Können Gedankenwellen elektrisch übertragen werden?

gedankenwellenSchon vor über 100 Jahren knabberten die wichtigsten Vertreter ihrer Zunft an der Frage, ob Gedanken technisch übertragbar sind. Warum sind wir heute eigentlich nur ein My weiter – und welche Ansätze sind uns unterwegs verloren gegangen? Eine Zeitkapsel vom Oktober 1915 aus der Zeitschrift The Electrical Experimenter.

Ob Gedanken mittels Stromwellen von einem menschlichen Gehirn zum anderen übertragen werden können, ist eine viel diskutierte Frage, die schon seit einiger Zeit führende Wissenschaftler in der alten und neuen Welt beschäftigt. Zu den bekannten und brillanten Geistern, die sich ernsthaft mit dieser Frage auseinandergesetzt haben, zählen unter anderem Thomas A. Edison, Sir Oliver Lodge und Prof. Alexander Graham Bell.

Diese Fragestellung bildet mehr oder weniger die Grundlage der Erforschung paranormaler Phänomene, wenn man so sagen darf, da die Vertreter dieses noch wenig ausgereiften Wissenschaftsbereichs es als faktisch gegeben betrachten, dass „Gedanken von einem Geist zum anderen übertragen werden können“. Einige, die in diesem Bereich der Wissenschaft (sollten wir es überhaupt Wissenschaft nennen?) arbeiten, behaupten sogar, mit den Seelen verstorbener Personen kommunizieren zu können. Während der Großteil von uns angesichts der großartigen intellektuellen Fortschritte dieses aufgeklärten Zeitalters über solche Theorien und angeblichen neuen Künste erst einmal spotten mag, scheint es doch angebracht zu sein, noch einmal darüber nachzudenken, wenn so großartige wissenschaftliche Forscher wie Bell, Edison und Lodge sich ernsthaft mit der Materie befassen.

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Porträt von Alexander Graham Bell (Foto: Library and Archives Canada)

Während einer vor Kurzem abgehaltenen Konferenz des American Institute of Electrical Engineers in New York wurde Dr. Bell, Erfinder des Telefons, mit der Edison-Medaille „Für Verdienste um die elektrische Wissenschaft“ ausgezeichnet. Als Antwort auf die Präsentation, die die Übergabe der Verdienstmedaille begleitete, sagte er:

„Was istder nächste Schritt? Wir haben elektrisches Licht, elektrische Energie, elektrische Sprache und eine Vielzahl von elektrischen Anwendungen, die in den letzten Jahren gebräuchlich geworden sind. All unser Wissen über das äußere Universum haben wir mit unseren Sinnen gewonnen und die Wissenschaft unterstützt praktisch alle diese Sinne mit elektrischen Geräten. Machen wir weiter? Die Möglichkeiten für zukünftige Entwicklungen sind unvorstellbar groß.

Die Menschheit kann bereits jetzt fast alles elektrisch unterstützen und ich kann mir durchaus vorstellen, dass Menschen ein Drahtgeflecht um ihren Kopf tragen und über diesen Apparat per Induktion ihre Gedanken miteinander austauschen.“

Sein Publikum, bestehend aus eintausend Elektroingenieuren und deren Gästen, wirkte bei diesen Worten keineswegs skeptisch, auch nicht bei der erwähnten möglichen Weiterentwicklung elektrischer Anwendungen. Dennoch fügte Dr. Bell hinzu: „Doch es ist an Ihnen, dies zu ermöglichen“, mit der Betonung auf „Ihnen“. Als das Gelächter abebbte, fügte er hinzu:

„Mich hat vor allem die Tatsache gefesselt, dass die jüngsten Entwicklungen alle mit Schwingungen zusammenhängen. Stellen Sie sich vor, Sie wären in der Lage, einen Eisenstab in einem dunklen Raum in jeder beliebigen Frequenz schwingen zu lassen. Zu Anfang, wenn der Stab langsam schwingt, nehmen wir das nur mit einem Sinn, durch Berührung, wahr. Kurz darauf, wenn er schneller schwingt, entsteht ein leises Geräusch, das zwei unserer Sinne anspricht. Bei etwa 32.000 Schwingungen pro Sekunde ist das Geräusch laut und schrill, doch bei 100.000 Schwingungen pro Sekunde ist es nicht mehr zu hören oder durch Berührung zu fühlen. Zwischen 100.000 und 1.500.000 Schwingungen pro Sekunde gibt es keinen menschlichen Sinn, der irgendetwas davon wahrnehmen könnte. Im nächsten Stadium werden die Schwingungen erst durch Erwärmung fühlbar und später, wenn der Eisenstab vor Hitze rot glüht, auch sichtbar. Ab einer Frequenz von 3.000.000 Schwingungen strahlt er violettes Licht ab.

