Im Tod das Leben: Die Essenz der Nahtoderfahrung

Nahtod 62Was erleben Menschen, die eine Nahtoderfahrung durchmachen? Wie empfinden sie das Jenseits, und welche Erkenntnisse bringen sie von dort zurück? Verändert sich ihr Leben? Und falls ja: in welche Richtung? Anhand tausender Erlebnisberichte von Nahtoderfahrenen erklärt P. M. H. Atwater, was Sterben und Tod eigentlich bedeuten – und warum sie wichtig sind, um das Leben und das Menschsein zu verstehen und wertzuschätzen.

Erst als ich mich mit dieser simplen Sicht der Dinge auseinandergesetzt und abgefunden hatte, ergab das Leben wieder Sinn. Ich konnte meinen Körper als den lebendigen Tempel des lebendigen Gottes annehmen, als etwas, das mit Wesen – Einzelteilen und Komponenten – angefüllt ist, die jedes für sich den Kreislauf von Leben, Tod und Wiedergeburt durchmachen, die ebenfalls wachsen und sich entwickeln, all diese unzähligen Formen der Intelligenz, all die Verheißung und das Potenzial … All das war in mir, in meinem Körper, diesem unglaublichen Kollektiv, das ich in diesem Leben tragen durfte. Ich kam zur Erkenntnis, dass es sich um ein großes Privileg handelt, wenn man einen lebendigen Körper besitzt und genau der ist, der man eben in diesem Leben und an diesem Ort ist. Andere zu lieben bedeutet auch, sich selbst zu lieben – und zwar ganz und gar.

Sämtliche Ereignisse unserer Lebenszeit, all die Höhen und Tiefen, sind kein Zufall. Ein Nahtoderfahrener, den ich befragt habe, kam mit dem Wissen aus dem Jenseits zurück, dass er die größten, stärksten und ältesten Bäume der Welt retten musste, indem er sie klonte. Ein anderer fand eine Methode, Licht zur Verbesserung der körperlichen Gesundheit und der Lebenserwartung nutzbar zu machen. Eine Frau erwachte und erkannte, wie unglaublich sie war; danach wollte sie auch anderen zur Seite stehen und veranstaltete größere und kleinere Kurse und Seminare, in denen sie tausenden Menschen dabei half, selbst zu erwachen. Ein Neurochirurg entdeckte den Himmel und steckte mit seiner leidenschaftlichen Begeisterung seine gesamte Umgebung an. Die bloße Aufzählung der Nahtoderfahrenen, die nach ihrer Rückkehr ins Leben die Welt in kleinerem oder größerem Maßstab verändern, würde ganze Bücher füllen.

Warum sind wir hier?

Die Frage bleibt offen – unabhängig davon, welche Antwort darauf wir für die richtige halten.

Von den tausenden Nahtoderfahrenen, die ich im Rahmen meiner Untersuchungen befragt habe, kehrten etwa 30 Prozent mit der festen Überzeugung zurück, dass die Reinkarnation, das Leben nach dem Leben, die einzige Möglichkeit für unsere Seele sei, die Fehler, die sie auf ihrer langen Reise gemacht hat, zu korrigieren. Die Mehrheit teilt diese Annahme allerdings nicht, sondern glaubt eher daran, dass die Seele – und zwar jede Seele – ihren eigenen Willen hat.

Für die Theorie, dass die Seele einen über die „Persönlichkeit“ hinausgehenden Willen besitzt, spricht ein Erlebnis, das ich in meinem Heimatbundesstaat Idaho hatte. Es betraf zwei beste Freundinnen, die kurz vor ihrem Highschoolabschluss standen.

Eines der Mädchen hatte ein Jahr zuvor seinen Eltern erzählt, dass es am Tag vor seinem Schulabschluss bei einem schrecklichen Unfall sterben würde. Diese Aussage beunruhigte die Eltern ziemlich. Sie schickten das Mädchen zu diversen Psychologen, doch keiner konnte etwas Abweichendes an ihr feststellen. Sie hatte weder geträumt noch eine Vision gehabt, sondern wusste es einfach. An jenem schicksalhaften Tag saßen sie und ihre beste Freundin vor einer Kreuzung im Auto und warteten darauf, dass die Ampel auf Grün schaltete. Plötzlich verlor ein anderer Autofahrer die Kontrolle und krachte frontal in ihr Fahrzeug, wobei beide Mädchen ums Leben kamen. Die Polizei entdeckte später eine Notiz der verstorbenen Tochter, derzufolge sie gewusst habe, dass ihre beste Freundin beim selben Unfall wie sie sterben würde. Die Ermittler stellten auch fest, dass die Freundin sich vor dem Unfall so verhalten hatte, als wüsste sie von ihrem bevorstehenden Tod – obwohl es dafür keinen realistischen Grund gab. Ein Jahr danach hatten beide Mütter in derselben Nacht einen Traum, in denen ihnen die jeweilige Tochter erschien und erklärte, warum der Unfall passiert war. Der Traum war so lebhaft, dass keine der beiden Mütter ihn für sich behalten konnte. Eine der Frauen berichtete einer gemeinsamen Bekannten davon, die wiederum mir davon erzählte. Wir richteten es so ein, dass der Psychologe der einen Mutter die Eltern der Mädchen zu einer gemeinsamen Sitzung einlud, in der die Träume genau erörtert werden sollten. Beide Träume enthüllten den erstaunlichen Grund für den frühen Tod der Mädchen: Sie hatten schon vor ihrer Geburt miteinander vereinbart, gemeinsam einen solchen schrecklichen Tod durchzumachen, damit die eine der anderen bei der Bewältigung ihrer ständigen Angst vor einem gewaltsamen Tod helfen konnte.

