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Wie Adolf Hitlers Tod erfunden wurde, Teil 1

Hitler1 IconSelbst allerneueste Veröffentlichungen aus russischen Archiven lassen keinen endgültigen Schluss auf Hitlers vermeintlichen Tod zu. Giordan Smith beleuchtet im ersten Teil der dreiteiligen Artikelserie die Aussagen der Augenzeugen von Hitlers Verbrennung vor dem Führerbunker, die sich in wichtigen Details widersprechen.


Einführung: Die Wahrheit hinter der Bunker-Legende

Viele Menschen kennen in groben Zügen die offizielle Version über Adolf Hitlers „letzte Tage“, die uns erst kürzlich mit dem Spielfi lm „Der Untergang“ (2004) erneut aufgetischt wurde. Weniger bekannt ist, dass diese offizielle Geschichte eine politische Erfindung ist – und dass der Abscheu, den sie auslöst, ganz bewusst geplant war.

Als der grauenvolle Krieg auf sein Ende zusteuerte, wollten Churchill und die britische Regierung dafür sorgen, dass die Geschichte sich nie wiederholen würde – dass deutscher Nationalismus nie wieder aufleben könnte –, indem sie bis ins kleinste Detail vorschrieben, wie das ultra-nationalistische Dritte Reich in die Geschichte einzugehen habe. Die Darstellung sollte so unerquicklich sein, dass das Ansehen des Regimes selbst in den Augen seiner vehementesten Anhänger für immer besudelt sein würde. Zu keinem Zeitpunkt ging es um die historische Wahrheit. Weder die Briten noch die Amerikaner interessierten sich ernsthaft dafür, was tatsächlich aus Hitler geworden war. Ihr einziges Interesse bestand darin, dem politischen Symbol dieser ideologischen Bewegung den ruhmlosesten Abgang von der Weltbühne zu verschaffen, den sie sich ausdenken konnten. Von diesem Standpunkt aus funktioniert das Bild von Hitlers verkohltem Körper in einem mit Schutt angefüllten Bombenkrater wunderbar als Symbol für das Deponieren von Hitlers Reich auf der Müllhalde der Weltgeschichte.

Im Vorwort zu „Hitler’s Death“ (2005), einer Sammlung von Dokumenten aus dem russischen Staatsarchiv, die die offi- zielle Version vom Schicksal des deutschen Führers stützen sollten, behauptet der Historiker Andrew Roberts:

„Einer der Gründe, warum Deutschland in den letzten 60 Jahren eine so erfolgreiche, friedliche und liberale Demokratie war, findet sich in dem Umstand, wie Hitler zu Tode kam – und das ist in diesem Buch auf fesselnde Weise bis ins Detail beschrieben. Deutschland brauchte die Stunde Null, um neu beginnen zu können.“ 1

Wenige Menschen denken darüber nach, wie unwahrscheinlich es ist, dass die Deutschen den Kriegsgegnern freiwillig ein solch wunderbares Abschiedsgeschenk wie die Geschichte von Hitlers Tod gemacht hätten, die so perfekt die Nachkriegspolitik der Alliierten unterstützte. In Wirklichkeit bietet „Hitler’s Death“ daher auch eine ganze Reihe von Anhaltspunkten, die zu einer Schlussfolgerung führt, die im krassen Widerspruch zu der von Roberts steht. Vergleicht man die Unterlagen, die in diesem Buch präsentiert werden, in chronologischer Abfolge mit anderen Quellen aus derselben Zeit, etwa mit Nachrichtenmeldungen, dann stellt sich heraus, dass die Sowjets bei der Untersuchung von Hitlers Tod vom ersten Tag an mit großen Hindernissen zu kämpfen hatten.

In der vorliegenden Artikelserie geht es um die erfolglose Suche der Sowjets nach der Wahrheit und wie die Briten sich gezwungen sahen, die Initiative zu ergreifen, als Stalin sich nicht von fi ngierten Beweisen und falschen Zeugen täuschen ließ. Zusammen mit den Amerikanern schufen die Briten ein regelrechtes Kartenhaus allein auf Grundlage der Aussage von Hitlers Chauffeur, Erich Kempka – trotz der Tatsache, dass dieser sich während der letzten Tage des Dritten Reichs mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht einmal in Berlin aufhielt.

Ich werde im Folgenden eine Anzahl von Beweisen enthüllen – von denen die meisten bisher vollständig übersehen wurden –, die eine Theorie stützen, die zum ersten Mal 1996 in dem wegweisenden Buch von Hugh Thomas „The Murder of Adolf Hitler“2 präsentiert wurde. Es beschreibt, wie das Nazi-Regime Hitlers Abgang von der Weltbühne mit einem gut durchdachten forensischen Betrug inszenierte. Thomas hat vielleicht nicht ganz Recht, was die Methode der Nazis betrifft. Doch es steht zweifelsfrei fest, dass es den deutschen Machthabern gelang, sowohl die wahren Umstände von Hitlers Ableben zu verschleiern als auch sicherzustellen, dass sein Leichnam niemals in die Hände des Feindes gelangen würde.

Mangelnde Beweise

Ohne den Leichnam ist es unmöglich, mit Sicherheit zu sagen, dass eine Person tot ist, geschweige denn festzustellen, auf welche Art sie zu Tode kam. Zumindest offiziell gibt es keinen Leichnam von Hitler, denn in den 1970ern, so behaupten die Russen, wurden die mutmaßlichen sterblichen Überreste von Hitler mazeriert, mit den Überresten von zehn weiteren Personen vermischt – angeblich mit denen von Hitlers Frau Eva Braun (ab dem 28. April 1945 Eva Hitler), von Propagandaminister Joseph Goebbels, dessen Frau Magda, deren sechs Kindern und denen von General Hans Krebs – und auf dem Grundstück einer KGB-Einrichtung in Magdeburg beerdigt. Dies geschah vorgeblich, um die Existenz eines Grabs zu vermeiden, das sich zu einer Pilgerstätte für Rechtsextreme hätte entwickeln können.

Diese Geschichte ist jedoch ein durchsichtiges Täuschungsmanöver. Es gab wohl kaum zu wenig Platz in der UdSSR, um die sterblichen Überreste dort unterzubringen, wo die Gefahr eines aufkeimenden Hitler-Kultes nicht bestanden hätte. Der einzig logische Zweck einer solchen Aktion kann nur gewesen sein, zu verhindern, dass man den angeblichen Leichnam Hitlers eines Tages der Wissenschaft für Forschungszwecke zur Verfügung stellen müsste. Heute behaupten die Russen, alles, was sie besitzen, seien mutmaßliche Überreste von Hitlers Kieferknochen und zwei kleine Stücke vom Schädel.

Von diesen Schädelfragmenten, von denen eins ein großes Einschussloch aufweist, wird manchmal behauptet, sie seien zusammen mit den anderen Überresten, die  ursprünglich Adolf Hitler zugeschrieben wurden, in dem Bombenkrater gefunden worden. An anderer Stelle heißt es, sie seien in Hitlers Arbeitszimmer in der Reichskanzlei entdeckt worden. Dafür gibt es jedoch leider keinen Beweis, und erst recht nicht dafür, dass sie von Adolf Hitler stammen. Am angeblichen Fundort wurden keine Photos von den Fragmenten gemacht, und auch keines der Dokumente in „Hitler’s Death“ gibt irgendeine Auskunft über die Umstände ihrer Entdeckung.

