Subklinischer Skorbut, Vitamin C und Verbrennungen

suHochdosiertes Natriumascorbat, eine magenfreundliche Variante des Vitamin C, beugt subklinischem Skorbut und Infektionen vor, hat aber auch vielversprechendes Potenzial in der Behandlung von Verbrennungen.Vitamin C ist vermutlich das wichtigste, aber auch das am meisten missverstandene Vitamin. Ein Mangel an Vitamin C, auch als „Vitamin-C-Avitaminose“ oder „Skorbut“ bezeichnet, wurde schon seit dem Mittelalter gut dokumentiert und stellt meiner Meinung nach die größte Geißel der Menschheit dar.

Bei dem Begriff Skorbut denkt man unwillkürlich an Matrosen, die auf langen Seereisen wegen ihrer armseligen, nur aus wurmstichigen Biskuits und Rum bestehenden Ernährung aufgrund von Vitamin-C-Mangel plötzlich tot umfallen. Die meisten Menschen werden behaupten, dass es Skorbut heutzutage nicht mehr gibt. Aber stimmt das wirklich?

Der Pharmakophor von Vitamin C ist das Ascorbat-Ion. Ascorbat wirkt in lebenden Organismen als Antioxidans, das den Körper vor oxidativem Stress1 schützt. Als Kofaktor ist es an mindestens acht enzymatischen Reaktionen beteiligt. Dazu zählen auch mehrere Kollagensynthese-Reaktionen, bei deren Dysfunktion massive Skorbutsymptome auftreten.2

Über die Jahre habe ich die medizinische Literatur nach Erfolgen bei der Behandlung mit hochdosiertem Vitamin C durchforstet und bin dabei auf etliche Krankheiten gestoßen, die sehr gut auf eine solche Behandlung angesprochen haben – von der gewöhnlichen Erkältung bis hin zu Krebs. In dieser kurzen Abhandlung möchte ich Verbrennungsfachärzten einige Argumente in die Hand geben, die sie davon überzeugen sollten, die Verab­reichung sehr hoher Dosen von Natriumascorbat (der nichtsauren Form von Vitamin C) ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn es um die Behandlung einiger schwieriger Probleme bei Verbrennungen geht.

Als es große Menschengruppen in die wachsenden Städte (in die „Zivilisation“) zog und sie nicht länger auf dem Land und vom Land lebten, sondern stattdessen auf die Lieferung von Nahrungsmitteln aus den ländlichen Regionen angewiesen waren, begann Skorbut sich wirklich massiv auszubreiten. Die Städter ernährten sich hauptsächlich von Brot („unser tägliches Brot“ wurde zum Synonym für Essen) und etwas Fleisch. Lange Seereisen in entfernte Teile der Erde entwickelten sich zu Musterbeispielen für die tödlichen Gefahren des Skorbuts. Den Briten wäre es vielleicht nicht gelungen, Australien zu kolonialisieren, hätte Kapitän Cook nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorratskammern seines Schiffes in allen Häfen, die er auf seiner Suche nach dem großen Land im Süden anlief, mit frischen Früchten und klarem Wasser gefüllt wurden.

Erst als die erste und dann die zweite gartenbauliche Revolution in der Alten Welt einsetzten und sich das meiste bebaubare Land in den Händen einiger Reicher konzentrierte, begannen die Leute Gemüse, wie beispielsweise Kohl, für die Märkte anzubauen, weil sie vom Getreideanbau auf ihren kleinen Parzellen nicht mehr leben konnten.

Der bescheidene Kohl und vor allem seine fermentierte Variante Sauerkraut mit ihrem hohen Gehalt an Vitamin C wurden zum Retter der Menschheit. Kartoffelimporte aus der Neuen Welt trugen weiter zur Verbesserung des Vitamin-C-Status der Europäer bei.3

Ascorbinsäure im Vergleich zu Natriumascorbat

Über Vitamin C findet man jede Menge Informationen in zahlreichen medizinischen Lexika und Enzyklopädien. Allerdings sehe ich ein großes Problem darin, dass gemeinhin angenommen wird, Skorbut sei – dank Ascorbinsäure – selbstverständlich ausgerottet. Ascorbinsäure verursacht Verdauungsprobleme, vor allem in hohen Dosen. Hohe Dosen von Natriumascorbat, einer nichtsauren Form von Vitamin C, werden dagegen besser vertragen. Natriumascorbat gleicht Säuren aus und hilft, ein basischeres Milieu zu schaffen. Zudem heilt es Verdauungsstörungen.4

