Je höher die DMSO-Konzentration, desto deutlicher zeigten sich diese Wirkungen. Sogar die adhärenten epithelialen Krebszellen, die in Zellkulturen normalerweise eine glatte Monoschicht bilden, begannen nach dem Kontakt mit DMSO, sich abzulösen und zu verklumpen. Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass DMSO die eingebauten Selbstzerstörungsmechanismen der Krebszellen auslösen könnte.
DMSO aktiviert die Selbstzerstörungssequenz von Krebszellen
Als sich die Forscher näher mit den molekularen Mechanismen befassten, fanden sie heraus, wie DMSO eine Ereigniskaskade auslöst, die zum Krebszelltod führt. Sie stellten fest, dass DMSO eine signifikante Verringerung der Niveaus von CDK2 und Cyclin A (wichtige Proteine, die die Zellteilung regulieren) hervorruft. Davon war insbesondere der CDK2-Cyclin-A-Komplex betroffen, der eine bedeutende Rolle dabei spielt, Zellen von einer Phase des Zellzyklus in die nächste zu bringen.7

Durch die Störung dieser Regulatoren bremst DMSO faktisch die Krebszellenwucherung. Das Wichtigste ist aber vielleicht, dass DMSO in den damit behandelten Krebszellen eine DNA-Fragmentierung auslöst, die als definitives Anzeichen für eine Apoptose gilt, weil die Zelle dabei systematisch ihr eigenes Genmaterial zerstört. Die Forscher konnten dies bestätigen, indem sie erhöhte Werte von Caspase-3 nachwiesen – einem Enzym, das für den Verlauf der Apoptose entscheidend ist.
Interessanterweise war jedoch keine Aktivierung von Caspase-9 zu beobachten, was darauf hindeutet, dass DMSO die Apoptose über den extrinsischen Weg und nicht über den intrinsischen mitochondrialen Weg auslöst. Dieser spezifische Mechanismus könnte bei der Entwicklung gezielter Krebstherapien, die gesunde Zellen nicht angreifen, eine entscheidende Rolle spielen.
Die Studie deutet darauf hin, dass DMSO sogar in relativ geringer Konzentration weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit und das Überleben von Krebszellen hat. Überdies könnte DMSO, weil es in vielen medizinischen Zusammenhängen bereits häufig angewendet und gut vertragen wird, auch in einem beschleunigten Verfahren zu Studien für Krebsbehandlung zugelassen werden.
DMSO verbessert im Alzheimer-Modell die Sehfunktion
Frühe Tierversuche gaben Anlass zur Besorgnis darüber, dass DMSO Augenprobleme verursachen und vor allem die Linse beeinträchtigen könne. Diese Feststellungen ließen sich jedoch nicht auf den Menschen übertragen;8 neuere Studien bieten jedoch all jenen, die DMSO in ihr Gesundheitsprogramm integrieren wollen, eine ermutigende Perspektive.
In Versuchen mit Mäusen zur Alzheimer-Erkrankung zeigte sich, dass DMSO sogar in sehr niedriger Konzentration die Sehfunktion signifikant verbessert.9 Die Studie befasste sich mit 5xFAD-Mäusen, die gentechnisch so verändert wurden, dass bei ihnen alzheimerartige Symptome auftreten. Bei diesen Mäusen kommt es üblicherweise zu einer Abnahme der Kontrastempfindlichkeit, eines wichtigen Teils des Sehens, der auch bei menschlichen Alzheimer-Patienten beeinträchtigt ist.
Es ist bemerkenswert, dass bei den Mäusen eine deutliche Verbesserung der Kontrastempfindlichkeit auftrat, wenn man ihrem Trinkwasser auch nur 0,01 Prozent DMSO beimengte. Die Verbesserung ist mit der Wirkung von R-Carvedilol – einem Arzneimittel, das insbesondere für die Alzheimer-Behandlung untersucht wird – vergleichbar.
Die Tatsache, dass eine derart niedrige DMSO-Dosis einen solchen Nutzeffekt haben kann, ist besonders interessant, da sie darauf hindeutet, dass die therapeutischen Wirkungen von DMSO bei bisherigen Studien unterschätzt worden sein könnten, weil man es dort nur als Trägersubstanz für andere Arzneimittel verwendet hat.
Das Frühinterventionspotenzial von DMSO
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die antioxidativen Eigenschaften der Mechanismus für die positiven Auswirkungen von DMSO sind. DMSO ist bekannt dafür, dass es Hydroxyl-Radikale, die zu oxidativem Stress – einem Faktor bei der Entstehung und dem Voranschreiten der Alzheimer-Erkrankung – beitragen, sehr gut neutralisieren kann. Die Forscher haben beobachtet, dass eine DMSO-Behandlung Anomalien in der Netzhaut korrigieren kann, die mit oxidativem Stress in Zusammenhang stehen.