Was die Verifizierung der Echtheit der angeblichen sterblichen Überreste Hitlers angeht, haben sich die Russen genauso merkwürdig benommen wie die Sowjets vor ihnen. 1999 verweigerte man dem  Wissenschaftler Michel Perrier vom Institut für forensische Medizin der Universität von Lausanne die Erlaubnis, sich die Überreste anzusehen.3 Es gab keinen Grund für die Russen, sich so zu verhalten, außer vielleicht die Befürchtung, die Identifizierung könne mit einem negativen Ergebnis enden. Dies konfrontiert uns mit der Möglichkeit, dass die Schädelfragmente eine Fälschung sein könnten. Möglicherweise haben wir es mit einem Betrug wie beim „Piltdown“-Mann zu tun: Hierbei ging es um einen angeblich uralten menschlichen Kieferknochen, der 1912 entdeckt wurde. 40 Jahre später wurde der Knochen von einem Forschungsteam des British Museum untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass es sich um einen Affenknochen handelte, der absichtlich mit Kaliumdichromat behandelt worden war, um ihn alt aussehen zu lassen.4

Ueberreste

Über 60 Jahre nach Hitlers Abtritt von der Weltbühne behindern die Russen also immer noch die Forschung, die ein für alle Mal klarstellen würde, ob es sich bei den Fragmenten um die sterblichen Überreste dieses Mannes handelt. D. Marchetti et al. schrieben 2005:

„Die zur Verfügung stehende Literatur in Bezug auf Hitlers Tod ist unvollständig [...] denn das Schädelknochenfragment mit dem Einschussloch, das möglicherweise zu Hitlers Gebeinen gehört, ist nicht  ordnungsgemäß untersucht worden.“5

Ueberreste2

Da die Russen Hitlers Schädelfragmente sicherlich nicht religiös verehren – schließlich sprechen wir hier nicht über das Grabtuch von Turin – kann man daraus nur schließen, dass sie Angst vor dem haben, was man herausfinden könnte, wenn die Knochen wissenschaftlichen Untersuchungen unterzogen würden. Die plausibelste Erklärung für diese Befürchtung ist die, dass die Russen bereits wissen, dass die Fragmente nicht von Hitlers Leichnam stammen. Bisher haben sie keinerlei Versuche unternommen, die mitochondriale DNS (mt DNS) aus den Schädelfragmenten mit der vom Leichnam seiner Halbschwester Paula oder seiner Mutter Klara oder eines anderen noch lebenden Verwandten abzugleichen – die Methode, die von Marchetti et al. als einziger Weg aus der gegenwärtigen Sackgasse angesehen wird. Die mangelnde Bereitschaft der Russen, die Fragmente einem mt DNS -Test zu unterziehen, gibt Anlass zu der Vermutung, dass sie bereits wissen, wie das Testergebnis ausfallen wird.6

Die zweitbeste Beweismethode – zeitgeschichtliche Dokumente – bringt auch kein Licht ins Dunkel.

Interessanterweise gibt es keine Filme oder Photos, die in irgendeiner Weise die offi zielle Version über die letzten Tage des Dritten Reichs untermauern – und schon gar nicht die Behauptung, Hitler habe Selbstmord begangen. Angesichts seiner enormen Bedeutung für das Dritte Reich ist es unwahrscheinlich, dass sein letzter Einsatz in Berlin vor dem Zusammenbruch des Reichs nicht photographisch festgehalten worden sein soll. Dennoch gibt es kein Photo- oder Filmmaterial von Hitler, das eindeutig auf April 1945 datiert werden kann.

Was die schriftlichen Quellen angeht, gibt es nur einen obskuren Eintrag vom 30. April 1945 in ein angebliches Tagebuch, das NS-Reichsleiter Martin Bormann zwischen dem 1. Januar und dem 1. Mai 1945 führte:

„30.4.45 Adolf Hitler D. Eva H. (Hitler)“

Es ist nicht nur schwer zu glauben, dass Bormann selbst in einem noch so flüchtigen Eintrag nicht wenigstens die Todeszeit des Führers angegeben hätte, es gibt zudem noch eine einzigartige Zeugenaussage, aus der hervorgeht, dass das Tagebuch eine Fälschung ist. Kurz nach dem Krieg erzählte die Pilotin Hanna Reitsch, die drei Tage lang (vom 26. bis 29. April) im Führerbunker war, dem Amerikaner Robert E. Work, dass Bormann während dieser Zeit ein sehr ausführliches Dokumentverfasst hätte, das für die Nachwelt bestimmt sei. Work hielt Folgendes fest:

„Bormann verließ seinen Schreibtisch kaum. Er ‚schrieb die Ereignisse für zukünftige Generationen nieder‘. Jedes Wort, jede Handlung hielt er auf Papier fest. Oft sprach er jemanden an und fragte mit schwermütiger Miene nach dem genauen Inhalt eines Gesprächs, das der Führer gerade mit jemandem geführt hatte. Außerdem hielt er peinlich genau alles fest, was sich sonst noch im Bunker abspielte. Dieses Dokument sollte im letzten Augenblick aus dem Bunker geschafft werden, sodass es, wie Bormann bescheiden meinte, ‚seinen Platz unter den großen Kapiteln deutscher Geschichte‘ würde einnehmen können.“ 7

Doch das Bormann-Tagebuch, das die Russen später der Welt präsentierten, ist ein dürftiges Heftchen mit Einträgen, die zwischen einer und drei kurzen Zeilen lang sind. Der umfangreichste Eintrag vom 27. April hat dürftige acht Zeilen. Offensichtlich ist dieses Tagebuch keine vollständige Abhandlung über den Todeskampf des Dritten Reichs. Obwohl die meisten Historiker (einschließlich David Irving, dem selbsternannten Apostel der „wahren Geschichte“) seine Echtheit anstandslos anerkennen, kann es nur eine Fälschung sein. Alles in allem gibt es keine gegenständlichen, visuellen oder schriftlichen Beweise, die Hitlers Schicksal irgendwie erhellen.

Bunker

Auf diesem Foto von 1946 sieht man den Ausgang des Führerbunkers. Der hölzerne Wachturm wurde von den Sowjets Anfang Juli 1945 hinzugefügt.

Augenzeugenberichte

Die konventionelle Version, dass Hitler sich umbrachte und am Nachmittag des 30. April 1945 verbrannt wurde, stützt sich also allein auf die mündlichen und schriftlichen Aussagen, die unmittelbar nach dem Krieg von einer kleinen Gruppe gefangen genommener Nazis gemacht wurden. Die meisten von ihnen gehörten der SS an und behaupteten, diese historischen Ereignisse mit eigenen Augen gesehen zu haben. Die sechs wichtigsten Berichte stammen von SS -Obersturmbannführer Harry Mengershausen, SS-Sturmbannführer Otto Günsche, SS -Obergruppenführer Johannes („Hans“) Rattenhuber, SS - Obersturmbannführer Erich Kempka, SS -Unterführer Hermann Karnau und SS -Hauptscharführer Erich Mansfeld. Die ersten drei Augenzeugen, Mengershausen, Günsche und Rattenhuber, fielen in sowjetische Hände, nachdem Berlin am 2. Mai 1945 eingenommen worden war. Sie erzählten den sowjetischen Behörden ihre Versionen von Hitlers Schicksal zwischen dem 13. und dem 20. Mai 1945.

Diese drei Zeugenaussagen sind der Öffentlichkeit erst zugänglich, seit 2005 das Buch „Hitler’s Death“ erschien. Obwohl Hitlers Diener,  SS-Sturmbannführer Heinz Linge etwa zur gleichen Zeit gefangen genommen wurde, ist seine Aussage nicht in dem Buch aufgeführt. Soweit ich das ermitteln konnte, ist sie bis heute unter Verschluss. In Anbetracht der Tatsache, dass Linge später zu einer der zentralen Figuren in der offi ziellen Geschichte über Hitlers Tod wurde, wirft dies die Frage auf, ob „Hitler’s Death“ tatsächlich dem Anspruch gerecht wird, das letzte Wort zu diesem Thema zu sagen.

