Sonnenstürme, elektromagnetische Impulse und die Atomkatastrophe

Ein offenkundiges, aber weithin missachtetes Risiko von weltweiter Größenordnung besteht in einem flächendeckenden Ausfall der Elektrizität. Die Auswirkungen auf die Sicherheit von Atomkraftwerken wäre verheerend. Dabei wäre es relativ leicht, zumindest die schlimmsten Folgen zu verhüten.

Wenige Tage nachdem der Tsunami die Dieselgeneratoren in Fukushima zerstört hatte, war das Wasser in den Abklingbecken des Reaktorblocks Nr. 4 verkocht, wodurch die Brennstäbe teilweise der Luft ausgesetzt waren. Ohne den heldenhaften Einsatz der japanischen Angestellten des Kraftwerks, die kontinuierlich Wasser nachfüllten, wären die Brennstäbe geschmolzen, und ihre Zirkonium-Hüllrohre hätten sich entzündet. Dadurch wäre wahrscheinlich noch viel mehr radioaktives Material in die Umwelt gelangt, als es durch die Kernschmelze schon geschehen ist. Die japanischen Behörden schätzen, dass bei dem Unglück bis heute mehr als die Hälfte der Radioaktivität des Tschernobyl-Unglücks freigesetzt wurde. Andere Quellen sprechen aber von deutlich größeren Strahlungsmengen. Nehmen wir an, dass ein solarer Supersturm einen lang anhaltenden und weltweiten Zusammenbruch der Stromnetze verursacht. Wenn nur in der Hälfte der Abklingbecken das Wasser verkocht und in den Kernkraftwerken radioaktive Zirkonium-Infernos ausbrechen, wäre die Strahlenverseuchung höher als bei 400 Tschernobyl-Katastrophen.

Die meisten Mensch glauben, dass man einen Kernreaktor einfach abschalten oder zumindest in ein bis zwei Tagen herunterfahren kann. Obwohl ich am Massachusetts Institute of Technology 1978 meinen Bachelor in Maschinenbautechnik gemacht habe, dachte ich das bis vor Kurzem noch selbst. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Die Billionen Kettenreaktionen im Reaktorkern setzen unvorstellbare Energiemengen frei. Ein einziges Kernkraftwerk erzeugt mehr Elektrizität, als nötig ist, um eine Großstadt zu versorgen. Genau diese Reaktionen sind nicht per Knopfdruck von „jetzt auf gleich“ zu stoppen. Es dauert fünf bis sieben Tage, um sie so weit zu drosseln, dass die Brennstäbe aus dem Reaktor entfernt werden können. Nach der Entnahme sind die Stäbe ziemlich „heiß“, sowohl was die Temperatur betrifft als auch ihre Radioaktivität.

Arnie Gundersen ist Kernenergie-Insider und ehemaliger Vizepräsident der Nuclear Engineering Services Corporation. Seiner Einschätzung nach würden in Fukushima selbst acht Monate nach dem Abklingen der Kettenreaktion die Brennstäbe wieder zu schmelzen beginnen, falls der Kühlkreislauf nur 38 Stunden lang unterbrochen wäre. Gundersen erläutert, dass im Prinzip alle modernen Reaktoren mit gruppiert angeordneten Brennstäben gebaut werden. In den Hüllrohren der Brennstäbe befinden sich die hochradioaktiven Stoffe. Dazu kommen ebenso gruppierte Steuerstäbe, die in die Brennstäbe hineingreifen wie die Finger gefalteter Hände. Über das Ein- und Ausfahren der Steuerstäbe wird die Stärke der Kettenreaktion reguliert.

Die Steuerstäbe tragen auch zur „Störsicherheit“ bei. Sollte der Reaktor außer Kontrolle geraten, so Gundersen weiter, würden die Steuerstäbe automatisch in ganzer Länge zwischen die Brennstäbe fallen, wodurch die Kernreaktion maximal gebremst und der Abschaltprozess des Reaktors eingeleitet wird.11 Dadurch reduziert sich die erzeugte Energie sehr schnell auf ca. fünf Prozent der vollen Leistung. Es bleiben jedoch mehrere Megawatt an sogenannter Nachzerfallswärme, die abgeführt werden müssen, damit sich der Reaktor nicht überhitzt. Nach einem Tag mit voll eingefahrenen Steuerstäben ist die Kettenreaktion auf ein Prozent zurückgegangen, nach einer Woche auf ca. 0,1 Prozent. Wenn sich die Reaktion so weit abgeschwächt hat, dass die Brennstäbe entnommen werden können, müssen sie drei bis fünf Jahre in Abklingbecken gelagert werden, bevor sie in Zwischenlagern an der Luft weiter abkühlen
können.

