Tödliche Psychiatrie: Wahrheiten, Mythen und Trugschlüsse

PsychDie Diagnose psychischer Störungen beruht auf fragwürdigen Kriterien – und die psychiatrische Behandlung erfordert fast immer wenigstens ein gefährliches Medikament aus der Hausapotheke der großen Pharmakonzerne. Die epidemische Einnahme von Psychopharmaka geht wiederum einher mit einer besorgniserregenden Zunahme von Krankheiten und einer höheren Sterberate.

Psychopharmaka führen zu Fehldiagnosen

Es gibt mehrere Gründe (aber nur wenige gute), aus denen vielen Patienten mit psychischen Krankheiten mehr als eine Diagnose gestellt wird. Zum einen sind die diagnostischen Kriterien sehr weit gefasst und greifen daher bei den Problemen der Patienten nur selten. Zum anderen gibt es recht viele Überlappungen zwischen den verschiedenen diagnostischen Kategorien und dazu die Tendenz, dass eine Erkrankung mit der Zeit in eine andere übergeht. Letztgenanntes wird oft als hohe Komorbidität bezeichnet, hat aber nichts damit zu tun, dass der Patient etwa mehrere Krankheiten hätte, sondern eher damit, dass die Krankheiten so ungenau definiert sind. Der dritte Punkt ist, dass Nebenwirkungen von Psychopharmaka oft als neue Störungen fehlinterpretiert werden. So kann es kommen, dass die Verschreibung eines Medikaments in vielen Fällen in einer Art Kettenreaktion zur Verschreibung immer neuer Medikamente führt. Nach Einnahme von Neuroleptika kann sich ein Patient beispielsweise antriebslos und depressiv fühlen, also verabreicht man ihm Antidepressiva. Sobald er die nimmt, können sich Symptome einer Manie zeigen – und dann bekommt er wieder andere Neuroleptika.

Die Ärzteschaft sollte endlich erkennen, dass es unmöglich ist zu beurteilen, ob ein Patient tatsächlich an diesen zusätzlichen „Erkrankungen“ leidet, solange der Patient sich unter dem Einfluss bewusstseinsverändernder Chemikalien befindet. Dazu kommt, dass die nachteiligen Auswirkungen eines Medikaments auftauchen und wieder verschwinden können, weshalb viele Leute auch glauben, dass es sich dabei nicht um Nebenwirkungen eines Psychopharmakons handeln kann. So können nicht nur Routinebehandlungen, sondern auch der Versuch, ein Medikament wieder abzusetzen (was ebenfalls Nebenwirkungen hat), zu immer weiteren Diagnosen, weiteren Medikamenten und weiteren Schädigungen führen. Suchtexperten wissen sehr genau, dass es sinnlos ist, zugrunde liegende psychiatrische Krankheiten diagnostizieren zu wollen, solange der Patient Drogen missbraucht. Drogenmissbrauch und -abhängigkeit imitieren mit ihrem Kreislauf aus Rausch und Entzug jedes nur denkbare psychiatrische Problem. Warum hören die Psychiater also nicht endlich damit auf, Diagnosen zu stellen, wenn ihre Patienten unter dem Einfluss jener im Gehirn aktiven Chemikalien stehen, die wir als Psychopharmaka bezeichnen?

Ein vierter wichtiger Grund für die viel zu vielen Diagnosen ist, dass eine Diagnose oft schon beim ersten Arztbesuch erstellt wird. Dabei kann der Patient aber traurig sein, Stress in der Arbeit, Beziehungsprobleme oder ein traumatisches Erlebnis hinter sich haben – alles Dinge, die viele von uns zeitweise erleben. Die Ärzte vergessen gern, dass eine Diagnose immer nur eine Momentaufnahme ist und es dem Patienten vor und nach dem Arztbesuch ganz gut gehen kann. Daraus folgt: Je öfter ein Mensch einen Arzt aufsucht, desto höher ist das Risiko einer Fehldiagnose.

Ärzte sollten daher Geduld haben und ihre Patienten nicht gleich beim ersten Besuch mit einer Diagnose belegen. Selbst wenn sie sich später als falsch herausstellen sollte, wird man eine solche Diagnose nämlich fast nie ganz los. Sie stigmatisiert die Betroffenen und schadet ihnen eventuell beruflich, versicherungstechnisch oder in einer anderen bedeutenden Hinsicht.

Ärzte sollten übrigens auch nicht gleich beim ersten Besuch Medikamente verschreiben, wenn sie sich nicht einem sehr akuten Krankheitsbild gegenübersehen. Wenn ein Patient darauf besteht, ein Medikament – z. B. ein Antidepressivum – verordnet zu bekommen, sollte der Arzt ein ehrliches Gespräch mit ihm führen, in dem er ihn über die vielen Nebenwirkungen und die zweifelhafte positive Wirkung informiert. Das dürfte wohl die meisten Patienten davon überzeugen, dass man hier nichts übereilen soll.

Die Diagnosen der Psychiater passen sehr schlecht zu der Art Patienten, mit denen Allgemeinmediziner zu tun haben. Wenn ein Erstversorger es aber wagt, die Ansicht eines Spezialisten über psychische Erkrankungen infrage zu stellen, wird er in den meisten Fällen mit Unglauben konfrontiert und verstärkt so nur die Meinung der psychiatrischen Profession, dass Erstversorger einfach besser ausgebildet werden müssten. Ausgebildet – worin denn? Hoffentlich nicht in den DSM-Diagnosen!

Anmerkung der Redaktion

Beim vorliegenden Artikel handelt es sich um eine gekürzte Fassung der ersten zwei Kapitel aus Professor Gøtzsches Buch „Deadly Psychiatry and Organised Denial“. Die Endnoten können Sie in der Buchvorschau beiAmazoneinsehen: http://tinyurl.com/jfps6jj. Klicken Sie das Titelbild des Buchs, um die Vorschau zu öffnen.

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