Axmann Linge

Artur Axmann (l.), Heinz Linge (r.)

Die drei oben erwähnten Aussagen lassen sich durch weitere ergänzen, die von deutschen Gefangenen gegenüber den Sowjets im Mai 1945 gemacht wurden. Dies gilt vor allem für das, was SS -Sturmbannführer Dr. Helmut Kunz am 7. Mai vorbrachte. Auch wenn Dr. Kunz behauptete, nichts Unmittelbares zum Tod von Adolf und Eva Hitler sagen zu können, so enthält seine Aussage doch einen sehr aufschlussreichen Bericht über das letzte überlieferte Gespräch, das Eva führte.

Die anderen drei Augenzeugen, Kempka, Karnau und Mansfeld, wurden von den Amerikanern und den Briten befragt. Bis zur Veröffentlichung von Hugh Trevor-Ropers Buch „The Last Days of Hitler“ 1947 (deutsch: „Hitlers letzte Tage“, 1948) waren nur die Aussagen von Kempka und Karnau der Öffentlichkeit zugänglich.8 Die anderen vier Aussagen wurden erst nach und nach öffentlich gemacht, drei von ihnen erst im Jahr 2005. Das bedeutet, dass es erst jetzt möglich ist, die sechs frühesten Augenzeugenberichte als unabhängiges Beweismaterial zu vergleichen. Erst jetzt können wir wirklich mit „Hitlers letzte Tage“ abschließen und uns mit den besten zur Verfügung stehenden Originalquellen beschäftigen.

Bemerkenswert ist, dass die Informationen dieser sechs Personen die einzigen Beweise aus erster Hand sind, die es überhaupt gibt. Nur zwei der Personen, die von anderen genannt wurden, weil sie unmittelbar in die Ereignisse der letzten Kriegstage einbezogen waren – Heinz Linge und  Reichsjugendleiter Artur Axmann – überlebten den Krieg und konnten später selbst aussagen.

Doch in beiden Fällen sieht es so aus, als seien die Augenzeugen unter Druck gesetzt worden, ihre Aussage dem Bericht von Trevor-Roper anzupassen, der von Anfang an von den angloamerikanischen Machthabern als endgültig betrachtet wurde. Keine der anderen Personen, die in den sechs frühesten Aussagen als unmittelbar in die Ereignisse involviert beschrieben wurden – Jansen, Kruge, Lindloff, Medle, Schädle, Burgdorf, Krebs, Bormann, Goebbels – überlebte den Krieg (soweit bekannt ist). Wir stehen also vor der schweren Aufgabe, eines der wichtigsten Ereignisse der jüngeren Geschichte auf Basis einer sehr kleinen Anzahl von Belegen zu verifizieren. Die sechs Aussagen beschreiben ähnliche Ereignisse. Wenn man sie vergleicht, stellt sich heraus, dass es bei folgenden fünf Punkten grundsätzliche Übereinstimmung gibt:

  1. Eine männliche Leiche wurde aus einem Zimmer im Bunker zu einem Ort außerhalb des Bunkers gleich neben der Tür getragen;
  2. Die männliche Leiche trug eine schwarze Hose, Schuhe und Socken, wie Hitler sie normalerweise anhatte;
  3. Gleichzeitig wurde eine weibliche Leiche aus dem Bunker getragen, deren Gesicht nicht bedeckt und die auf einen Blick als Eva Hitler zu erkennen war;
  4. Heinz Linge trug den männlichen Leichnam;
  5. Die beiden Leichen wurden nebeneinander auf dem Boden abgelegt, mit Benzin übergossen, verbrannt und gemeinsam in einem Bombenkrater oder Graben beerdigt, der sich in kurzer Entfernung von der Bunkertür befand.

Sobald man sich andere Einzelheiten der Geschichte ansieht, häufen sich jedoch die Abweichungen. Bezögen sie sich auf das gleiche Ereignis, würden authentische Aussagen übereinstimmen – nicht nur, was die oben aufgelisteten fünf Punkte angeht, sondern auch in Bezug auf die meisten Details.

Es ist unmöglich, zwischen Augenzeugen, die lügen, und solchen, die die Wahrheit sagen, zu unterscheiden. Sind weder Zeitdokumente noch sonstige Beweismittel vorhanden, die man zur Überprüfung heranziehen kann, ist jegliche Verifizierung unmöglich. Damit wird jeder Augenzeugenbericht genauso glaubwürdig wie der andere.

Das Problem widersprüchlicher Aussagen wurde meist mit der Herangehensweise Trevor-Ropers umgangen: Man vermengte alle Aussagen zu einer einzigen Geschichte und ignorierte oder fand Erklärungen für die Details, die nicht hineinpassten. Um nur ein Beispiel zu nennen, integrierte Trevor-Roper auch eine Darstellung von Ereignissen, die laut Aussage des Zeugen Erich Mansfeld „nicht nach dem 27. April“ stattgefunden hatten, in seine Version der Wahrheit. Er setzte sie einfach mit Ereignissen gleich, die ein anderer Zeuge, Erich Kempka, angeblich am 30. April beobachtet hatte.9

Die Nachteile von Trevor-Ropers Homogenisierungstechnik sind ziemlich offensichtlich. Stuft man Mansfelds Bericht als im Großen und Ganzen zuverlässig ein und will man dessen Informationen nutzen, mit welchem Recht ignoriert man dann seine Behauptung, dass er „sicher“ sei, die Ereignisse, die er beschreibt, hätten „nicht nach dem“ 27. April stattgefunden?

Das Gleiche machte Trevor-Roper mit dem Augenzeugenbericht von Hermann Karnau, der behauptete, die Ereignisse hätten am 1. Mai stattgefunden. Obwohl man sich die „Fakten“ nicht einfach willkürlich aus verschiedenen Aussagen herauspicken kann, bediente sich Trevor-Roper genau dieser Methode, als er seine große Erzählung vom Fall des Dritten Reichs zusammenstellte – eine Erzählung, die von den meisten Menschen sowie den Historikern als im Wesentlichen korrekt akzeptiert wird.

Im Folgenden werde ich die sechs frühesten bekannten Berichte genauer analysieren, wobei ich der Versuchung widerstehe, einige Angaben von Vorneherein als freie Erfindungen abzutun oder nach der Methode Trevor-Ropers nur das herauspicke, was zusammenpasst. Wie sich herausstellen wird, gibt es nur einen Weg, all diese Berichte unter einen Hut zu bringen, nämlich sie als authentische Darstellungen verschiedener Ereignisse zu interpretieren. Das bedeutet nicht, dass jeder Bericht eine echte oder unverfälschte Version einer speziellen Leichenverbrennung darstellt. Die Berichte von Personen, die offenbar zwei oder mehr Verbrennungen beobachtet hatten – vor allem Günsche – scheinen eine Verschmelzung von Ereignissen unterschiedlicher Verbrennungen zu sein.

Die Aussagen der Zeugen in sowjetischer Kriegsgefangenschaft

Der erste Augenzeuge, der über die Ereignisse berichtete, war Harry Mengershausen, einer von Hitlers persönlichen Leibwächtern (vom Reichsicherheitsdienst, RSD). Mengershausen wurde am 13. Mai 1945 von einem Team sowjetischer Beamter unter Leitung von Oberst Iwan Klimenko befragt. Sechs Tage später wurde er noch einmal von einem anderen Team unter General Alexandr Vadis vernommen. Die zweite Version kommt von Hitlers Flügeladjutant Otto Günsche, der am 17. Mai eine lange schriftliche Aussage ablegte. Der dritte Bericht stammt vom RSD -Leiter Hans Rattenhuber, der seine Aussage am 20. Mai in Moskau machte. Obwohl alle drei eine Verbrennung erwähnen, die am 30. April stattfand, gab Mengershausen die Zeit mit Mittag an, während Günsche und Rattenhuber von 15:00 Uhr oder 16:00 Uhr nachmittags sprachen.