Nun kam mir in den Sinn, dass wir eine Menge über den Effekt jener Schwingungen in dem großen Bereich lernen können, den Menschen mit ihren normalen Sinnen weder sehen noch hören oder fühlen können. In diesem Bereich liegt das Potenzial, kabellos Nachrichten durch Schwingungen im Äther zu übermitteln, doch das Frequenzband ist so breit, dass es da noch mehr geben muss. Sie müssen Maschinen erfinden, die neue Sinne unterstützen, wie das die kabellosen Geräte machen. Kann man, wenn man diese enorme Lücke betrachtet, also wirklich sagen, dass es für Sie keine Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der elektrischen Wissenschaften gibt?“

Die beigefügte Illustration vermittelt eine Idee davon, wie die von Dr. Bell vorgeschlagenen Induktionsspulen auf dem Kopf für die Übertragung und den Empfang von Gedankenwellen durch das menschliche Gehirn aussehen könnten.

Sir Oliver Lodge, der sich mit der Übermittlung von Geheimdienstnachrichten beschäftigte, erklärte, es sei nicht utopisch, sich vorzustellen, dass die Entwicklung einst so weit voranschreiten würde, dass ein Mensch einen anderen einfach beim Namen nennen könnte, um ihn unter den Millionen Menschen der Weltbevölkerung zu finden. Und sollte der Gerufene nicht antworten, so sei es wahrscheinlich, dass er nicht mehr unter den Lebenden weile. Das scheint tatsächlich eines der fantastischen Ziele zu sein, auf die das Bestreben der modernen Wissenschaft ausgerichtet ist.

Dr. Alexander Bell hat bereits mit der Übertragung von Gedankenwellen über weitere Strecken per elektrischer Induktion experimentiert. Der Erfinder des Telefons und sein Assistent, Prof. Ellis, bauten Helme mit improvisierten Induktionsspulen und setzten sie auf. Doch das einzige Ergebnis dieses kurzen ersten Versuchs – veröffentlicht zwei Jahre später – war, dass zwar keine Gedankenübertragung stattfand, aber das Gefühl der Übelkeit, das Ellis damals plagte, an Dr. Bell übermittelt wurde. Daran erinnerte sich Bell, als das Experiment nach einiger Zeit wissenschaftlich diskutiert wurde, und er meinte, der Test stelle keinen wirklich gültigen Versuch dar, da er an diesem Tag unter Kopfschmerzen und Übelkeit gelitten habe. Dr. Bell kam also zu dem Schluss, dass sich die verschiedenen Emotionen und Empfindungen leichter übermitteln lassen als Gedanken und geht davon aus, dass er in einiger Zeit mit intensiveren Experimenten zum Thema beginnen wird.

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Abbildung aus dem Electrical Experimenter von 1915 mit folgender Bildunterschrift: „Wird der Tag kommen, an dem sogar unsere ‚Gedanken‘ elektrisch von einem Gehirn zum anderen übertragen werden können?“

Thomas A. Edison, der Zauberer unter den Erfindern und der wahrscheinlich führende amerikanische Wissenschaftler, war von diesen sogenannten telepathischen oder Gedankenwellenübertragungen äußerst beeindruckt, speziell von den Versuchen eines Experten namens Bert Reese. Edison führte verschiedene strenge Tests gemeinsam mit Reese durch, ebenso einige Versuche mit dem Experten und den Mitarbeitern der Edison-Fabrik. Edison berichtete dazu:

„Dann fragte ich, ob ich es einmal versuchen könnte. Für meinen Test ging ich in ein anderes Gebäude und schrieb die Worte ‚Gibt es ein besseres Material als Nickelhydroxid für alkalische Akkumulatoren?‘ auf einen Zettel.

Zu diesem Zeitpunkt experimentierte ich gerade mit neuartigen Akkumulatoren und zweifelte, ob ich mich auf dem richtigen Weg befand. Während ich den Zettel mit den obigen Worten zusammenfaltete und einsteckte, beschäftigte ich mich gedanklich mit einem gänzlich anderen Problem und arbeitete im Geiste an dessen Lösung, sodass Reese die Botschaft auf dem Zettel nicht durch Gedankenlesen ‚entziffern‘ können würde. Dann ging ich zurück in den Raum, wo Reese auf mich gewartet hatte. In dem Moment, als ich den Raum betrat, sagte er: ‚Nein, es gibt nichts Besseres als Nickelhydroxid für alkalische Akkumulatoren.‘

Er hatte offenbar meine Frage korrekt gelesen, und ich bin bis heute überzeugt, dass es für diesen Verwendungszweck nichts Besseres als Nickelhydroxid gibt.

