Die hohe Kunst der Plünderung

Wie einl ußreiche britische, europäische und US-amerikanische Familien und Konzerne, die mit Hitler vor dem Krieg Handel trieben, auch vom Fall Berlins profitieren und die Schätze der Nazis nicht den alliierten Regierungen in die Hände fallen lassen wollten.

Die Brücke von Arnheim

Nachdem wir diese verschlungenen Pfade ausgiebig erkundet haben, lassen Sie uns nun kurz zu Montgomerys gewagter „Operation Market Garden“ zurückkehren – dem gebilligten Plan, der vorsah, fünf niederländische Brücken, über die die Alliierten mitten ins Herz von Deutschland vorstoßen wollten, einzunehmen und zu halten.

Wer den hervorragenden Film auf der Grundlage von Cornelius Ryans Buch „Die Brücke von Arnheim“ gesehen hat, wird sich an den verbissenen Mut der Soldaten vom 3. Bataillon der 82. US-Luftlandedivision unter dem Kommando von Major Julian Cook erinnern, die in schwerfälligen Booten und unter dem tödlichen Kugelhagel der Deutschen über den Fluß Waal ruderten und die schwer umkämpfte, aber strategisch wichtige Brücke wenige Kilometer südlich von Arnheim verteidigten, über die die Straße nach Nimwegen führte.

Dies war der letzte verzweifelte Versuch, die stark aufgeriebenen britischen Luftlandetruppen unter Oberst John Frost bei Arnheim zu entlasten. Unter schweren Verlusten gelang es dem 3. Bataillon schließlich, die Brücke nach Nimwegen einzunehmen und zu halten. Doch anstatt nun mit den Panzern nordwärts nach Arnheim vorzurücken, um Oberst Frost zur Seite zu stehen und den Erfolg von Montgomerys waghalsigem Plan sicherzustellen, teilte ein Oberst der Grenadier Guards, einem britischen Infanterieregiment, der die Brücke erreichte, seinen amerikanischen Kollegen mit: „Wir rücken nachts nicht vor.“32 Ein wütender Oberst Tucker, der das 504. Fallschirmjägerregiment der Amerikaner befehligte, das die Brücke gesichert hatte, warf hitzig ein, man dürfe keine Zeit verlieren, da die Deutschen ihre Truppen sammeln würden und die Briten die Chance nutzen müßten, um zu Oberst Frost bei Arnheim zu stoßen. Doch der britische Major blieb solchen Argumenten gegenüber stur: „Nun, wir können nachts aber nicht vorrücken.“ Dann fügte er hinzu: „Wir brechen morgen früh auf.“33 Wie zu erwarten, wimmelte das gesamte Gebiet am nächsten Morgen von der deutschen Verstärkung.

Cornelius Ryan nennt den Major der britischen Guards nicht namentlich – eine Auslassung, die ins Auge fällt. Zudem tauchen in seinem Ablauf des Geschehens einige Ungereimtheiten auf.

Eine britische Dokumentationsreihe mit dem Titel „Battlefields“ [Schlachtfelder], die die BBC kürzlich ausstrahlte und durch die der Historiker Professor Richard Holmes führte, widmete eine Folge der „Schlacht um Arnheim“. Die Macher der Dokumentation interviewten vor laufender Kamera Moffatt Burriss, der die I-Kompanie des 504. Regiments befehligt hatte und dabei gewesen war, als der britische General Horrocks Oberst Tucker fragte, ob er tatsächlich vorhabe, die hart umkämpfte Brücke vom Waal aus in einem Sturmangriff zu nehmen. Laut Burriss sagte General Horrocks: „Das ist ein unglaubliches Vorhaben. Meint ihr Jungs wirklich, ihr schafft das?“ „Werden Ihre Panzer zum Abmarsch bereitstehen, General, sobald wir die Brücke genommen haben?“, soll Tucker gefragt haben. „Meine Panzer werden in voller Stärke bereitstehen, um entschlossen nach Arnheim vorzurücken, und nichts wird sie aufhalten“, entgegnete Horrocks daraufhin.34

Als die Brücke eingenommen war, war es Hauptmann Burriss, der die ersten Panzer auf der anderen Seite begrüßte. Er war erstaunt, als sie anhielten. Er fragte den Feldwebel, der die ersten drei Panzer befehligte – die bald von einem vierten unter dem Kommando eines Majors der Guards eingeholt wurden –, warum sie hielten. Dieser sagte ihm, voraus befinde sich ein deutsches Panzerabwehrgeschütz und „wenn ich weiterfahre, ist mein Panzer erledigt“.

Daraufhin sagte Burriss: „Wir werden uns das Geschütz gemeinsam holen.“ Der Feldwebel aber lehnte das Angebot mit den Worten ab: „Nein, das geht nicht. Ich habe keinen derartigen Befehl erhalten.“35 Das stand in krassem Widerspruch zu dem, was General Horrocks beabsichtigt und Oberst Tucker gegenüber unmißverständlich versprochen hatte.

Aus dem offiziellen Kriegstagebuch der Grenadier Guards geht hervor, daß die Brücke bei Nimwegen lediglich „dichtgemacht“ worden sei.

Auch der Major der Grenadier Guards kam in der BBC-Dokumentation zu Wort. „Ein Vordringen wäre schwierig gewesen“, wandte er ein. Burriss sah das anders. Er sagte, er habe sich „betrogen gefühlt“. Seine Männer hätten die Brücke unter enormen Verlusten eingenommen, hätten sich Maschinengewehrfeuer und 20-mm-Geschützen ausgesetzt, nur damit die Briten schließlich „vor einer Kanone zurückschreckten, obwohl sie über ein gesamtes Panzerkorps verfügten“.