Guensche Rattenhuber

Otto Günsche (l.), Hans Rattenhuber (r.)

Es gibt keinen Grund anzunehmen, Mengershausen hätte sich geirrt und die Verbrennung gegen 15:00 bzw. 16:00 Uhr gemeint. Mengershausen erwähnt wichtige Details, die weder von Günsche noch von Rattenhuber genannt werden. Vor allem behauptet er, das Gesicht des Mannes gesehen zu haben, was problematisch ist. Während Günsche und Rattenhuber beide aussagten, der Oberkörper des Mannes sei mit einem Tuch verhüllt gewesen – sodass man nichts bis auf die schwarze Hose, die Socken und die Schuhe sehen konnte –, erwähnte Mengershausen gar kein Tuch, sondern sagte:

„Als Hitler hinausgetragen wurde, konnte ich sein Profi l deutlich erkennen – seine Nase, sein Haar und seinen Schnurrbart.“ 10

Mengershausen beschrieb auch ausführlich Hitlers Kleidung. Hitler „[...] hatte eine schwarze Hose an, darunter hohe Stiefel und eine graugrüne Uniformjacke. Unter der Uniformjacke konnte ich ein weißes Hemd und eine Krawatte erkennen.“ Er beschrieb auch Evas Kleidung als „schwarzes Kleid mit mehreren rosafarbenen Stoffblüten auf der Brust“.11 Günsche und Rattenhuber hätten solch auffällige Details wie ein Dekolleté mit rosafarbenen Blüten wohl kaum übersehen. Deshalb haben sie vermutlich nicht die gleiche Verbrennung gesehen wie Mengershausen. Schließlich gab Mengershausen an, dass lediglich vier Personen beteiligt gewesen seien:

„Außer Günsche und Linge war niemand während der Verbrennung von Hitler und seiner Frau zugegen, und das Begräbnis wurde von zwei Männern aus Hitlers Leibwache durchgeführt.“ 12

Im Gegensatz dazu sprechen die drei Berichte über die 15:00 / 16:00-Uhr-Verbrennung von mehr Teilnehmern, darunter auch Bormann und Goebbels – wichtige Persönlichkeiten, die Mengershausen wohl kaum übersehen hätte, wenn sie anwesend gewesen wären.

Es wäre einfach, aber unfair, zu behaupten, Mengershausen hätte sich die Geschichte ausgedacht. Rattenhuber selbst bestätigte zudem, dass Mengershausen vor Ort war.13 Man kann daher davon ausgehen, dass beide, Mengershausen und Rattenhuber, am 30. April bei einer Verbrennung zugegen waren. Die plausibelste Schlussfolgerung ist, dass diese Verbrennung etwa gegen Mittag stattfand, so wie Mengershausen aussagte. Diese Verbrennung sollte man aber nicht mit einer weiteren verwechseln, die etwa gegen 15:00 Uhr oder 16:00 Uhr am gleichen Nachmittag stattfand.

Eine hilfreiche Information ist hierbei, dass Günsche und Rattenhuber sich erinnerten, dass Hitlers Chauffeur Erich Kempka anwesend war – der dies selbst bestätigte –, während Mengershausen ihn nicht erwähnte. Andererseits ist Rattenhuber der einzige Zeuge der späteren Verbrennung, der von Mengershausens Anwesenheit sprach. Doch das bedeutet nicht, dass Mengershausen tatsächlich dabei war. Meine Schlussfolgerung lautet daher: Rattenhuber war bei beiden Verbrennungen an jenem Tag dabei und vermischte bei seiner Aussage gegenüber den Sowjets Details von beiden Ereignissen miteinander.

Die Aussagen der Zeugen in britischer und amerikanischer Kriegsgefangenschaft

Die nächsten beiden Aussagen stammen von Erich Kempka und einem weiteren Mitglied des RSD, Hermann Karnau. Beide wurden am selben Tag, am 20. Juni 1945, von der Presse verbreitet. Ich habe lange darüber nachgedacht, was es zu bedeuten hat, dass die Briten und die Amerikaner exakt am gleichen Tag mit ihren angeblichen Zeugen an die Öffentlichkeit traten. Kempkas Bericht ist tatsächlich auf den 20. Juni 1945 datiert, sodass man davon ausgehen muss, dass nur wenig Zeit zwischen seiner Aussage und ihrer Veröffentlichung vergangen war.

Die wahrscheinlichste Ursache für die Eile – und für die Koordination zwischen den beiden westlichen Alliierten – ist die Veröffentlichung des Buchs „Das Ende. Meine Verhandlungen in Deutschland im Frühjahr 1945 und ihre politischen Folgen“ von Graf Folke Bernadotte.14 Dieses dünne Buch wurde am 15. Juni 1945 veröffentlicht – nur fünf Wochen, nachdem der Krieg in Europa geendet hatte – und zeichnet sich dadurch aus, dass es der erste Insiderbericht über die Schlussphase des Dritten Reichs ist. Es enthält einen Anhang, in dem Bernadotte die Geschichte von Hitlers Schicksal erzählt, so wie sie ihm von Heinrich Himmlers Nachrichtendienstchef, SS -Brigadeführer Walter Schellenberg, kurz nach dem Krieg in Stockholm berichtet wurde. Es kann keine authentischere Version der Ereignisse geben als diese, die nur wenige Wochen, nachdem Hitler gestorben war, freiwillig von einem der bestinformierten Männer des Reichs erzählt wurde. Auch wenn es natürlich stimmt, dass Bernadotte genau wie die Alliierten das Ziel hatte, eine „Legendenbildung um Hitler“ zu vermeiden, gibt es keinen Grund, warum er Schellenbergs Angaben aus diesem Grund falsch wiedergegeben haben sollte. Es gab nie einen zuverlässigeren „Insiderbericht“ über Hitlers Ende als den von Schellenberg, und es wird wohl auch nie einen geben.

Für die westlichen Nachrichtendienste bestand das Problem darin, dass Schellenberg Bernadotte erzählt hatte, Hitler sei ermordet worden. Schellenberg zufolge war Hitlers Gesundheitszustand Anfang April – nachdem Schellenberg erfahren hatte, dass Hitler an Parkinson litt – zu einem Diskussionsgegenstand zwischen Himmler, Bormann und ihm selbst geworden. Schellenberg behauptete, Himmler hätte sehr langsam und zögerlich die Notwendigkeit eingesehen, dass Hitler verschwinden müsse, da dessen immer irrationaleres Verhalten das Kriegsgeschehen beeinträchtige. Schellenberg erzählte Bernadotte, dass er davon überzeugt sei, man habe Hitler eine tödliche Injektion verpasst, vermutlich am 27. April. Er habe das Datum auf der Basis gewisser „Berechnungen“ bestimmt, womit er andeutete, dass er über Informationen verfügte, die ihn den genauen Tag errechnen ließen. Worin diese Informationen bestanden, sagte er jedoch nicht. Mit ziemlicher Sicherheit war es die Veröffentlichung von Bernadottes Buch, dessen Inhalt bereits am 16. Juni in der amerikanischen und kanadischen Presse zusammengefasst wurde, das die westlichen Alliierten – zu früh, wie wir noch sehen werden – dazu veranlasste, mit Geschichten von angeblichen Augenzeugen an die Öffentlichkeit zu gehen, obwohl Schellenberg ja gar nichts mit eigenen Augen gesehen hatte.15

Der Beweis für die Überstürztheit, mit der die westlichen Alliierten auf die Behauptung reagierten, Hitler sei ermordet worden, liegt in der Diskrepanz zwischen den beiden Aussagen, die man hätte abgleichen müssen, bevor man sich an die Presse wandte. Während Kempka aussagte, es habe am 30. April um etwa 15:00 Uhr eine Verbrennung gegeben, behauptete Karnau, das Ereignis habe erst am 1. Mai stattgefunden.

