Photonen: Botschafter der Ewigkeit

PhotonPhotonen sind nicht nur die kleinste beobachtbare Energieeinheit, sondern sie flitzen auch noch mit Lichtgeschwindigkeit durch den Äther. Der Physik  zufolge sind sie jenseits aller Massen – und auch jenseits von Zeit und Raum. Aber was bedeutet das für unsere Alltagswelt, die ja von Photonen durchdrungen ist? Generationen von Physikern haben diese Frage beackert, eine befriedigende Antwort ist bis heute nicht gefunden worden. Vielleicht, weil die rein physikalische Analyse ins Leere läuft, und nur interdisziplinäre Ansätze fruchten. Nach dieser Tour de Force durch (Bio-)Physik, Religion und Geisteswissenschaften wird Ihnen ein Licht aufgehen.

„Das Licht sehen – das ist eine Metapher für das Anschauen des Unsichtbaren im Sichtbaren, die Entdeckung der feinen Vorstellungsnetze, die unseren Planeten und alle Existenz zusammenhalten. Sobald wir gelernt haben, das Licht zu sehen, könnte sich alles andere von selbst ergeben.“

Arthur Zajonc, „Die Lichtfänger“1

Und sie bewegt sich doch … nicht

Tick. Tack. Tick. Tack. Sie läuft, die Zeit, oder? Gestern haben Sie Ihre Notvorräte sortiert, gerade lesen Sie im NEXUS, morgen recherchieren Sie die Hintergründe der Nord-Stream-Sprengungen. Und auch Ihre Zellen geben Ihnen ein deutliches Signal, dass hier etwas von A nach B schreitet: Die Falten und grauen Haare nehmen trotz Basenkuren zu, und die Zähne, die Sie verlieren, wachsen nicht mehr nach. Auch im Weltgeschehen ist schwer zu leugnen, dass hier etwas abläuft …

… nur die Physik schlägt wieder einmal quer. Zwar haben die Naturwissenschaften mit ihrer pragmatischen Definition, dass Zeit das ist, was man mit Uhren messen kann, einen unglaublichen Erfolg erzielt – doch in der physikalischen Grundlagenforschung ist der Zeitbegriff bis heute nicht einheitlich definiert. Seit Jahrhunderten ringen die Physiker um das Verständnis von Zeit.

In der aktuellen physikalischen Forschung wird derzeit über Theorien diskutiert, die schwer mit unserer Alltagserfahrung in Verbindung zu bringen sind: Neue Einsichten in der Quantenphysik und bei höherdimensionalen Theorien zur Raumzeit zeigen deutliche Indizien, dass Zeit ganz anders ist, als es unser Alltagsbewusstsein suggeriert. Leider verlieren sich die theoretischen Erklärungen in den Gebilden einer hochspezialisierten Mathematik und sind immer schwerer zu vermitteln. Komplizierte Artikel über gequantelte Zeitchronone, Zeitkristalle, Zeitreisen, Zeitschleifen, Kausalitätsverletzungen, Retrokausalität und andere Zeitanomalien zeigen eine verwirrende Vielfalt von Problemen auf.

Das hängt unter anderem damit zusammen, dass die beiden fundamentalen Theorien der Physik – die Quantenmechanik und die Relativitätstheorie – auf unterschiedlichen Zeitbegriffen beruhen. Die Zeit in der Quantenmechanik verwendet einen äußeren Zeitparameter, der unbeeinflusst vom physikalischen Geschehen ist – die Zeit ist also in der Quantenmechanik absolut. In der Allgemeinen Relativitätstheorie hingegen wird die Zeit als Teil der Raumzeit dynamisch behandelt. Können die Physiker diese unterschiedlichen Zeitauffassungen überhaupt miteinander in Einklang bringen?

Moderne Forschungsprojekte zu einer allumfassenden Theorie der Quantengravitation versuchen, das Problem anzugehen. So stellt etwa der Kosmologe und Physiker Carlo Rovelli von der Universität Marseille fest:

„Jede Theorie zur Quantengravitation, die das ganze Universum beschreibt, kann die Zeit nicht enthalten. […] Das bedeutet, dass es sie auf der fundamentalen Ebene des Kosmos nicht gibt.“ 2

In der Quantentheorie ist Veränderung in der Zeit mit Energie verknüpft – Energie ist proportional zur Frequenz: E = h ν. Da es keine Uhr außerhalb des Universums gibt, kann sich der Quantenzustand des Universums in der Zeit nicht ändern. Man kann also sagen: Der Quantenzustand des Universums ist eingefroren. Er isteinfach. Das bedeutet, dass es Zeit auf der fundamentalen Ebene des Kosmos nicht gibt. Die der Schrödingergleichung äquivalente Form der Wellengleichung für die Quantengravitation ist als Wheeler-DeWitt-Gleichung bekannt geworden.3

wheeler

Dabei bezeichnet Ψ die Wellenfunktion des Universums. Die Wheeler-DeWitt-Gleichung ist eine statische Gleichung, in der kein Zeitparameter vorhanden ist. Ein hypothetischer externer Beobachter (außerhalb des Universums) würde ein statisches, zeitloses, ewiges Universum sehen.

