Das Kraftwerk von Gizeh: stimmt die Chemie?

Untersuchungen von Rückständen in den Königinnenschächten der Großen Pyramide von Gizeh legen nahe: Mittels zweier verschiedener chemischer Mixturen konnte dort ein Wasserstoffgas produziert werden, dessen piezoelektrische Energie dazu gedient haben könnte, die Pyramide als Kraftwerk zu nutzen.

Ein kurzer Überblick

In seinem Buch „The Giza Power Plant: Technologies of Ancient Egypt“1 (Das Kraftwerk von Gizeh: Technologien im Alten Ägypten) stellt Christopher Dunn eine äußerst fesselnde Theorie über die Funktion der Königinnenkammer auf. Er vertritt die Ansicht, dass es sich dabei um den Motor eines riesigen Kraftwerks handelte, in dem mithilfe von Wasserstoffgas (H2) piezoelektrische oder elektromagnetische Energie erzeugt wurde.

Die im jeweils südlichen und nördlichen Schacht der Königinnenkammer verwendeten Chemikalien wurden auf der Grundlage einer präzisen chemischen Methodik verarbeitet. Im südlichen Schacht verwendete man dafür allerdings Schwefelsäure (H2SO4) und nicht Salzsäure (HCl), wie Dunn behauptet. Im nördlichen Schacht fand eine aus Ammoniumchlorid (NH4Cl) und Zinkchlorid (ZnCl2) hergestellte Mischung Verwendung.

Mithilfe der genannten Chemikalien konnte man sowohl im südlichen wie auch im nördlichen Schacht Wasserstoffgas herstellen. Es war nicht erforderlich, die Chemikalien aus dem südlichen Schacht und aus dem nördlichen Schacht zu mischen, um das Wasserstoffgas zu gewinnen. Jedes der in diesem Artikel beschriebenen Systeme funktionierte vielmehr für sich genommen als jeweils autonome Quelle für Wasserstoffgas.

Einführung

Die Große Pyramide von Gizeh ist die älteste und größte der drei Pyramiden auf dem Gizeh-Plateau (der Nekropole) in Ägypten. Markierungen im Innern der Pyramidenkammern weisen den Bau der Großen Pyramide der vierten Dynastie unter dem ägyptischen Pharao Khufu zu. Die Große Pyramide war das älteste der Sieben Weltwunder der antiken Welt und ist das einzige, das sich auch heute noch in einigermaßen intaktem Zustand befindet. Man kennt die Große Pyramide auch unter dem Namen Khufu-Pyramide oder Cheops-Pyramide. Die Ägyptologen gehen davon aus, dass sie in einem Zeitraum von zehn bis zwanzig Jahren errichtet wurde und der Bau etwas 2560 v. Chr. abgeschlossen wurde.2

In seinem Buch „The Giza Power Plant“ stellt Dunn die Theorie auf, dass die Königinnenkammer der Großen Pyramide von Gizeh als Motor eines riesigen Kraftwerks diente. Ich möchte Dunns Theorie an dieser Stelle kurz beschreiben.

  1. In jedem der beiden zur Königinnenkammer führenden Schächte (dem südlichen und dem nördlichen), die man entdeckte, fand man unterschiedliche Chemikalien. Der südliche Schacht enthielt verdünnte Salzsäure, der nördliche hydriertes Zinkchlorid.
  2. Mischte man diese Chemikalien, so entstand Wasserstoffgas.
  3. Das Wasserstoffgas breitete sich in der Großen Galerie aus und stieg dann hinauf in die Königskammer, wo akustische Energie in piezoelektrische Energie umgewandelt wurde.

In diesem Artikel möchte ich im Hinblick auf die von Dunn beschriebenen Chemikalien in beiden Schächten (dem südlichen und dem nördlichen) der Königinnenkammer eine Analyse der chemischen Stichhaltigkeit durchführen, aber auch chemische Alternativen vorstellen und erörtern. Ich beschränke mich dabei ausschließlich auf die Schächte (den südlichen und den nördlichen) der Königinnenkammer und beschreibe, wie dort Wasserstoffgas hergestellt wurde.

Die Verwendung von Schwefelsäure im südlichen Schacht

Ich vertrete die Auffassung, dass im südlichen Schacht der Königinnenkammer Schwefelsäure (Molekulargewicht [MG]: 98,08 g/mol) verwendet wurde. Die hochkorrosive Schwefelsäure ist eine starke mineralische Säure, die man auch unter dem historischen Namen „Vitriolöl“ oder der altertümlichen Bezeichnung „schwefelsaures Salz“3 kennt.

Nach Dunns Beschreibung wurde im südlichen Schacht verdünnte Salzsäure (HCl) verwendet. Wie er erklärt, fand man in diesem Schacht auch Gipsreste. Bei Gips handelt es sich um ein weiches Sulfatmineral (Calciumsulfatdihydrat, CaSO4·2H2O). Dunn behauptet nun, der den Schacht auskleidende Kalk (ein im Wesentlichen aus Calcit bestehendes Sedimentgestein, CaCO3) hätte mit der Salzsäure reagiert und so Gips entstehen lassen.

Durch Salzsäure (HCl) kann jedoch kein Gips-Addukt entstehen, weil die Formel kein Sulfat enthält. Aus diesem Grund ist es wahrscheinlich, dass dafür Schwefelsäure (H2SO4) verwendet wurde. Die im Folgenden dargestellte chemische Substitutionsreaktion veranschaulicht, wie aus Schwefelsäure ein Gips-Addukt entsteht:

H2SO4(Schwefelsäure) + CaCO3(Kalk) –> CaSO4(Gips) + CO2(Kohlendioxid) + H2O (Wasser)

Woher das H2 stammte, das man im südlichen Schacht fand, erklärt sich, wenn man davon ausgeht, dass sich dort wässrige Schwefelsäure (H2SO4) zersetzte.

Die Verwendung von Vitriolen geht zurück bis in die Antike. Der Begriff findet in sumerischen Wortlisten (Lexika)4Erwähnung, die etwa aus dem Jahr 600 v. Chr. stammen. In diesen Wortlisten werden alle Arten von Vitriolen beschrieben und nach Farben geordnet. Grünes Vitriol, Eisen(II)-Sulfat, enthält sieben hydrierte Wassermoleküle (FeSO4·7H2O)5. In antiker Zeit nannte man das grüne Vitriol „copperas“.

Bei einem Blick in die chemische Literatur finden wir zwar keinen Hinweis darauf, dass die alten Ägypter Schwefelsäure verwendeten, doch ich werde in dieser Arbeit aufzeigen, dass sie sehr wohl über die Technik und die Ressourcen verfügten, um große Mengen der Säure herstellen zu können.

Schwefelsäure ist eine starke, hochkorrosive Säure. Ihre Herstellung und Lagerung stellte für die alten Ägypter also eine Herausforderung dar.

Die am häufigsten in archäologischen Stätten Ägyptens anzutreffenden Artefakte bestehen aus gebranntem Ton. Die alten Ägypter brannten Tonmergel bei sehr hohen Temperaturen (zwischen 800° und 1.000°C). Der Brennvorgang verlieh den keramischen Materialien daher eine große Härte.6

Nach dem Brennen enthielten die aus Tonmergel gefertigten Keramikwaren keine organischen Materialien mehr. Ein Keramikgefäß solcher Art hätte sich hervorragend für die Herstellung und Speicherung von Schwefelsäure geeignet, da es sich durch hohe chemische Resistenz und Haltbarkeit auszeichnete.

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ausgabe 61.

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