Nazis

Erich Kempka sagte am 20. Juni 1945 in Berchtesgaden vor dem amerikanischen Vernehmungsbeamten George R. Allen aus, dem Spionageabwehragenten der 101. Luftlandedivision.16 Damit erhielten die Amerikaner ihren ersten Augenzeugenbericht aller Ereignisse, die mit dem Tod des Führers in Zusammenhang standen. Kempka erklärte, dass SS -Sturmbannführer Günsche ihn am 30. April – obwohl er „nicht ganz sicher“ sei, dass dies das richtige Datum war – um genau 14:30 Uhr in der Garage der Reichskanzlei angerufen und gebeten habe, fünf Kanister Benzin zum Bunker zu bringen. Dort erzählte ihm Günsche, Hitler sei tot und er habe den Befehl, seinen Leichnam zu verbrennen, „damit er nicht in Russland im Panoptikum zur Schau gestellt wird“. Dann habe Kempka geholfen, die Leichen zu transportieren. Während Linge und ein Mann, den er nicht kannte, den Leichnam von Adolf Hitler getragen hätten, habe er Eva getragen.

Kempka ging allerdings einfach davon aus, dass der Leichnam, den Linge trug, der von Adolf Hitler gewesen sei, denn er bemerkte „[...] die lange schwarze Hose und die schwarzen Schuhe, die der Führer normalerweise trug, mit seiner feldgrauen Uniformjacke“. Beide Leichen wurden „in etwa vier bis fünf Meter Abstand vom Bunker-Ausgang“ in den Garten der Reichskanzlei gebracht und dort verbrannt:

„[...] SS-Sturmbannführer Günsche goss den gesamten Inhalt der fünf Kanister über die zwei Leichen und zündete sie an. Reichsleiter Martin Bormann, Reichsminister Dr. Goebbels, SS-Sturmbannführer Günsche, SS-Sturmbannführer Linge, der unbekannte Mann und ich standen im Bunkereingang, sahen auf das Feuer und salutierten.“ 17

Die Aussage des fünften Augenzeugen, Hermann Karnau, ist interessant, weil er der einzige publizierte Augenzeuge der angeblichen Verbrennung von Adolf und Eva Hitler ist, der in die Hände der Briten fiel. Wie Kempka entkam Karnau aus Berlin, doch als er Mitte Mai seine von den Briten besetzte Heimatstadt Wilhelmshaven erreichte, lieferte er sich den Kanadiern aus. Nachdem er von dem britischen Geheimdienstagenten Captain K. W. E. Leslie befragt worden war, erzählte Karnau seine Version der Ereignisse einer Gruppe von Journalisten, zu denen unter anderem Walter Kerr von Reuters und Daniel De Luce von Associated Press gehörten. Leslie sagte den Reportern:

„Ich bin sicher, dass Karnaus Bericht über Hitlers Tod der Wahrheit entspricht. Ich habe viele deutsche  Kriegsgefangene befragt und ich würde diesen Mann einen zuverlässigen Zeugen nennen.“ 18

Unglücklicherweise stimmte Karnaus Aussage in zwei wesentlichen Punkten nicht mit der von Kempka überein. Erstens war Karnau angeblich sicher, dass eine der Leichen die von Hitler war. Er erzählte den Journalisten, dass er Hitler „an seiner braunen Uniform und an seinem Gesicht“ 19, vor allem aber an seinem Schnurrbart erkannt habe.20 Zweitens behauptete Karnau, die Verbrennung habe am 1. Mai um 18:30 Uhr stattgefunden.

Karnaus Bericht ist so detailliert, dass man nicht davon ausgehen kann, dass er sich im Datum oder in der Uhrzeit geirrt haben kann. Karnau behauptet, Hitler am Morgen des 1. Mai quicklebendig und in seinem Lieblingsrohrstuhl sitzend gesehen zu haben, als er zum Frühstück ging. Er erinnerte sich zudem an vier Männer, die an diesem Morgen Benzinkanister „für die Klimaanlage“ gebracht hätten. Da er gewusst habe, dass die Klimaanlage des Bunkers mit Diesel arbeitete, habe er den Männern zunächst den Zugang verwehrt. Erst als Linge sich einschaltete, habe er sie hereingelassen.21 Karnau, der Hitler zuletzt gegen 16:00 Uhr lebend sah, war überzeugt, dass dieser wenig später von einem seiner Ärzte, Dr. Ludwig Stumpfegger, vergiftet und gegen 18:30 Uhr am gleichen Tag verbrannt wurde.

Daraus sollte nicht geschlossen werden, dass Karnau lediglich im Datum irrte. Am 7. Mai wurde Dr. Helmut Kunz von den Sowjets befragt – der Arzt, der seit dem 23. April 1945 in der zahnärztlichen Praxis der Reichskanzlei arbeitete. Seine Angaben kann man nicht einfach abtun, denn es war die allererste Aussage eines Überlebenden aus dem Führerbunker – was bedeutet, dass sie am wenigsten durch andere Aussagen beeinflusst ist. In gewissem Sinn ist es auch die zuverlässigste, weil die Ereignisse damals erst eine Woche zurücklagen.

Dr. Kunz bestätigte explizit, dass er Eva Hitler am Abend des 30. April mindestens zwei Mal gesehen habe. Er erzählte seinen russischen Vernehmungsbeamten, er habe gesehen, wie Eva an jenem Abend mit Goebbels Kindern spielte. Später, zwischen 22:00 Uhr und 23:00 Uhr tranken er, Professor Werner Haase und zwei von Hitlers Sekretären gemeinsam mit ihr Kaffee. Bei diesem Treffen sagte Eva zu Dr. Kunz, dass Hitler noch nicht tot sei, jedoch „sterben würde, sobald er die Bestätigung erhalten habe, dass sein Testament die Person erreicht habe, zu der es geschickt wurde“.22 Es ist kaum vorstellbar, dass Dr. Kunz sich im Datum geirrt, Eva Hitler unter diesen Umständen mit einer anderen Frau verwechselt hat oder Eva nicht gewusst haben soll, dass Hitler bereits tot war. Vor allem da Hitlers Testament nie die Person(en) erreichte, für die es vorgesehen war, ist es nur plausibel, dass Hitler seinen Tod bis zum letzten Augenblick hinauszögerte, und das wäre der Zeitpunkt am 1. Mai um etwa 18:30 Uhr.

Merkwürdig ist die Reaktion, die Karnaus Geschichte bei Kempka auslöste. Am 4. Juli machte Kempka eine zweite Aussage, bei der er behauptete, Karnau könne Hitlers Schnurrbart gar nicht gesehen haben, weil „Hitlers Oberkörper vollständig von einem Tuch bedeckt war“.23 Deshalb müsse Karnau „andere Verbrennungen“ gesehen haben. Er wollte wohl andeuten, dass Karnau die Verbrennung anderer Personen für die von Adolf und Eva Hitler gehalten habe. Da jedoch Karnau – und nicht Kempka – Hitlers Gesicht gesehen hatte, liegt es näher, dass Kempka derjenige war, der „andere Verbrennungen“ beobachtet hatte.