Konkret fanden sie heraus, dass DMSO die Dicke der ELM-RPE-Schicht in der Netzhaut normalisiert, die sich bei oxidativem Stress zusammenzieht. Diese Korrektur deutet darauf hin, dass DMSO aktiv gegen oxidative Schädigungen im Netzhautgewebe wirkt. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Netzhaut im Wesentlichen um eine Erweiterung des Gehirns handelt, implizieren diese Forschungsergebnisse, dass DMSO ähnliche Schutzwirkungen im gesamten Zentralnervensystem haben könnte.
Das ist besonders spannend, weil oxidativer Stress als eines der ersten Anzeichen der Alzheimer-Erkrankung gilt und sogar noch vor dem Auftauchen der typischen senilen Plaques und Tau-Bündel in Erscheinung tritt.
Im Hinblick auf diese Resultate verfügt DMSO eindeutig über Potenzial als frühzeitige Maßnahme bei der Alzheimer-Erkrankung. Die Studie konzentrierte sich auf relativ junge (vier Monate alte) Mäuse, die gerade erste Anzeichen von Sehschwäche aufwiesen.10 Die Tatsache, dass DMSO die Sehfunktion in diesem frühen Stadium verbessern konnte, deutet darauf hin, dass es als Vorbeugemaßnahme oder Frühbehandlung besonders wertvoll sein könnte.
Eine frühzeitige Intervention ist bei Alzheimer besonders wichtig, da beim Auftreten der ersten kognitiven Symptome häufig bereits signifikante Schädigungen des Gehirns vorliegen. Wenn DMSO zu Beginn des Krankheitsverlaufs zum Schutz vor oxidativem Stress beitragen und die neuronale Gesundheit erhalten kann, könnte es die Entwicklung zu einer voll ausgeprägten Alzheimer-Erkrankung verlangsamen oder sogar verhindern.
Überdies ist die Sicherheit von DMSO in niedriger Dosierung gewährleistet, wodurch das Mittel zu einer interessanten Option für die langfristige Anwendung bei Risikopatienten wird.
Über das Gehirn hinaus
In der oben behandelten Studie ging es zwar in erster Linie um die Sehfunktion und den Gesundheitszustand der Netzhaut, doch ihre Tragweite geht weit über die Alzheimer-Erkrankung hinaus. Die in der Netzhaut beobachteten Schutzwirkungen von DMSO erstrecken sich auch auf andere Gewebe und Organe im Körper. Man nimmt an, dass oxidativer Stress mit einer Vielzahl altersbedingter Leiden – von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis zur Arthritis – im Zusammenhang steht.
So ist DMSO beispielsweise eng mit einer anderen chemischen Verbindung verwandt, die der Gelenkgesundheit dienen könnte: Dimethylsulfon alias Methylsulfonylmethan (MSM). DMSO ist eine Vorstufe von MSM; beide Verbindungen weisen ähnliche Strukturen auf Schwefelbasis auf. Wie DMSO hat auch MSM nachweislich entzündungshemmende Wirkungen, vor allem bei Gelenkschmerzen. In einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie in Japan untersuchte man die Auswirkungen von MSM auf leichte Kniegelenkschmerzen bei ansonsten gesunden Personen.11
Bei den Studienteilnehmern, die zwölf Wochen lang täglich zwei Gramm MSM einnahmen, kam es im Vergleich zu den Placebo-Versuchspersonen zu signifikanten Verbesserungen der Kniegesundheit. In der Studie wurde eine umfassende Messung der Kniegesundheit (die Japanische Knie-Osteoarthritis-Messung) eingesetzt, die ergab, dass MSM nicht nur auf die Knie beschränkte Symptome verbesserte, sondern auch den allgemeinen Gesundheitszustand.
Diese Studie deutet darauf, dass die schwefelhaltigen Verbindungen in DMSO und MSM möglicherweise eine ganze Reihe von gesundheitlichen Vorteilen bieten – von der Neuroprotektion bis zur Linderung von Gelenkschmerzen.
Da DMSO im Körper in MSM umgewandelt werden kann, könnte die Gabe von DMSO zusätzlich zu den bereits erwähnten Eigenschaften die mit MSM assoziierten Vorteile für die Gelenkgesundheit mit sich bringen. Diese Wirkungen machen DMSO zu einer interessanten Verbindung für die Erhaltung der Gesamtgesundheit im Alter.
Die Fähigkeit von DMSO, schon in geringer Konzentration zahlreiche Bakterienarten zu hemmen und abzutöten, ist ebenfalls seit Jahrzehnten bekannt. Wissenschaftler haben DMSO gegen mehrere Bakterienstämme wie Staphylococcus aureus, β-haemolytische Streptokokken, Cutibacterium acnes, Escherichia coli und Vertreter der Proteus-Gattung getestet.12 Dabei stellten sie fest, dass eine 20-prozentige DMSO-Konzentration ausreicht, um das Wachstum dieser Bakterien zu hemmen. Das heißt, dass DMSO sogar in relativ geringer Konzentration die Vermehrung von Bakterien effektiv unterbinden kann.