Etwa zwei Jahre später kam der Bursche aus der Portiersloge meines Labors herein, um mir mitzuteilen, dass Reese am Eingang sei und mich sehen wolle. Ich nahm einen Stift und schrieb in mikroskopisch kleinen Buchstaben ‚keno‘ auf ein Blatt Papier. Ich faltete es, steckte es in die Tasche und sagte dem Burschen, er solle Reese he­reinbringen. Ich begrüßte ihn und sagte: ‚Reese, ich habe ein Stück Papier in meiner Tasche, was steht darauf?‘ Ohne auch nur einen Moment zu zögern, sagte Reese: ‚keno‘.“

H. Gernsback, der sich eingehend mit Themen wie Telepathie und Dingen wie „Gedankenübertragung“ beschäftigt hat, soweit diese derzeit erforscht werden können, hat einen Vorschlag gemacht, der auf diesem Gebiet als erprobungswürdig bezeichnet werden kann. Sein Vorschlag umfasst den Einsatz eines oder mehrerer Temperaturfühler, die, wie wir wissen, elektrische Ströme erzeugen, wenn sie sich erwärmen. Man hat bereits festgestellt, dass, wann immer das Gehirn sich intensiv mit einem Problem oder Gedanken befasst, unweigerlich auch Wärme entsteht, die sich durch, wenn auch oft nur minimalen, Schweiß auf der Stirn dieser Person zeigt. Wenn also die Temperaturfühler auf der Stirn platziert werden, könnten Wellen aufgenommen und über einen Draht an einen geeigneten Empfangsapparat oder ein Instrument übertragen werden, das am Kopf einer zweiten Person angebracht ist.

Eine von H. W. Secor verbreitete Theorie basiert auf einem anderen Phänomen. Dieses spezielle Verfahren entspricht mehr oder weniger der sogenannten Aura, von der wir wissen, dass sie in beträchtlicher Entfernung um den menschlichen Körper herum existiert. Vor einiger Zeit gelang es einem bekannten englischen Wissenschaftler und Forscher, diese mehrfarbigenAurenrund um den menschlichen Körper mit speziell beschichteten Sichtfilter sichtbar zu machen. Wenn man durch diese Filter hindurchsah, konnte man durch sie die sich ständig verändernden Auren um den Körper ganz klar erkennen. Darüber hinaus, und in Übereinstimmung mit Secors Theorie, wiesen die Auren unterschiedliche Farben und Schattierungen auf, je nach Zustand des Geistes oder Gehirns der beobachteten Person. Sie waren rot oder orangerot bis gelb, wenn die Person große Wut verspürte, daher dürfte es für die verschiedenen Emotionen jeweils spezifische Farben geben.

Wenn die von Dr. Bell angedachten, am Kopf zu befestigenden Induktionsspulen funktionieren, dann höchstwahrscheinlich aufgrund dieser Aurastrahlen des Körpers, die ziemlich sicher elektrischer Natur sind. Wenn dem so ist, dann sollte jeweils eine einfache Spule für den Sender und den Empfänger ausreichen, da die Veränderungen in der elektrischen Aura, die sich um den Körper bildet und vom Gehirn gesteuert wird, sich ständig ändernde elektrische Ströme erzeugen, die über ein Kabel von einer zu anderen Spule übertragen werden. Die zweite Spule könnte dann anhand der wechselnden Ströme, die durch das Kabel empfangen werden, das elektrische Feld der Aura der Person beeinflussen, auf deren Kopf sie sich befindet.

Mehrere Experten der elektrischen Wissenschaft, insbesondere Dr. Giuseppe Musso, der bekannte Elektroingenieur und Berater der Stadt New York, haben allerdings darauf hingewiesen, dass sich die richtigen Stellen für diese Sender- und Empfängerspulen oder andere Geräte wahrscheinlich nicht am Kopf befinden, sondern an irgendwelchen anderen sensiblen Punkten am Körper, die durch Experimente gefunden werden müssten. Unter anderem auch deswegen, weil diese sensiblen Punkte den größten Einfluss auf die Veränderung der elektrischen Ladung im Körper haben. Musso meinte auch, dass die besten Ergebnisse in Versuchen zur Gedankenübertragung durchgängig bei Personen beobachtet worden seien, die eine starke Zuneigung füreinander haben, was man auch als zwei Geister „im Gleichklang“ oder in Resonanz bezeichnen könnte.

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