Kempka sagte zudem aus, er sei nun sicher, dass Hitler am 30. April 1945 verbrannt worden sei. Er fügte hinzu, dass der Wind Evas Kleid hochgeweht habe, sodass man ihre Strumpfhalter sehen konnte. Hier wird die Aussage von Dr. Kunz entscheidend. Eva Hitler kann nicht am 30. April verbrannt worden sein, wenn Dr. Kunz am selben Abend noch mit ihr sprach. Zudem erzählte sie Dr. Kunz bei der Gelegenheit, dass Hitler noch am Leben sei. Wenn Kempka also am 30. April eine Verbrennung gesehen hat, dann bestimmt nicht die von Adolf und Eva Hitler.

Offenbar hat es nie einen ernsthaften Versuch gegeben, den Diskrepanzen zwischen Kempkas und Karnaus Berichten auf den Grund zu gehen, zum Beispiel indem man die beiden Männer miteinander konfrontiert hätte.

In ihrem Buch „Who Killed Hitler?“ von 1947 kritisieren Herbert Moore und James W. Barrett die Arbeit von Trevor-Roper, der in „Hitlers letzte Tage“ Karnaus Aussage „herunterspiele“ und sich ganz auf die von Kempka konzentriere.24 In ihrer Buchrezension zu „Who killed Hitler?“ in der Oakland Tribune schrieb Nancy Barr Mavity, Kempkas und Karnaus Berichte unterschieden sich „im Detail, wie Augenzeugenberichte über ein komplexes Ereignis das gewöhnlich tun“.25 Wie man eine einzelne Handlung – das Verbrennen zweier Körper – als „komplexes Ereignis“ bezeichnen kann, ist schwer nachvollziehbar. Ihre Stellungnahme zeigt auf jeden Fall, dass es für alle, die Kempkas Version glauben möchten, nur die Möglichkeit gibt, die Diskrepanzen zwischen seiner Aussage und denen der anderen Zeugen schönzureden oder einfach zu ignorieren.

Die dritte Aussage, die RSD -Mitglied Erich Mansfeld am 30. Juli 1945 vor amerikanischen Vernehmungsbeamten machte und laut der am 26. oder 27. April eine Verbrennung stattfand, beweist zweifelsfrei, dass es mehrere Verbrennungen gegeben hat und sich zumindest einige der Augenzeugen geirrt haben müssen, als sie glaubten, der Verbrennung von Adolf Hitler beizuwohnen. Die erste dieser Verbrennungen wurde von Mansfeld beobachtet, während er am Nachmittag des 27. April Wachdienst hatte. Am Ende des Berichts heißt es:

„Der Befragte sagte, es sei möglich, dass diese Ereignisse am 26. und nicht am 27. stattfanden, doch er ist sicher, dass es nicht nach dem 27. April geschah.“ 26 [meine Hervorhebung]

Die sechs frühesten Augenzeugenberichte – genau genommen die einzigen zuverlässigen Berichte, die es gibt – legen nahe, dass zwischen dem 26. oder 27. April und dem 1. Mai im Garten der Reichskanzlei mindestens vier Leichenverbrennungen stattfanden, von denen Beobachter glaubten, es handle sich um die Verbrennung der sterblichen Überreste von Adolf und Eva Hitler. In allen Fällen trug die männliche Leiche eine Hose von Hitler. Ebenso befand sich in allen Fällen neben der männlichen Leiche eine weibliche, die Eva Hitler ähnlich sah.

Es ist offensichtlich, dass viele Personen, die glaubten, der Verbrennung von Hitler und Eva beigewohnt zu haben, in Wirklichkeit Zeugen der Verbrennung anderer Leichen wurden – dass sie mit anderen Worten bewusst getäuscht wurden und glauben sollten, es handle sich um Adolf und Eva Hitler. Niemand konnte daher eindeutig sagen, ob er der Verbrennung des echten Adolf Hitler zugesehen hatte oder der eines anderen. Einer von den zwei „Hitlern“, deren Gesicht zu sehen war, muss jedoch Hitlers Doppelgänger gewesen sein, dessen Leiche am 4. Mai von den Sowjets gefunden wurde.27

Doppelgaenger

Hitler-Doppelgänger

„Wir wissen nichts“

Fest steht, man kann nicht einfach davon ausgehen, dass Berichte von Verbrennungen, die an verschiedenen Tagen stattfanden, sich alle auf das gleiche Ereignis beziehen. Das wirft die Frage auf, ob überhaupt der echte Adolf Hitler bei einer dieser Gelegenheiten verbrannt wurde. Diese Frage kann eindeutig verneint werden.

Während seiner mehrjährigen Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion, in Strausberg und Posen hatte der Wehrmachtsarzt Generalmajor Walter Schreiber die Gelegenheit, mit vier Personen zu sprechen, die sich alle im Bunker aufhielten, bis Berlin in sowjetische Hände fiel. Während er es nicht schaffte, vom „arroganten“ Wilhelm Mohnke28 irgendetwas über Hitlers Schicksal herauszufinden, erzählte ihm Hitlers Pilot Hans Baur nur, dass er diesen nie tot gesehen habe. Heinz Linge und Otto Günsche waren gesprächiger. Linge berichtete, dass er „Hitler nicht gesehen“ habe und dass er gegen Ende bemerkt habe, wie „zwei in ein Tuch gehüllte Leichen aus dem Bunker getragen wurden“.

Linge sagte weiter, dass er damals geglaubt habe, es handle sich um Hitler und seine Frau, doch das habe man ihm erst später bestätigt. Dieses Eingeständnis ist erstaunlich, denn Linge ist die Person, von der alle Augenzeugen behaupten, sie habe Hitlers Leiche die Treppe hinauf in den Garten getragen. Günsche, mit dem Schreiber kurz nach Kriegsende sprach, erzählte sogar noch mehr. Ebenso wie Linge gab er zu, nie Hitlers Leiche gesehen zu haben. Enigmatisch fügte er hinzu:

„Diese Dinge wurden ohne uns erledigt.“ 29

Diese Aussagen wurden von General Helmuth Weidling bestätigt, der den Sowjets am 4. Januar 1946 mitteilte:

„Nachdem ich gefangen genommen worden war, sprach ich mit SS-Gruppenführer Rattenhuber und SS-Sturmbannführer Günsche, und beide sagten, sie wüssten nichts Genaues über Hitlers Tod.“ 30

Auf Grundlage von Schreibers und Weidlings Enthüllungen kann man mit relativer Sicherheit davon ausgehen, dass weder Günsche und Linge – die beiden Fundamente der Legende von Hitlers Selbstmord – noch Mohnke und Rattenhuber irgendetwas mit Hitlers Tod zu tun hatten oder etwas darüber wussten. Man kann zu Recht vermuten, dass niemand, der wirklich wusste, was mit Hitler geschah, jemals öffentlich darüber sprach. Aus Hitlers engstem Kreis in Berlin wusste niemand, was aus ihm geworden war, und die Geschichten, die nach 1945 (im Fall von Kempka und Karnau) und nach 1955 (im Fall von Linge und Günsche) öffentlich verbreitet wurden, waren gelogen. Die betreffenden Personen wollten sich entweder ihren Platz in der Geschichte sichern oder, was wahrscheinlicher ist, sie wurden von den Mächten, die sie gefangen hielten, unter Druck gesetzt, so auszusagen, dass die Selbstmordversion damit gestützt wurde. Möglicherweise wurden Linge und Günsche 1955 aus sowjetischer Gefangenschaft nur unter der Bedingung freigelassen, dass sie entsprechende Aussagen machten.

Fortsetzung im nächsten Heft.

