DMSO ist eine organische Schwefelverbindung, die in der Medizin wegen ihrer lokal schmerzlindernden und entzündungshemmenden Eigenschaften zum Einsatz kommt. Es aktiviert zelluläre Stressreaktionen auf niedrigem bis moderatem Niveau und verstärkt so die Widerstandsfähigkeit gegen künftige Bedrohungen.
- In Forschungsergebnissen konnte man nachweisen, dass DMSO das Wachstum von Krebszellen hemmt und in mehreren Krebszellenlinien eine Apoptose (= programmierter Zelltod) auslöst. Dies lässt es als vielversprechende Substanz für gezielte Krebstherapien erscheinen, mit denen sich das Fortschreiten der Krebserkrankung verlangsamen oder aufhalten ließe.
- In Versuchen mit Mäusen zur Alzheimer-Erkrankung verbesserte sich durch niedrig dosiertes DMSO die Sehfunktion, wahrscheinlich wegen der antioxidativen Eigenschaften der Verbindung. Es könnte daher als frühzeitige Behandlung neurodegenerativer Krankheiten nützlich sein.
- DMSO ist mit MSM (Dimethylsulfon oder Methylsulfonylmethan) verwandt, das sich als positiv für die Gelenkgesundheit erwiesen hat. Es weist zudem antibakterielle Eigenschaften auf und hemmt in relativ niedrigen Konzentrationen das Wachstum diverser Bakterienstämme.
- DMSO ist zwar vielversprechend, hat aber Nebenwirkungen wie einen knoblauchartigen Geruch und Hautreizungen. Es verbessert die Aufnahme anderer Substanzen und kann mit bestimmten Medikamenten in Wechselwirkung treten, sodass bei seiner Verwendung Vorsicht geboten ist.
Die medizinische Verwendung von DMSO
Vielleicht haben Sie ja schon von der organischen Schwefelverbindung Dimethylsulfoxid oder DMSO gehört – als Mittel gegen Gelenkschmerzen oder Entzündungen. DMSO wird sowohl natürlich als auch synthetisch hergestellt. Es ist in Spuren in bestimmten Nahrungsmitteln vorhanden und wird in der wissenschaftlichen Forschung sowie bei industriellen Verfahren häufig als Lösungsmittel eingesetzt, da es die Fähigkeit besitzt, organische Verbindungen aufzulösen.

In der Medizin wird DMSO als lokales Schmerzmittel und als entzündungshemmendes Mittel verwendet. In den USA wurde es von der Arzneimittelzulassungsbehörde FDA für die Behandlung der interstitiellen Zystitis – auch als Blasenschmerzsyndrom bekannt – zugelassen; diese chronische Erkrankung verursacht Schmerzen und Druck in der Blase sowie einen ständigen Harndrang.1
DMSO wird auch als Gefrierschutzmittel bei der Kryokonservierung eingesetzt, um Zellschädigungen zu verhindern.2 Die Verbindung scheint also vielversprechend für die Behandlung zahlreicher Krankheiten zu sein, weist aber eine komplexe Beziehung zu menschlichen Zellen auf. Bei aktuellen Studien zu Hefezellen hat sich beispielsweise gezeigt, dass die Wirkung von DMSO stark von der Konzentration und der Einwirkungsdauer abhängig ist – beides hat einen Einfluss darauf, ob sich die Verbindung heilend oder schädlich auswirkt.3
Ein zellulärer Stressor, der die Widerstandskraft stärkt
Auf niedrigem bis moderatem Niveau aktiviert DMSO zelluläre Stressreaktionen, die die gesundheitliche Widerstandsfähigkeit eines Menschen erhöhen. In höheren Konzentrationen oder bei längerer Einwirkung beeinträchtigt es jedoch das Zellwachstum und kann sich sogar als toxisch erweisen. Die Gabe von zu geringen Mengen DMSO löste im Versuch die Reaktion nicht aus, bei zu hohen Mengen waren die Abwehrkräfte der Zellen überfordert.
Entscheidend ist, wie DMSO mit den Zellmembranen und der Energieerzeugung wechselwirkt. Die Studie ergab, dass eine kurzzeitige Einwirkung von moderaten DMSO-Konzentrationen die Hefezellmembranen weder signifikant schädigte noch deren Stoffwechselaktivität einschränkte.4 Sie aktivierte jedoch Stressreaktionsgene, die die Zellen darauf vorbereiteten, besser mit künftigen Bedrohungen umzugehen. Dies wäre eine Erklärung für einen Teil der schützenden Wirkungen von DMSO.
In der Studie wurde auch festgestellt, dass DMSO in bestimmten Konzentrationen die Reaktion auf umweltbedingten Stress (environmental stress response;ESR) der Hefezellen auslöst. Dieses zelluläre Alarmsystem, das durch diverse milde Belastungen ausgelöst wird, bereitet die Zellen darauf vor, besser auf künftige, vielleicht schwerere Belastungen zu reagieren.