Eine Seele hilft der anderen.

Ich habe Ihnen diese Geschichte erzählt, weil sie sehr genau widerspiegelt, wie Nahtoderfahrene die verschiedenen Ursachen und Gründe für Geburt und Tod sehen, wie sie mit der Frage umgehen, warum wir zur Welt kommen und von ihr gehen. Sie scheinen erkannt zu haben, dass es dabei nicht immer um persönliche Vorstellungen geht, sondern manchmal auch andere Absichten eine Rolle spielen.

Ich habe in meinem Leben oft unerwartete Todesfälle aus nächster Nähe mitbekommen – erst als Tochter eines Polizisten; dann als Ehefrau eines Agrarfliegers, der oft auf Nachteinsatz unterwegs war und häufig in sehr geringer Höhe über baumgesäumte Felder flog; und schließlich, wenn man mich ersuchte, für Schwerkranke oder Sterbende zu beten. Wenn es mir angemessen schien, stellte ich immer ein paar Fragen über den Verstorbenen und dessen Verhalten kurz vor dem Tod: War er oder sie in dieser Zeit anders? Im Lauf der Jahre offenbarte sich hier ein seltsames Muster. Menschen, die plötzlich oder durch einen Unfall starben, teilten ihr „Wissen“ über das bevorstehende Ereignis durch bestimmte Verhaltensweisen unbewusst mit.

Ein erfüllter Tod: Unbewusste Muster des Vorauswissens

  • Die betreffenden Menschen beginnen meist drei Monate bis drei Wochen vor ihrem Tod, ihr normales Verhalten zu ändern.
  • Diese Verhaltensänderungen beginnen recht dezent –etwa mit dem Bestreben, seine Angelegenheiten und Lebensziele neu zu bewerten, oder indem man sich von materiellen Belangen ab- und philosophischen Fragen zuwendet.
  • Danach folgt der Wunsch, alle Menschen zu sehen, die dem Betreffenden etwas bedeuten. Wenn man sie nicht persönlich treffen kann, schreibt man Briefe oder auch Emails, ruft an oder kommuniziert via Twitter und Facebook.
  • Je näher der Zeitpunkt rückt, desto ernster wird es den Betreffenden damit, ihre Angelegenheiten zu ordnen und einen geliebten Menschen beziehungsweise Freund zu instruieren, wie er Geschäfte und Privatangelegenheiten übernehmen und weiterführen kann. Diese Anleitung kann sehr ins Detail gehen und auch die Frage behandeln, wem man etwas schuldig ist und wem nicht, welche Versicherungspolicen es gibt und wie damit zu verfahren ist, wie weltliche Besitztümer aufgeteilt werden sollen und welche Ziele, Programme oder Projekte noch unerledigt beziehungsweise wie sie abzuschließen sind. Geldfragen sind in diesem Stadium von großer Bedeutung, aber auch das Ordnen persönlicher und privater Angelegenheiten.
  • Das Bedürfnis – oder fast schon der Zwang – erwacht, seine geheimsten Gefühle und tieferen Gedanken mitzuteilen und alles zu sagen, was bisher unausgesprochen blieb, vor allem geliebten Personen gegenüber. Üblicherweise besteht auch der Wunsch nach einer letzten „Liebelei“, vielleicht aber auch danach, bestimmte Orte aufzusuchen und das zu tun, was man immer am liebsten gemacht hat.
  • Das Verlangen, die eigenen Angelegenheiten zu ordnen und alles mögliche zu einem Ende zu bringen, kann so zwanghaft werden, dass es anderen unheimlich oder „gruselig“ vorkommt. Häufig will man auch darüber sprechen, „was sein wird, wenn ich tot bin“ – als hätte man einen Traum oder eine Vorahnung gehabt. Gelegentlich kann der Betreffende seinen Mitmenschen morbid oder ungewöhnlich ernst vorkommen.
  • In den meisten Fällen entspannen sich die betreffenden Personen 36 bis 24 Stunden vor ihrem Tod und scheinen ihren Frieden gefunden zu haben. Oft wirken sie auch so, als seien sie von irgendetwas „high“, weil sie ganz besonders wach, zuversichtlich und froh sind. Von ihnen geht eine eigenartige Kraft und eine positive Ausstrahlung aus, als wären sie nun bereit für ein wichtiges Ereignis. Manche haben jetzt auch ein besonderes „Glühen“ an sich.

Kommentare

09. Dezember 2015, 13:52 Uhr, permalink

Buntes Papier

Das ist ein sehr schöner Artikel.

Anhand dieser Informationen können wir doch viel besser verstehen, was wir einem Menschen antun, den wir umbringen. Wir sollten jetzt viel besser verstehen können, welch ein Grauen die Kriege über die Menschen bringen.

Wir sollten uns gegenseitig helfen, geistig, spirituell zu wachsen und zu erblühen. Aber genau das müssen wir erst lernen zu kapieren. Viele Menschen sehen diese Zusammenhänge nicht und wollen sie sogar oft nicht sehen.

Erzwingen kann man dieses Verstehen nicht.
Das Verstehen muß bei jedem Menschen aus seinem eigenen Inneren heraus zu wachsen anfangen.

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