Endnoten

  1. Vinogradov, V. K. et al. (Hrsg.): Hitler’s Death: Russia’s Last Great Secret from the Files of the KGB. Chaucer Press, London, 2005; Vorwort von Andrew Roberts, S. 11
  2. Thomas, Hugh: The Murder of Adolf Hitler: Truth about the Bodies in the Berlin Bunker. St Martin’s Press, New York,
    1996
  3. „Hitler’s Final Enigma Solved“ in The Sunday Times, Großbritannien, 24.10.1999: „Obwohl man ihm nicht gestattete, sich die Knochen anzusehen, analysierte Perrier russische Archivunterlagen und Photos, die ihm dabei halfen, die Überreste zu identifizieren.“; www.fpp.co.uk/Hitler/docs/death/CorpseID.html
  4. w w w. m u s e u m o f h o a x e s . c o m / h o a x / H o a x i p e d i a /Piltdown_Man
  5. Marchetti, D. et al.: „The death of Adolf Hitler – forensic aspects“ in Journal of Forensic Sciences, September 2005; 50(5), Auszug unter http://journalsip.astm.org/JOURNALS/FORENSIC/PAGES/5060.htm
  6. Dr. Mark Benecke, forensischer Kriminologe, der mit der deutschen Polizei zusammenarbeitet, behauptet, ein Mitarbeiter des russischen Staatsarchivs habe ihm zu seiner Überraschung 2002 die Schädelfragmente gezeigt. Er nahm jedoch keine Probe für eine DNS-Analyse. Laut Benecke habe das daran gelegen, dass er zu dem Zeitpunkt keinen sterilen Bohrer bei sich gehabt hätte. Dies ist vermutlich eine der einfallsreicheren Vertuschungsgeschichten unserer Zeit, denn wenn Dr. Benecke vorher gewusst hätte, dass man ihm die Schädelfragmente zeigt, dann hätte er keine Erklärung dafür liefern können, dass er keine Probe für einen DNS-Test entnommen hat. www.benecke.com/images/hitler_express.jpg
  7. Vinograd (Hrsg.): Hitler’s Death. S. 210-1
  8. Trevor-Roper, Hugh R.: The Last Days of Hitler. New York, 1947; deutsch: Hitlers letzte Tage. 1948
  9. Ebd., S. 202. Der Bericht über die Befragung Mansfelds in Bremen kann im Internet eingesehen werden unter www.tbrnews.org/Archives/a039.htm
  10. Vinograd (Hrsg.): Hitler’s Death. S. 72
  11. Ebd., S. 72
  12. Ebd., S. 79
  13. Ebd., S. 196
  14. Bernadotte, Graf Folke: „Slutet. Mina humanitära förhandlingar i Tyskland våren 1945 och deras politiska följder“ (Das Ende. Meine Verhandlungen in Deutschland im Frühjahr 1945 und ihre politischen Folgen), Norstedts, Stockholm, 1945
  15. Zum Beispiel New Castle News, 16.06.1945, und Lethbridge Herald, 16.06.1945
  16. Hansen, Horace R.: Witness to Barbarism. Thousand Pinetree Press, St. Paul, MN, 2002, S. X;  www1.umn.edu/humanrts/edu-mat/witness/wtb_fi rst.pdf
  17. www.nizkor.org/ftp.cgi/imt/nca/nca-06/nca-06-3735-ps (Dokument 3735-PS)
  18. Vinograd (Hrsg.): Hitler’s Death. S. 283-5, „Report on the Evidence of Hitler’s Death“, ITAR-TASS, 21.06.1945
  19. Ebd., S. 283-4
  20. De Luce, Daniel: „Saw Bodies of Hitler, Braun Burn, Says Guard“ in Globe & Mail, 21.06.1945,  http://collections.civilisations.ca/warclip/objects/common/webmedia.php?im=5091401
  21. Ebd.
  22. Vinograd (Hrsg.): Hitler’s Death. S. 61-2. Die Aufzeichungen zu Dr. Haases Befragung sowie die anderer Überlebender aus dem Bunker bestätigen, dass Dr. Kunz in dem Zeitraum im Bunker war, als diese Ereignisse stattfanden. Unglücklicherweise enthalten die Aufzeichnungen über Dr. Haases Befragung, die in „Hitler’s Death“ (S. 82-6) veröffentlicht sind, keine Informationen, was Adolf oder Eva Hitler angeht.
  23. nizkor.org/ftp.cgi/imt/nca/nca-06/nca-06-3735-ps
  24. Moore, Herbert und Barrett, James W.: Who killed Hitler? The Complete Story of How Death Came to Der Fuehrer and Eva Braun. The Booktab Press, New York, 1947
  25. Oakland Tribune, 07.09.1947, S. C-3
  26. www.tbrnews.org/Archives/a039.htm
  27. Vinograd (Hrsg.): Hitler’s Death. S. 24
  28. In einem Bericht für die sowjetischen Behörden vom 18.05.1945 schrieb Mohnke jedoch: „Ich persönlich habe den Leichnam des Führers nicht gesehen und ich weiß nicht, was damit geschah.“; Ebd., S. 178
  29. „Persons Who Should Know Are Not Certain Hitler Died in Berlin Bunker“ in Press-Telegram, Long Beach, Kalifornien, 10.01.1949, S. B-12. Ich gehe davon aus, dass sich das Wort „uns“ auf Hitlers persönliche Bedienstete bezieht.
  30. Vinograd (Hrsg.): Hitler’s Death. S. 238

Kommentare

Kommentar von Richtigstellung von Dogmen (30. März 2016, 14:19 Uhr)

Was schreibt Ihr hier für einen Unsinn.

"Als der grauenvolle Krieg auf sein Ende zusteuerte, wollten Churchill und die britische Regierung dafür sorgen, dass die Geschichte sich nie wiederholen würde"

Hitler wurde benutzt und gehörte mit zur Agenda eines von den Aschkenasim Khasaren-Juden lange vorher ausgehegten Planes, siehe Albert Pike.

Wenn Ihr hier Euren Müll schon ablasst recherchiert die Geschichte erst einmal richtig.
Churchill und Konsorten, die USA und Stalin wollten den Krieg gegen Deutschland, das hat er selber an englische Parlamentarier in einem Brief geschrieben. Übrigens, auch Stalin war Freimaurer und die Aschkenasim Khasaren-Juden sitzen heute immer noch wie früher in der russischen und amerikanischen Regierung. Hitler und seine Regierung hatten viele Versuche mit England und Polen unternommen den Krieg zu verhindern. Auch hatte Hitler dem Volk die Häuser zurück gegeben welche die Aschkenasim Khasaren-Juden dem Volk vorher gestohlen hatten. Der Krieg gegen Deutschland war lange vorher vorbereitet mit einer bis zu 6 bis 12-fachen militärischen Übermacht. Wie kann man nur so verbohrt sein und die echten Reden Hitlers nicht begreifen und die realen Zusammenhänge so falsch schlußfolgern. Wenn Sie das nach so vielen Jahrzehnten Revisionismus immer noch nicht begriffen haben sagt das viel über Ihr Auffassungsvermögen aus. Deutschland "mußte" Russland mit Krieg zuvorkommen. Hitler wußte das Stalin mit Unterstützung der Rothschild's, den USA und England's Deutschland angreifen wollte. Außerdem wurden die Deutschen in Danzig und anderen ehemaligen Reichsgebieten (gestohlenes Land durch die Versailer Diktate) v-o-r dem Krieg verfolgt, gemordet und vertrieben. Wie gesagt davor, nicht im Krieg.
Weiterhin denken Sie mal über den Begriff NAZI nach. Was heißt das wohl. N-A-tional-Z-I-onIst. Endlich Kapiert? Also nicht in Deutschland waren Nazis, sondern die Aschkenasim Khasaren-Juden sind NAZI's.

