„Fast alles lebt ewig“

Sein Leben lang läuft Robert Temple in Wirken und Werken dem Mainstream voraus – wenn überhaupt, kommt der Jahre später hinterher. In seinem jüngsten Buch „A New Science of Heaven“, das im englischsprachigen Raum auch in Fachkreisen heiß diskutiert wird, widmet er sich einer hintergründigen Wissenschaft: der Plasmaforschung. 99,9 Prozent des Universums bestehen aus Plasma, dem vierten Aggregatzustand der Materie – die Standardphysik beschäftigt sich also nur mit 0,1 Prozent der Realität. Dabei hat Plasma originelle Eigenschaften, die neue Technologien verheißen und eine Brücke zwischen Materie, Geist und Bewusstsein schlagen. Ist das der Grund, warum man so wenig davon hört?

NEXUS: Robert, Sie sind in Deutschland bekannt für Bücher wie „Die Kristallsonne“ und „Das Sirius-Rätsel“, Titel, die sich augenscheinlich mit Mysterien aus der Vergangenheit auseinandersetzen. In Ihrem neuen Buch geht es um hochmoderne Wissenschaft, nämlich die Plasmaphysik. Wie kam es dazu?

RT: Die Grenzen der Wissenschaft haben mich immer schon interessiert. Ende der 1970er-Jahre war ich Mit­herausgeber einer Zeitschrift, die redaktionell ähnlich gelagert war wie NEXUS. Außerdem war ich mehrere Jahre lang Rezensent von Werken über Wissenschaftsgeschichte fürNature, schrieb für den New Scientist und verfasste regelmäßig Wissenschaftsartikel für die Londoner Sunday Times. Schon 1986 veröffentlichte ich das Werk „The Genius of China“, das im deutschen Sprachraum unter dem Titel „Das Land der fliegenden Drachen“ herauskam; es behandelte 3.000 Jahre chinesische Wissenschafts- und Technologiegeschichte. Ich habe auch diverse Fachartikel publiziert, zum Beispiel über Naturkonstanten (samt einer Erklärung des Massenverhältnisses von Elektron zu Proton und warum es 1.836 beträgt) und über eine alternative Erklärung für die Temperatur der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung, die nichts mit dem „Urknall“ zu tun hat. Da ich nicht gern Werbung für mich selbst mache, spreche ich selten über die vielen Dinge, die ich getan habe – aber in den Grenzbereichen der Wissenschaft bin ich sozusagen zu Hause.

NEXUS: Plasma wird oft als der vierte Aggregatzustand der Materie bezeichnet. Was sind seine besonderen Eigenschaften – und warum ist es wichtig für uns?

RT: Es ist wichtig für uns, weil 99,9 Prozent von allem, was existiert, Plasma ist. Wenn wir es ignorieren, bedeutet das daher, dass wir 99,9 Prozent der Wirklichkeit ignorieren. Plasma besteht aus geladenen Teilchen und Ionen; es funktioniert auf der Grundlage, dass alle seine aktiven Teilchen geladen sind. Atome haben eine neutrale – oder anders ausgedrückt: keine – Ladung. Aus ihnen besteht die physische Materie. Plasma kann in gasförmiger, flüssiger, fester und kristalliner Form vorliegen. Es handelt sich um eine völlig andere Form der Materie, nicht nur ihren vierten Aggregatzustand, sondern eben all die erwähnten Zustände. Seine Bestandteile sind negativ geladene Elektronen, positiv geladene Protonen und ebenfalls positiv geladene Ionen. Atome können in Plasma vorkommen, aber nicht als aktive Bestandteile.

NEXUS: Nach der Lektüre Ihres Buches hat man den Eindruck, Plasma sei alles. Warum haben wir das nie in der Schule gelernt?

new science of heaven

RT: Die Menschen sehen, was man sie zu sehen gelehrt hat. Die Schulen und Universitäten fördern verkrustetes und aus zweiter Hand stammendes Denken. Wenn jemand etwas zu sehen glaubt, das andere Leute nicht sehen, bekommt er Angst und ist besorgt, seine Förder­gelder, seinen Beruf und seine akademische Position zu verlieren. Er fürchtet, dass man ihn canceln und sein Leben zerstören könnte, weil er die konventionelle Lehrmeinung in Zweifel gezogen hat. Es ist die Angst, die Menschen davon abhält, etwas zu sagen, das den Konsens infrage stellt.

NEXUS: Ist Plasma die hypothetische „Dunkle Materie“?

RT: Meiner Ansicht nach sind Dunkle Materie und Dunkle Energie, die man so häufig als geheimnisvolle und unbekannte Bestandteile des Universums anführt, in Wahrheit alles andere als geheimnisvoll. Mir scheint es ganz offensichtlich, dass es sich dabei um die Plasma­wolken und -filamente handelt, mit denen das Universum angefüllt ist. Ich begreife nicht, warum sich so viele Astrophysiker dieser Tatsache verschließen.

NEXUS: In Ihrem Artikel in NEXUS 120 haben Sie über „komplexes“ bzw. „staubiges“ Plasma geschrieben. Wa­rum ist das so wichtig – und welche Eigenschaften besitzt es, über die „normales Plasma“ nicht verfügt?

RT: Den Begriff „komplexes staubiges Plasma“ (engl.: complex dusty plasma) verwenden Plasmaphysiker zur Bezeichnung einer sehr speziellen Plasmaart; er ist also nicht nur ein rein beschreibender, sondern ein Fachausdruck. Dieses Plasma enthält Staub, wie der Name schon sagt, doch das Wort „komplex“ bezieht sich darauf, dass die dynamischen Prozesse in dieser Plasmaart sich nicht mittels linearer Gleichungen beschreiben lassen, sondern nur mit nichtlinearen. Solche Plasmen haben ganz besondere Eigenschaften.

Ganz allgemein kann man sagen, dass nur ein staubiges Plasma wirklich interessant ist. Und der beste Staub für ein solches Plasma ist so fein, dass er für das freie Auge nicht sichtbar ist, weil er aus mikrometer- oder gar nanogroßen Staubteilchen besteht. Ein staubiges komplexes Plasma ist stets hoch geladen; an einem einzigen Staubteilchen können bis zu 10.000 Elektronen haften. Staubige komplexe Plasmen verfügen über eine differenzierte innere Struktur, sind selbstorganisierend und werden zunehmend komplex. Wir wissen noch nicht genug über diese Plasmen – und ein Großteil der einschlägigen Forschung ist geheim.

NEXUS: Wie und warum ist Plasma dazu imstande, Materie zu erzeugen? Und was bedeutet „selbstorganisierend“?

Den vollständigen Artikel können Sie in NEXUS 122 lesen.

Printausgabe und E-Paper erhalten Sie im Shop ... dort können Sie unser Heft auch abonnieren.

Kommentar schreiben

Folgende Art von Kommentaren sind unerwünscht und werden von uns entfernt:

  • (Schleich-)Werbung jedweder Art
  • Kommentare die nichts zum Thema beitragen
  • Kommentare die der deutschen Sprache nicht gerecht werden
  • Geplänkel mit anderen Kommentarschreibern
  • Kontaktanfragen an die Redaktion (benutzen Sie hierfür bitte das Kontaktformular)

Bitte beachten Sie unsere Datenschutzhinweise