Risiken, Dosierungsvorschläge und weitere Überlegungen
DMSO weist zwar vielversprechende Vorteile auf, doch man sollte es unbedingt vorsichtig und bewusst anwenden. Wie jede Nahrungsergänzung oder Behandlung hat auch DMSO Nebenwirkungen und Kontraindikationen, die man kennen sollte. Die häufigste Nebenwirkung ist ein knoblauchähnlicher Geschmack und/oder Mundgeruch; dazu kommt es, weil DMSO im Körper zu Dimethylsulfid zerfällt. Bei manchen Personen kann es nach lokaler äußerer Anwendung von DMSO zu Hautreizungen kommen.
DMSO erhöht die Aufnahme anderer Substanzen durch die Haut und verstärkt so die Wirkungen diverser Arzneien. Man sollte also vorsichtig sein, was bei der äußerlichen Anwendung von DMSO in Kontakt mit der Haut kommt. Wichtig ist auch, dass DMSO mit bestimmten Medikamenten wie Blutverdünnern und Steroiden interagiert.
Dazu kommt, dass es in hohen Konzentrationen und bei unsachgemäßer Verwendung Schädigungen der Leber verursachen kann. Schwangere und Menschen mit Lebererkrankungen sollten also Vorsicht walten lassen, was DMSO betrifft. Ich empfehle wie immer, einen Ganzheitsmediziner zu konsultieren, um festzustellen, ob DMSO das richtige Mittel für einen selbst ist.
Die richtige Produktauswahl und Dosierung sind entscheidend, wenn man ein optimales Ergebnis erzielen will. Die Website MidwesternDoctor.com empfiehlt, DMSO mit mindestens 99,9 Prozent Reinheit zu verwenden, das – wenn es sich um flüssiges DMSO handelt – in einem Glasbehälter gelagert wird. Bei lokaler Anwendung sollte man mit 70-prozentigem DMSO beginnen und es 50 : 50 mit Wasser verdünnen. Wenn keine Hautreizungen auftreten, kann man danach allmählich auf volle Konzentration steigern. Ein 100-prozentiges DMSO-Produkt empfiehlt sich auch beim Vorhandensein dicker Narben oder bei der Verwendung gegen bestimmte Krankheiten.
Bei der oralen Anwendung fängt man üblicherweise mit einem halben oder ganzen Teelöffel (70- oder 100-prozentige Reinheit) an. Bei guter Verträglichkeit kann man die Dosis nach und nach erhöhen. Über die sichere Maximaldosis wird noch diskutiert, doch im Allgemeinen gelten drei Teelöffel als obere Grenze. Da DMSO nicht besonders gut schmeckt, sollte man es mit Milch oder Fruchtsaft mischen, wenn man es oral anwendet – aber dabei besonders gut durchrühren, damit sich das DMSO nicht am Boden des Glases ablagert.
Denken Sie daran: DMSO ist zwar vielversprechend, aber kein Wundermittel. Man sollte es als Teil eines ganzheitlichen Gesundheitskonzepts betrachten, zu dem auch eine nährstoffreiche Ernährung, regelmäßige Bewegung, Stressbewältigung und andere Lebensstilfaktoren zählen, die das Allgemeinbefinden unterstützen. Bei verantwortungsvoller Anwendung unter korrekter Anleitung könnte DMSO ein wertvolles Werkzeug im Gesundheitsarsenal darstellen, insbesondere wegen seiner antioxidativen, neuroprotektiven, Antikrebs- und entzündungshemmenden Eigenschaften.
Weiterführende Literatur
„The Remarkable History and Safety of DMSO“, 13.10.2024, tinyurl.com/22e95u4k
Die Endnoten zum Artikel finden Sie am Ende des E-Papers (PDF) und im Internet unter NEXUS-Magazin.de/Endnoten.

Wie kommt ein industrielles Extraktions- und Lösungsmittel in die Medizin? Durch einen Zufall: In den 1960er-Jahren entdeckt Dr. Stanley Jacob, dass das Mittel gut die Haut penetriert, andere Substanzen huckepack nehmen kann und nebenbei noch Schmerz und Entzündungen lindert. Es folgen großes Interesse und unzählige Studien, doch dann kommt das Mittel unter die Räder – manche unken, weil es zu gut war. Zugelassen ist es in den USA offiziell nur für eine einzige Erkrankung. Seit ein paar Jahren erlebt es im alternativmedizinischen Bereich ein Revival. Dr. Mercola sichtet die Studienlage und vielversprechende Einsatzzwecke, mahnt aber auch zur Vorsicht: Auch beim DMSO macht die Dosis das Gift.
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