen- und Bauernmärkten oder über einen Lieferdienst direkt beim Bauern. Kaufen Sie im Bioladen oder in der Bioabteilung des Supermarkts ein. Machen Sie bei einem Gemeinschaftsgarten mit oder legen Sie selbst einen Garten an. Setzen Sie sich für die Gründung eines Bio-Küchengartens in einer Vorschule oder Schule in ihrer Nähe ein. Lesen Sie  Produktetiketten. Interessieren Sie sich aktiv für Ernährungsfragen; sprechen Sie mit Ihren Freunden und Ihrer Familie darüber. Teilen Sie Unternehmen über deren kostenlose Service-Telefone mit, dass sie über den Einsatz von Nanotechnologie in ihren Produkten besorgt sind. Fordern Sie bei Ihrem Parlamentsabgeordneten eine Kennzeichnungspflicht für Produkte mit Nano-Bestandteilen, damit Sie beim Einkauf informiert sind.

Es ist durchaus erfreulich, dass sich mittlerweile auch Massenmedien sowie Forschungs- und Bildungseinrichtungen verschiedenen Fragen der Ernährungspolitik annehmen. Doch obwohl sich heute bereits erste, nicht gekennzeichnete Lebensmittel mit künstlich hergestellten Nano-Bestandteilen in unseren Supermärkten finden, beginnt die Diskussion über die Nanotechnologie nur schleppend. Bis jetzt gibt es keine Gesetze zum Schutz der Volks- und Umweltgesundheit. Weder öffentliche Stellen noch Unternehmen investieren ernsthaft in die Forschung über Langzeitfolgen der Manipulation von Nahrungsmitteln im atomaren Maßstab. Die Situation ist ähnlich wie bei der Einführung der Gentechnik – mit dem erschreckenden Unterschied, dass es in Sachen Nanotechnologie keinerlei behördliche Kontrolle gibt.

Jeder von uns sollte sich in Fragen der Nanotechnologie politisch engagieren, so wie schon bei der Genmanipulation. Wir müssen unbedingt für einen vorläufigen Stopp der Nanotech-Anwendungen sorgen, bis Regulierungssysteme zum Schutz der Volks- und Umweltgesundheit inkraftgetreten sind und eine breite Öffentlichkeit über die Einführung der Nanotechnologie mitentscheiden kann. Zudem müssen wir sicherstellen, dass alle Regierungen unsere schwerverdienten Steuergelder zur Unterstützung der biologischen Landwirtschaft einsetzen.

Nur durch Zusammenarbeit können wir eine gesunde Ernährungszukunft schaffen, die nicht auf Unternehmensgewinne, sondern auf das Wohl der Allgemeinheit ausgerichtet ist.

Anmerkung der Redaktion

Der Artikel wurde erstmals in Clean Food Organic, Jg. 4, Mai 2007, veröffentlicht und ist hier im Original zu finden. Der 64 Seiten starke Bericht „Aus dem Labor auf den Teller: Die Nutzung der Nanotechnologie im Lebensmittelsektor“, den Georgia Miller und Dr. Rye Senjen vom Friends of
the Earth Australia Nanotechnology Project im März 2008 verfasst haben, findet sich als deutsches PDF auf der Website des BUND. Weitere Informationen über Nanotechnologie und das Nanotechnologie-Projekt von Friends of the Earth Australia sind auf der Website http://nano.foe.org.au zugänglich.


Kommentare

Kommentar von földeak (25. Juli 2009, 17:54 Uhr)

es ist schade, daß man die Erzeuger und deren Angehörige dieser Produkte nicht zu persönlichen Langzeitstudien heranziehen kann. Ich bin nicht gegen Fortschritt, aber nur zum Wohle der Erde.
Perverser geht es nicht mehr. wf