Es stand praktisch nichts mehr zwischen den Guards und Arnheim. Das Nordende der Brücke hielten noch immer die britischen Fallschirmeinheiten. Oberst Frost war verwundet worden, und so kämpften die Soldaten unter Major Tony Hibbert von der 1. Fallschirmjäger-Brigade weiter, der nach Frost der ranghöchste Kommandeur war.  In der Ferne konnte er die Panzer der Guards schon hören, doch sie kamen nicht näher. In dem BBC-Interview meinte Hibbert verdrossen, wenn nicht gar verbittert, daß der „Market Garden“-Plan „hätte funktionieren können und müssen“, und grimmig setzte er hinzu, daß die Panzer unter dem Major der Grenadier Guards „schon über die Brücke waren, als wir überrannt wurden“.

Die Verlorenen

Daß die Grenadier Guards unter königlicher Schirmherrschaft stehen, kann man daran erkennen, das der regierende britische Monarch für gewöhnlich zum Ehrenoberst über das Regiment ernannt wird. Die Grenadier Guards sind eines von fünf britischen Regimentern, die die Ehre haben, auf der offiziellen Geburtstagsfeier des Monarchen oder der Monarchin die „Farben“, die königliche Flagge, in einer Fahnenparade vorzuführen. Diese Zeremonie stammt noch aus der Zeit, als das Regiment noch die „Gardetruppe“ für die königliche Familie und ihre Paläste bereitstellte.

Die Grenadier Guards sind auch eines der Regimenter, die die Ehre haben, den Monarchen zu schützen. Alle Guards schwören dem Monarchen als Oberhaupt der britischen Streitkräfte die Treue. Es ist überaus bedeutsam, daß dieser Treueid dem herrschenden britischen Monarchen und nicht dem Parlament geleistet wird. Interessanterweise besuchte die heutige Monarchin, Königin Elizabeth II., im Rahmen ihres ersten öffentlichen Auftritts an ihren sechzehnten Geburtstag die Grenadier Guards.

Der Major der Guards, den Hibbert erwähnte, ist Peter Alexander Rupert Smith, ein Angehöriger der überaus machtvollen und einflußreichen Familie Smith – einer Bankiersdynastie, die kaum bekannt ist, aber schon seit etwa 350 Jahren besteht. Bereits um etwa 1650 gründete Thomas Smith das Bankenhaus Samuel Smith & Co. in Nottingham, das als erstes britisches Bankenhaus außerhalb Londons gilt. Die nachfolgenden Generationen der Smiths stellten sicher, daß das Familienunternehmen florierte, und bis 1902 hatten sie zehn Fillialen in Betrieb genommen.

Nicht nur war Lord Rothschild mit einem Mitglied der Sippe befreundet, sondern ein Smith heiratete später sogar eine Rothschild. Eine weitere interdynastische Hochzeit fand zwischen den Smiths und der bekannten Bankiersfamilie Baring statt. Der Einfluß der Smith-Dynastie nahm mehr und mehr zu.

Frances Dora Smith heiratete schließlich Sir Claude Lyon-Bowes. Die beiden waren die Großeltern mütterlicherseits von Lady Elizabeth Bowes-Lyon, die 1923 Prinz Albert („Bertie“), den Herzog von York, heiratete. Aus Prinz Albert wurde 1936 König George VI., und aus Elizabeth wurde Königin Elizabeth, die Gemahlin des Königs – die später als Königinmutter bekannt wurde. Vor kurzem beschrieb ein Zeitungsartikel, wie gewogen die Königinmutter der „Friedensbewegung“ gewesen sei und daß sie „bemüht war, einen Krieg mit Deutschland abzuwenden und die Bande zwischen den beiden Ländern zu stärken“.36 Eine Zeitung ging so weit zu behaupten, sie hätte eine Besetzung durch die Deutschen gerne zugelassen, sofern die Monarchie und ihre Position dadurch nicht gefährdet worden wären.37 Ihr Bruder David Bowes-Lyon, dem sie immer sehr nahegestanden hatte, hatte vor dem Krieg eine leitende Funktion im Bankenhaus der Gebrüder Lazard und zudem eine „wichtige, aber nicht näher definierte Stellung innerhalb des Special Operations Executive (SOE)“ inne.38

Die Verbindung zum Hause Lazard ist bezeichnend, da die Bank ein Band zu dem Nazisympathisanten Sir Henri Deterding von der Royal Dutch Shell (von der man lange glaubte, sie gehöre zu einem Großteil der niederländischen und der britischen Königsfamilie) sowie zum Viscount Bearstead von der Investmentbank Hill Samuel darstellte, die beide wiederum mit Baron Kurt von Schröder in Zusammenhang stehen – einem Nazi mit Leib und Seele, der SS-Führer Heinrich Himmler finanziell unterstützte und eine führende Stellung im „Freundeskreis des Reichsführers“ einnahm. Zufällig machte von Schröder Allen Dulles zu seinem US-Rechtsberater.39 Auch er hatte eine leitende Position bei der Lazard-Bank inne und gehörte zudem der pronazistischen Organisation „Anglo-German Fellowship“, der englisch-deutschen Kameradschaft, an. Die Kameradschaft wurde 1935 von dem deutschen Bankier Ernest Tennant gegründet – einem engen Freund von Hitlers Außenminister Joachim von Ribbentrop – und zählte zu ihren Mitgliedern zahlreiche Bewunderer Hitlers, die es manchmal nicht bei bloßer Bewunderung beließen.

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