Gardasil: Durchgewunken und mangelhaft

Als nach langer Ursachenforschung die humanen Papillomaviren (HPV) als alleinige Erreger von Gebärmutterhalskrebs festgezurrt wurden, entwickelten Pharmariesen rasch Impfstoffe gegen HPV. Diese aber wurden an einem Surrogatmarker getestet – ihre Wirksamkeit ist also nicht endgültig beweisbar –, enthalten unsichere Wirkungsverstärker und rufen Nebenwirkungen hervor. Rechtfertigt das die Impfung von Millionen gesunder Mädchen?

Was ist Gebärmutterhalskrebs?

Als Krankenschwester habe ich mich um Frauen mit Gebärmutterhalskrebs im fortgeschrittenen Stadium gekümmert. Diese schreckliche Krankheit führt oft Schritt für Schritt zum Tod und bringt zusätzlich das demütigende Ärgernis übel riechenden Vaginalausflusses mit sich. Gegenmaßnahmen wie häufiges Baden oder die örtliche Anwendung von ätherischen Ölen überdecken die unangenehmen Gerüche und lenken vom Verfall des Körpers ab.

Über Brustkrebs wurden schon unzählige Berichte verfasst, aber man liest nur selten konkrete Darstellungen von Frauen mit Gebärmutterhalskrebs. Über das Leid älterer Patientinnen wird fast gar nicht berichtet. Dies ist erstaunlich, denn laut einer Studie der Universität Keele in Großbritannien sind 20 Prozent der an Gebärmutterhalskrebs erkrankten Frauen über 64 Jahre alt, und fast jede zweite Patientin, die an der Krankheit verstirbt, gehört dieser Altersgruppe an (The Guardian, 2015).

Gebärmutterhalskrebs ist ein bösartiger Tumor im unteren, schmalen Bereich der Gebärmutter. Er entwickelt sich aus veränderten Zellen, die zuerst einen meist symptomlosen Zustand hervorrufen, den man zervikale Dysplasie nennt. Dieser kann mit einem PAP-Abstrich diagnostiziert werden (WebMD.com, 2017) und gilt noch nicht als Krebs, sondern als Präkanzerose. Die meisten Fälle von zervikaler Dysplasie, auch bekannt als zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN), entwickeln sich nicht zu Krebs weiter. CIN wird in drei Schweregrade eingeteilt: CIN 1 entspricht einer leichten Dysplasie, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ohne Behandlung von allein wieder verschwindet, wenngleich weitere Abstriche zur Nachsorge empfohlen werden. CIN 2 steht für mittelgradige und CIN 3 für hochgradige Dysplasie. Diese beiden Stufen werden gewöhnlich durch das Entfernen der abnormen Zellen behandelt (Macmillan, 2015).

Die blaue Fläche des Diagramms zeigt Gebärmutterhalskrebs im Stadium 2b. (© Cancer Research UK/Wikimedia Commons)

Die Zeitspanne zwischen den ersten Zellveränderungen und der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs kann mehrere Jahre betragen und hängt möglicherweise vom allgemeinen Gesundheitszustand der betroffenen Patientin ab (Dyson, 1986, S. 13–16). Linda Dyson, Verfasserin von „Cervical Cancer: A Book for Every Woman“, vertritt die These, dass die Art und die Zeit der Krankheitsentwicklung von verschiedenen Faktoren abhängig sind. Als Beispiele nennt sie die allgemeine Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten, Rauchen oder die Einnahme oraler Kontrazeptiva (S. 16).

Gebärmutterhalskrebs tritt in zwei unterschiedlichen Formen auf. Die häufigste Art ist Stachelzellkrebs (auch spinozelluläres Karzinom), der in mehr als 70 Prozent der Krankheitsfälle diagnostiziert wird. Weniger verbreitet ist hingegen das Adenokarzinom, das sich in Drüsenzellen bildet und schwieriger zu erkennen ist als der Stachelzellkrebs. Es gibt viele Risikofaktoren, die Gebärmutterhalskrebs begünstigen: Rauchen, ein geschwächtes Immunsystem, Mehrlingsschwangerschaften, familiäre Vorbelastung, langjährige Einnahme der Antibabypille und in jüngerer Zeit auch HPV, das humane Papillomavirus (Cancer Council Victoria, 2015a; Wang et. al., 2009; American Cancer Society, 2016). Das Risiko, ein klarzelliges Adenokarzinom im Gebärmutterhals zu entwickeln, ist bei Töchtern, deren Mütter während der Schwangerschaft das synthetische Östrogen Diethylstilbestrol (DES) einnahmen, 40 Mal höher als bei Frauen, die nicht mit diesem Medikament in Kontakt gekommen waren. Obwohl diese Krebsform eher selten auftritt, wird sie bei durchschnittlich einer von 1.000 der sogenannten „DES-Töchter“ festgestellt (National Cancer Institute, 2011).

Mitte des 19. Jahrhunderts ließen sich 80 Prozent der krebsbedingten Todesfälle bei Frauen auf Brust- und vor allem Gebärmutterkrebs zurückführen (Löwy, 2011, S. 18). Als chirurgische Eingriffe noch nicht möglich waren, trug man Belladonna, Schierling, Strychnin, Blei oder sogar Quecksilber auf die Tumorherde auf in der Hoffnung, mithilfe dieser Substanzen den Krebs zu besiegen (S. 21). Mit dem Fortschritt der Chirurgie wurden Behandlungen wie die Kauterisation angewandt, um den entsetzlichen Folgeschäden bei fortgeschrittenem Gebärmutterhalskrebs entgegenzuwirken (S. 30). Eine dieser Komplikationen ist die Bildung einer Fistel, einer dauerhaften Verbindung zwischen der Vagina und der Harnröhre oder dem Enddarm, die bei den betroffenen Frauen zu Inkontinenz und dem schmerzhaften Austreten von Blut, Urin und Fäkalien führt. Verständlicherweise wurde dieser Krankheitszustand von den Patientinnen als „ein Schicksal schlimmer als der Tod“ empfunden (S. 32).

