Investoren-Souveränität im Schwinden begriffen?

invNoch vor wenigen Jahren war die Investoren-Souveränität, die offiziell unter dem Namen „Investor-state dispute settlement“ (ISDS; Investor-Staat-Streitbeilegung) geführt wird, ein wichtiges und geradezu unerlässliches Element im Welthandel. Dabei handelt es sich um ein Instrument des internationalen Rechts, das es einem ausländischen Investor erlaubt, ein Streitbeilegungsverfahren gegen einen Staat anzustoßen, wenn besagter Investor seine nach internationalem öffentlichen Recht garantierten Rechte (z. B. die Marktchancen in dem betreffenden Land) verletzt sieht.

Mittlerweile scheint die internationale Entwicklung jedoch darauf hinzudeuten, dass die Rechte für Investoren wieder mehr und mehr zurückgeschraubt werden. Im vergangenen Jahr deutete Robert Lighthizer, der Handelsbeauftragte der Vereinigten Staaten, in einer Verlautbarung an, dass die USA bei künftigen Handelsvereinbarungen die ISDS möglicherweise nicht mehr unterstützen würden. Welche konkreten Folgen ein solcher Schritt haben könnte, blieb aber unklar. Die Canadian Broadcasting Corporation berichtete:

„Das vorläufige Handelsabkommen, auf das sich die USA vor Kurzem mit Mexiko einigten, gewährt uns vielleicht einen flüchtigen Blick darauf, was aus Kapitel 11 im Nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA – der Abschnitt, der die ISDS regelt – werden könnte. Ein amerikanischer Beamter sagte, dass die zwei Länder die ISDS auf Fälle von Zwangsenteignung, Voreingenommenheit gegen ausländische Unternehmen oder Verstöße gegen die Gleichbehandlung aller Handelspartner ‚beschränken‘ wollen.“

Die Bereitschaft, von der bisherigen ISDS-Praxis abzugehen, zeigt sich auch im häufig übersehenen, aber dennoch wichtigen Projekt zu Freihandelsvereinbarungen, das unter dem Namen Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) bekannt ist. Der indische Business Standard berichtet dazu:

„Obwohl Indien und China in Sachen Zolltarife und Marktzugang diametral entgegengesetzte Wege beschreiten, konnten sich die beiden Staaten gemeinsam mit anderen Ländern bei Gesprächen über Investitionsrichtlinien im geplanten RCEP-Abkommen weitgehend einigen. Im Bestreben, das Handelsabkommen möglichst schnell über die Bühne zu bringen, sind die beteiligten Staaten übereingekommen, die Bestimmungen zu ISDS-Investitionsschiedsverfahren zu lockern.“

Wie es scheint (und auch bei NAFTA und CETA mittlerweile der Fall ist), erachten die an RCEP beteiligten Staaten die Investoren-Souveränität nicht mehr als Priorität und sind bereit, sie einzuschränken, um eine Übereinkunft in anderen Bereichen zu erzielen. Hat sich der Grundsatz zu einer Verwässerung der ISDS einmal durchgesetzt, dann gibt es nichts mehr, was Nationalstaaten daran hindern könnte, eine völlige Abschaffung dieses rechtlichen Instruments zu fordern.

Quelle: TechDirt.com, 13.09.18, http://tinyurl.com/y9bknhfc

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