Das lässt sich etwa damit vergleichen, dass Fitnesstraining eine kurzfristige Belastung für den Körper darstellt, ihn im Endeffekt aber stärker macht. Diese Aktivierung der Stressreaktion erklärt zum Teil, warum DMSO in der Kryokonservierung oder als schützendes Mittel gegen Strahlenschäden nützlich ist.
Bei höheren Dosierungen zeigte sich jedoch, dass DMSO die Zellteilung und das Überleben der Zellen zu beeinträchtigen begann. Die bevorzugte Energiequelle der Zellen spielt eine überraschend große Rolle dabei, wie gut sie DMSO vertragen. Die Studie ergab, dass Zellen, die hauptsächlich aerobe, also stark sauerstoffabhängige Atmung nutzen, am sensibelsten auf die toxischen Wirkungen von DMSO reagieren. Zellen, die sich hingegen auf Fermentierung oder eine Mischung aus Fermentierung und Atmung verlassen, hielten diesen toxischen Wirkungen besser stand.
Dieser Unterschied ist höchstwahrscheinlich auf die Wechselwirkung von DMSO mit den Mitochondrien – den Kraftwerken der Zelle – zurückzuführen. Zellen mit hochaktiven Mitochondrien sind anfälliger für Faktoren, die ihr empfindliches Gleichgewicht stören, darunter eben auch hoch dosiertes DMSO. Die Verbindung kann die mitochondriellen Membranen destabilisieren und damit eine erhöhte Produktion schädlicher reaktiver Sauerstoffspezies (reactive oxygen species;OSR) hervorrufen.
Die Forscher fanden heraus, dass eine Senkung des Sauerstoffniveaus in der Umgebung der Hefezellen ihre DMSO-Toleranz generell erhöhte. Das deutet darauf hin, dass die Wirkung von DMSO eng mit den sauerstoffabhängigen Prozessen in den Zellen zusammenhängt.
Ein Verbündeter im Kampf gegen Krebs
Aus Studien geht hervor, dass DMSO noch einen weiteren, unerwarteten Nutzen hat: Es hilft im Kampf gegen den Krebs. Forscher haben die Wirkung von DMSO sowohl auf Leukämiezellen (stellvertretend für Blutkrebsarten) als auch auf epitheliale Krebszellen (stellvertretend für solide Tumore) untersucht.5 Dabei konnten sie feststellen, dass DMSO das Zellwachstum aller untersuchten Krebszelllinien deutlich hemmt, einschließlich MV4-11- und TF-1a-Leukämiezellen sowie Hep-G2-Leberkrebszellen und MCF7-Brustkrebszellen.
Das Ausmaß dieser Hemmung hing sowohl von der Dosis als auch von der Zeit ab. Merkliche Wirkungen begannen bereits bei Konzentrationen ab nur zwei Prozent DMSO. Bei zehn Prozent DMSO erreichte die Wachstumshemmung in manchen Zelllinien nach 72 Stunden bis zu 69 Prozent. Das deutet darauf hin, dass DMSO als gezielte Therapie eingesetzt werden könnte, um das Krebswachstum zu verlangsamen oder zu beenden.
Die Studie beschränkte sich nicht auf die Beobachtung der Wachstumshemmung, sondern untersuchte auch, wie DMSO sich auf Krebszellen auswirkt. Mithilfe einer Trypanblau-Analyse, die lebende von toten Zellen unterscheidet, fanden die Wissenschaftler heraus, dass fünfprozentiges DMSO die Zelltodrate in Leukämiezellen nach 48 Stunden Einwirkungsdauer von 2–3 auf 15–19 Prozent erhöhte. Das deutet darauf hin, dass DMSO nicht nur die Teilung von Krebszellen verlangsamt, sondern diese schädlichen Zellen auch aktiv abtötet.6
Unter dem Mikroskop wiesen die mit DMSO behandelten Krebszellen signifikante Veränderungen ihrer Morphologie auf. Sie schrumpften, ihre Dichte nahm ab und – der wichtigste Aspekt – ihre Zellkerne begannen zu zerbrechen. Solche Kernfragmente, die in sich nicht teilenden Zellen in Form zahlreicher Punkte sichtbar werden, sind ein Kennzeichen der Apoptose, also des programmierten Zelltods.

Wie kommt ein industrielles Extraktions- und Lösungsmittel in die Medizin? Durch einen Zufall: In den 1960er-Jahren entdeckt Dr. Stanley Jacob, dass das Mittel gut die Haut penetriert, andere Substanzen huckepack nehmen kann und nebenbei noch Schmerz und Entzündungen lindert. Es folgen großes Interesse und unzählige Studien, doch dann kommt das Mittel unter die Räder – manche unken, weil es zu gut war. Zugelassen ist es in den USA offiziell nur für eine einzige Erkrankung. Seit ein paar Jahren erlebt es im alternativmedizinischen Bereich ein Revival. Dr. Mercola sichtet die Studienlage und vielversprechende Einsatzzwecke, mahnt aber auch zur Vorsicht: Auch beim DMSO macht die Dosis das Gift.
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