Heutzutage sind chirurgische Eingriffe oder eine Kombination aus Chemotherapie und Bestrahlung die häufigsten Behandlungsmethoden bei Gebärmutterhalskrebs. Die meisten Frauen, bei denen Gebärmutterhalskrebs oder ein Carcinoma in situ früh genug diagnostiziert wird, können effektiv behandelt werden und haben gute Heilungschancen. In Australien beträgt die Überlebensrate nach fünf Jahren ganze 72 Prozent (Cancer Council Australia, 2016a).

Was sind die Ursachen von Gebärmutterhalskrebs?

Im Laufe der Zeit wurden viele Theorien zu den Ursachen von Gebärmutterhalskrebs aufgestellt und wieder verworfen.

Es gibt Berichte von Medizinern aus dem frühen 19. Jahrhundert, die der Ansicht waren, die Erkrankung wäre auf „sexuelle Exzesse und Sittenlosigkeit“ zurückzuführen. Beobachtungen zufolge trat die Krankheit häufiger bei Frauen aus einem ärmlichen, städtischen Umfeld auf als bei finanziell besser gestellten, verheirateten Frauen vom Land (Löwy, S. 129). Der italienische Chirurg Domenico Rigoni-Stern griff diesen dubiosen Gedankengang auf und behauptete, Gebärmutterhalskrebs trete nur äußerst selten bei Nonnen auf (S. 130). Diese Theorie wurde später von einer Studie widerlegt, in der sich herausstellte, dass entgegen der vorherrschenden Meinung auch Ordensschwestern und Frauen in langjährigen Beziehungen von der Krankheit betroffen waren. Der britische Arzt J. C. W. Lever, MD, fand heraus, dass sich unter den Gebärmutterkrebspatientinnen 5,83 Prozent alleinstehende Frauen, 86,6 Prozent verheiratete Frauen und 7,5 Prozent Witwen befanden (S. 131).

Als man den Gedanken wieder verworfen hatte, dass sexuelle Exzesse oder Sittenlosigkeit für Gebärmutterhalskrebs verantwortlich seien, spekulierten die Forscher, dass eine „chronische Reizung“ oder irgendein zugrunde liegender Entzündungsprozess das fehlende Bindeglied sein könnte (Löwy, S. 132). Im Fall von Gebärmutterkrebs ging man davon aus, dass das Trauma der Geburt selbst einen Risikofaktor darstellen könnte. Solche Spekulationen könnten erklären, warum Gebärmutterhalskrebs häufiger bei Frauen mit niedrigem sozioökonomischen Status als bei vermögenden Frauen auftrat: Bedürftige Frauen bekamen generell mehr Kinder, hatten ein härteres Leben, seltener Zugang zu medizinischer Behandlung und mussten nach den Geburten ihrer Kinder oft auf die dringend benötigte Ruhe verzichten (S. 134).

Im 19. Jahrhundert gingen Mediziner davon aus, dass Gebärmutterhalskrebs hauptsächlich bei bedürftigen Frauen in Großstädten auftritt. (Archivaufnahme einer Familie in Bethnal Green, London, circa 1880er Jahre)

Ich glaube, dass die Forscher in der damaligen Zeit auf dem richtigen Weg waren, als sie vermuteten, dass soziale Umstände wie Armut und Ungleichheit in irgendeiner Weise in den Krankheitsprozess involviert waren.

Die britische Psychologin, Forscherin und Autorin Susan Quilliam beschrieb diese Lebensstilfaktoren, die das Gebärmutterhalskrebsrisiko erhöhen, 1989 in ihrem Buch „Positive Smear“. Kurz bevor die Idee aufkam, dass das humane Papillomavirus bei Gebärmutterhalskrebs eine Rolle spielt, betonte Quilliam, dass es wichtig sei, auf eine abwechslungsreiche Ernährung zu achten, da bei Frauen mit zervikaler Dysplasie häufig ein Mangel an Vitamin C, Betacarotin und Folsäure festgestellt werde. Ebenso bezeichnet Quilliam ein gesundes Umfeld, gute Hygiene und eine ausgewogene Ernährung als Grundvoraussetzungen für Gesundheit und Krankheitsresistenz (Quilliam, 1989, S. 96–98). Bei ihren Beobachtungen zu den Ursachen von Gebärmutterhalskrebs äußert sie sich außerdem zur Antibabypille und deren negativen Auswirkungen auf die natürliche Immunität und die Fähigkeit des Körpers, Folsäure aufzunehmen (S. 99).

Bedauerlicherweise geht seit der Veröffentlichung von Quilliams Buch die Tendenz wieder dahin, Gebärmutterhalskrebs mit sexueller Aktivität in Verbindung zu bringen. Die Hauptursache sieht man heutzutage bei HPV, und jede Diskussion über andere möglicherweise krebsbegünstigende Faktoren wird von den Massenmedien bereits im Keim erstickt.

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