Die meisten Tiere und anderen Organismen produzieren genügend eigenes Vitamin C, während Menschen, Meerschweinchen und Flughunde, um nur einige der bekanntesten Beispiele zu nennen, dazu nicht in der Lage sind und Vitamin C mit der Nahrung aufnehmen müssen. Hierin liegt die Grundursache für das Skorbutproblem der menschlichen Rasse. Wenn unsere Nahrung nicht genügend Vitamin C enthält, entwickeln wir Mangelerscheinungen und unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden leiden. Die von der WHO empfohlene tägliche Dosis von wenigen Milligramm reicht bei Weitem nicht aus, um ein optimales Funktionieren unseres Organismus zu garantieren. Die meisten Menschen erreichen die erforderliche Menge nicht und leiden daher an subklinischem Skorbut.

Die Geschichte des Skorbuts

1920 veröffentlichte Alfred Hess ein 288 Seiten dickes Buch über Skorbut, das auch heute noch jeder Überprüfung standhalten kann. Er besprach die Symptome des Skorbuts, die von hämorrhagischen Affektionen der Haut, der Knochen, der Zähne, der Augen und der Ohren bis hin zur Beeinträchtigung der inneren Organe reichen. Skorbutbefallene Knochen dokumentierte er durch Röntgenaufnahmen. Sein Buch ist Pflichtlektüre für jeden, der sich für Skorbut interessiert, besonders wenn es um ungewöhnliche Manifestationen geht, die von unseren modernen Ärzten oftmals missverstanden und als Folgeverletzungen des sogenannten Schütteltraumas fehldiagnostiziert werden.

Bessey et al.5 unterzogen skorbutische Läsionen an inneren Organen einer erneuten Untersuchung. Sie berichten, dass die auffallendsten schweren Läsionen an Gelenken, Knochen und Zähnen auftreten. Die pathogenen Erscheinungen dieser Symptome wurden auch von anderen im Detail beschrieben, während Organveränderungen weniger Aufmerksamkeit erregten. Die Wissenschaftler fütterten Meerschweinchen mit einfacher Vitamin-C-freier Nahrung und konzentrierten sich bei ihren anschließenden Untersuchungen vor allem auf die Nebennieren, das Herz, die Hoden und die Leber, da sich die skorbutischen Effekte dort am stärksten zeigten. Zu den beobachteten pathologischen Veränderungen zählten Fettansammlungen in der Leber, Absterben des Samenepithels und der Spermatozoen in den Hoden sowie abweichender Kollagenstatus. Von den sonstigen pathologischen Veränderungen erregten besonders der Abbau von Fett und Cholesterin aus dem Nebennierenkortex, die fettbedingte Degeneration der Herzmuskulatur und die auffallende Degeneration und Anschwellung des Bindegewebes Interesse.

1932 beschäftigten sich Gilman und Tanzer mit subduralen und retinalen Blutungen bei kindlichem Skorbut. Sie schrieben:

„Die hämorrhagische Diathese von Skorbut kennt man seit der Zeit von Hippokrates. Hämorrhagische Blutungen treten am häufigsten unter der Knochenhaut der langen Knochen und im Bereich der Gelenke auf. Oftmals sind aber auch die Haut, die Schleimhäute, die Orbita und seröse Höhlen betroffen. Das Auftreten subduraler Blutungen bei einem Fall kindlichen Skorbuts, der in unserem Krankenhaus operativ behandelt wurde, veranlasste uns, in der Literatur nach ähnlichen Fällen zu suchen.“6

Dies veranschaulicht, wie relevant, notwendig und wichtig es ist, auch ältere Publikationen heranzuziehen, wie dies auf BMJ.com7 diskutiert wird.

Den vollständigen Artikel können Sie in NEXUS 79 lesen. Die Ausgabe können Sie hier erwerben.

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