Wenn die gesamte Geschichte des Universums eine zeitlose Einheit bildet, dann ist der Zeitablauf, den wir makroskopisch erleben, gewissermaßen eine Illusion. Das Universum kann man vor diesem Hintergrund mit einem Buch vergleichen. Von außen betrachtet ist das Buch unbewegt und statisch – es ist einfach. Folgt man aber dem Text innen, so kann sich eine Handlung entwickeln, Zeit taucht auf.

Wenn sich nun aber die Zeit als Illusion herausstellen sollte, was bereits Einstein ahnte und auch andere Physiker schon länger vermuten – müssen wir uns dann nicht zwangsläufig mit der Ewigkeit befassen? Verschleiert dann nicht unser subjektives Zeitempfinden eine Tatsache, die an vorderster Front der Wissenschaft längst erkannt wird: dass wir uns mitten in der Ewigkeit befinden?

Den vollständigen Artikel können Sie in NEXUS 104 lesen.

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Kommentare

09. Dezember 2022, 16:37 Uhr, permalink

Joachim Blechle

Das „Zeit“ (mit gendergerechter Zuordnung des Artikels zu dem Wort, da keine geschlechtsspezifischen Eigenschaften gegeben sind – folgend aber wieder die Zeit!)

„Zeit“ ist aus allen Bereichen der menschlichen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Wir haben die Benutzerfreundlichkeit dessen, was wir „Zeit“ nennen auch aus Bequemlichkeit so verinnerlicht, dass wir schon vergessen haben, was „Zeit“ eigentlich ist. Das führt zu den kuriosesten „Erkenntnissen“. Es gibt allerdings sicher auch keine Möglichkeit, die „Zeit“-verbundenen Aussagen anderweitig anwenderfreundlich sinnvoll zu ersetzen. Es wurden wohl unzählige, auch dicke Bücher über die Zeit geschrieben, ohne darauf eine korrekte Antwort in Form einer Definition zu geben.

Eine der genialsten „Aktionen“ war die Verselbstständigung der „Zeit“. Damit ließen sich Bewegungen einfach beschreiben, die Gesellschaft bekam ein universelles Mittel zur Steuerung und Koordinierung aller Aktivitäten und der Wissenschaftler ein ideales unersetzbares Werkzeug für seine Arbeit. Das führt aber auch zu den kuriosesten „Erkenntnissen“ und z.B. zu einer nie endenden Diskussion über Zeitreisen. Dabei stellt Einräumen der Möglichkeit von Zeitreisen sich mit der „Erdscheibe“ auf die gleiche Stufe.

Eine bekannte Definition der Zeit lautet: Die Zeit ist das, was man an der Uhr abliest. Das Problem mit dieser Definition besteht darin, dass sich hier die Katze in den Schwanz beißt. Was ist die Zeit? – das was man an der Uhr abliest! → Was liest man an der Uhr ab? – die Zeit! → Was ist die Zeit? – das was man an der Uhr abliest! → Was liest man an der Uhr ab? – die Zeit! Das lässt sich endlos fortsetzen. Erklärt wird die Zeit mit dieser Definition nicht.

Also nehmen wir mal der Katze den Schwanz aus dem Maul, die schärfste Klinge von Ockhams Rasiermesser und verbannen die Gebetsmühlen aus dem Sichtfeld.

Unter primärer Beachtung und exakter Würdigung des materiellen Befundes ergibt sich folgende funktionale Zeitdefinition:

„Ausgehend von der physischen Existenz in der Bewegung ist die „Zeit“ (Physik: - das, was man an der Uhr abliest -) ein spezifisches und individuelles Bild(*) über die Bewegung ausgewählter Materie.

(*) sich ein Bild machen über …

Eigentlich ganz einfach, oder???

Das könnte auch der Verfasser des Beitrags begreifen!!!

16. Dezember 2022, 15:19 Uhr, permalink

Thomas M.

Vielleicht sollten Sie mal die Werke von Burkhard Heim lesen, dann hätten Sie Ihre, Erklärung!

19. Dezember 2022, 17:01 Uhr, permalink

Klaus Scharff

Ja, die Zeit ist ein Geheimnis versteckt in einem Rätsel und umgeben von einem Mysterium. Der Erklärungsanspruch des Beitrags von J. Blechle steht auf schwachen Füßen und übersieht, dass das Zeitproblem ein sehr schwieriges Grundlagenproblem der aktuelle Physikwissenschaft ist, und ja, die Heimschen Theorie liefert überzeugende Ansätze, die dem Rätsel Zeit auf der Spur sind.

20. Dezember 2022, 16:13 Uhr, permalink

Joachim Blechle

Ja, Herr Klaus Scharff,
an erster Stelle müsste jetzt durch Sie mal eine exakte Würdigung des materiellen Befundes erfolgen und kein Verweis auf irgendeine Theorie oder Sonstiges. Und damit könnten wir dann weiter diskutieren!!!
Ich beginne aber mal:
Die Erde existiert, sie nimmt Raum ein und sie ist in Bewegung.
Und die Bewegung der Erde zeichnen wir mal mit einem KI-Multigraph auf.
Sie sind - wenn Sie wollen - dran!

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