Nationalsozialist müßte also NASO heißen, nicht NAZI. Nicht Hitler wollte andere Völker vernichten sondern das Sklaven-, Alkohol-, Waffen- und Drogen handelne und Völkermordendende degenerierte Aschkenasim Khasaren-Juden Pack, wie die es schon seit Jahrtausenden tun und für fast alle Kriege und Genozide auf der Welt verantwortlich sind. Geht das endlich mal in den gehirngewaschenen Kopf rein.


Kommentar von Thomas Kirschner (31. März 2016, 10:32 Uhr)

An unseren "Kritiker": Du verkennst unsere redaktionelle Funktion, Mann. Der "Blödsinn" den "wir" da schreiben, stammt aus der Feder des Autors, den wir übrigens selber gar nicht kennen, und für den als Nicht-Deutschen sieht die Geschichte halt anders aus.

Grundsätzlich ist es nicht so, dass wir in der Redaktion hier jeden Artikel selber schreiben und damit unsere eigene Meinung ausdrücken. Das wäre doch viel zu langweilig. Vielmehr übersetzen und publizieren wir im Wesentlichen Artikel aus aller Welt, die wir im Kern für interessant halten, auch wenn manche Details bzw. Aussagen nicht unbedingt unsere eigene Meinung widerspiegeln müssen.


Kommentar von Richtigstellung von Dogmen (06. April 2016, 12:21 Uhr)

Vielen Dank für die Anwort auf mein Kommentar,

man sieht wie die Provaganda der Aschkenasim Khasaren-Juden und Geschichtsfälschung perfekt funktioniert. Schade das bei dem Konzept von Portalen wie das Ihre jeder, oder fast jeder, irgend etwas reinschreiben kann ohne das es wahrscheinlich möglich dieses kostendeckend zu überprüfen zu können. Eigentlich wollte ich hier keine Bemerkungen machen. Aber manchmal geht mir die Hutschnur hoch, da unser eigentlicher Feind die Illuminatenblutlinien, Jesuitenorden und die Dummheit Volksmassen sind, die sich immer wieder gegeneinander aufhetzen lassen, sind. Vor allem das immer wieder mit der gleichen Leier die alten falschen Dogmen bedient werden. Vor allem wenn die eigentlichen Verbrecher in der Weltgeschichte verharmlost werden. Das die alle miteinander verwandten Herrscherfamilien dieses perfide Spiel schon sein Jahrtausenden treiben, sagt viel über die Verdummung des Volkes aus, leider. So langsam sehe ich nicht mehr das sich das noch irgendwie in eine positive Richtung ändern wird.

Trotzdem Ihr Portal ist echt gut und informativ, zu mindest aus meiner Sicht.


Kommentar von Zaungast (28. Januar 2017, 12:05 Uhr)

„Er ist wieder da“ - da hatte also wohl das Buch doch recht?
Ansonsten: Nix Genaues weiß man nicht.

Der Artikel sollte ein Drei-Teiler werden. Von diesem, dem 1. Teil, sollen die unter dem Titel „Weitere Teile“ (=in der rechten Spalte, oben) Links auf die Teile 2 und 3 gesetzt sein. Es gibt diese Links aber nicht, nur auf den 1. Teil - und bei dem befinden wir uns ja schon.

Schade. 10 Monate nach Veröffentlichung des 1. Teils werden wir von Giordan Smith also vermutlich nie erfahren, wer warum Hitlers Tod erfand. Aber wollen und müssen wir das wirklich so genau wissen?

Beschränken wir uns also fürs erste mal mit den Darstellungs- und Denkfehlern im vorhandenen Artikel-Drittel:

1.
Die Todesumstände mögen unvollständig oder falsch überliefert worden sein. Aber ob nur die Todesumstände erfunden wurden oder der Tod an sich, macht schon einen kleinen Unterschied. Will G. Smith bestreiten, dass der Führer in seinem Bunker und zeitnah zum 30.4.45 gestorben ist? Will er also sagen, Hiter habe den Krieg überlebt? Falls ja, in einem Geheimkerker der Alliierten oder inkognito in Freiheit bei guten Freunden? Und dann sollte er doch bitte darüber etwas liefern statt endlos unklare und unwichtige Bunker-Szenarien zu schildern.

2.
Wieso sollten die Alliierten ein Interesse daran gehabt haben, den Deutschen Hitler aus den Herzen zu vertreiben, indem sie ihn (angeblich wahrheitswidrig) als Selbstmörder darstellen?
Hätten sie es nicht viel eher genossen, ihm (und uns Deutschen) in Nürnberg seine Hassreden und Vernichtungsphantasien vor Augen zu halten und mit Bildern seiner Opfer (insbesondere die in den KZ) zu garnieren? Das Anschauen-Müssen der Opfer war eine beliebte Umerziehungsmaßnahme der Alliierten fürs einfache deutsche Volk - da hätten doch Vergleichsbilder zusätzlich Eindruck gemacht, auf denen man gleich neben dem geifernden Gröfaz einen stummen Handschellen-Hitler betrachten kann?

3.
Es ist richtig, dass Himmler mit dem Gedanken spielte, sich gegen Hitler zu stellen. Es ging ihm (Anfang 1945!) aber nicht darum, das Kriegsglück wieder zu Gunsten der Deutschen zu wenden, indem er den irrational gewordenen obersten Führer beseitigte. Es ging ihm vielmehr um sein ganz persönliches Glück: Er hoffte, nach dem bereits absehbaren Sieg der Allierten von diesen als eine Art Widerstandskämpfer behandelt zu werden und vielleicht sogar als Statthalter eingesetzt zu werden. Daher hat er seine eigenen Leute bis zuletzt weiter in den Kampf und in den Tod geschickt, während er noch vor Hitlers Tod und der Kapitulation heimlich Fühler zu den Allierten ausstreckte.
Obwohl er höchstpersönlich jahrelang Hitlers blutige rechte Hand in den KZs war, musste er erst selber desertieren und von den Allierten verhaftet werden, um einzusehen, dass er weder zum Hoffnungsträger der Allierten werden würde noch zu einem zweiten Stauffenberg. Da biss er in die versteckte Gift-Kapsel.

4.
Himmler starb wie Goebbels und Göring und viele andere durch eigene Hand. Zumindest bei Himmler, der es ja auf eine Verhaftung durch die Alliierten ankommen ließ, gab es demnach keine Befürchtung, die eigene Leiche würde von den Alliierten zur Schau gestellt werden.
Man darf getrost davon ausgehen, dass ihm und den anderen und vor allem auch dem zur Selbstkritik absolut unfähigen Adolf Hitler die Behandlung als weiter lebendenr Verbrecher das eigentlich lästige war. Wobei sie sich im eigenen Sprachgebrauch nicht als Verbrecher, sondern als erniedrigte Herrenmenschen gesehen hätten.

5.
Kaum ein Deutscher dürfte sich von den Nazi-Oberen und deren Ideologie alleine deshalb getrennt haben, weil sie als Selbstmörder dargestellt werden bzw. es sind. Die Mehrheit hatte genug eigene Sorgen und keinen Grund, weiter die Führer anzuhimmeln, die sie in den Abgrund geführt haben. Eine MInderheit hielt die Treue und hatte ebenfalls kein Problem mit den Suiziden - und nicht einmal mit Hitlers verbitterter Verurteilung des deuschen „Versager-Volkes“, das sich sowohl seines Führers unwürdig erwiesen habe als auch seine Weiterexistenz als Volk verwirkt habe.

Fazit:
Wie genau Hitler starb, ist zwar interessant, aber geschichtlich nicht sonderlich wichtig. Dass er keinen Suizid habe begehen wollen, ist nicht glaubhaft; die Alliierten wollten ihm jedenfalls bestimmt keinen Suizid andichten. Wer wo echte Knochen von ihm hat, ist nur für Archäologen interessant.