Wie schon erwähnt, müssen Kernkraftwerke lediglich genügend Diesel vorhalten, um ihre Notstromgeneratoren eine Woche lang betreiben zu können. Die US-Behörden gehen davon aus, dass großflächige Netzausfälle nicht länger als einige Tage andauern, und die Regierung sichert zu, bei einer größeren Katastrophe die Versorgung mit Diesel-Tankwagen aufrechtzuerhalten.
Sie sollen die betroffenen Kernkraftwerke zuverlässig beliefern, bis die Stromversorgung wiederhergestellt ist. Unglücklicherweise kann sich niemand vorstellen, dass der nächste von Mutter Natur losgelassene Supersturm mit ziemlicher Sicherheit die Stromnetze der Industrieländer nicht nur wenige Tage, sondern ein paar Jahre lang außer Gefecht setzen wird. Dass unter so chaotischen Umständen alle Kernkraftwerke wöchentliche Diesel-Lieferungen bekommen, halte ich für sehr unwahrscheinlich.

EMP-Angriffe

Elektromagnetische Impulse (EMP) und solare Superstürme sind verschiedene, aber miteinander zusammenhängende Ereignisse. Sonnenstürme erzeugen im Erdmagnetfeld natürliche elektromagnetische Impulse. Sie treten selten auf, betreffen aber potentiell viele Millionen Menschen [engl. HILF: high-impact, lowfrequency]. Stellen Sie sich einen EMP als eine äußerst starke Funkwelle vor, die großflächig Überspannungen in elektrischen Leitungen und elektronischen Geräten verursachen kann.

Als EMP-Angriff wird dagegen die Wirkung einer in großer Höhe explodierenden Atombombe bezeichnet, wobei „große Höhe“ grob als 40-385 km über der Erdoberfläche definiert wird. Betroffen wäre dabei das von der Detonationsstelle aus überblickbare Areal – eine kreisförmige Fläche mit einem Durchmesser von ca. 2.400 km. Das entspräche einem Gebiet, das sich von Quebec bis nach Texas erstreckt. Problematisch wäre es, wenn ein Staat oder eine Terrororganisation eine Atombombe bauen oder illegal erwerben würde. Mit einer auf dem Schwarzmarkt beschafften Scud-Rakete könnte man den Sprengkörper vor der US-Küste von einem großen Fischerboot oder Frachtschiff aus abschießen.

Ein EMP-Angriff läuft in mehreren Phasen ab: Bei der Detonation wird zunächst ein kurzer Impuls erzeugt, der sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet – der sogenannte E1-Effekt. Danach kommt der mittellange E2-Impuls, gefolgt von einer als E3-Effekt bezeichneten, länger anhaltenden Störung. Der E1-Effekt verursacht schwere Schäden an elektronischen Geräten, besonders anfällig ist digitale Mikroelektronik. Der E2-Effekt hat dieselbe Wirkung wie mehrere tausend Blitze, die in einem großen Gebiet gleichzeitig einschlagen. Nach etwa einer halben Sekunde setzt der E3-Effekt ein, der mehrere Minuten anhalten kann. In seiner Wirkung ähnelt er einer starken Störung im Erdmagnetfeld, nur dass das natürliche Ereignis mehrere Stunden oder gar Tage dauern kann.12

Ein „geglückter“ EMP-Angriff auf die USA würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zum sofortigen Kollaps des Stromnetzes in weiten Teilen des Landes führen. Zudem würde in den betroffenen Gebieten die Steuerungselektronik von Kernkraftwerken, Chemiefabriken, Telekommunikationssystemen und sonstigen Industrieanlagen zerstört. Ein Börsencrash wäre sicher die Folge. Moderne Digitaltechnik ist gegen EMP äußerst empfindlich. Dazu zählen speicherprogrammierbare Steuerungen für Fabrikmaschinen, ebenso Betriebsleitsysteme und computergestützte Überwachungs- und Steuerungssysteme.

Kommentare

26. Juli 2012, 17:41 Uhr, permalink

Bahi Fugoru

Ja, interessanter Beitrag, keine Frage. Aber, wenn ich mir die Sonnenaktivität in diesem Sonnenflecken-"maximum" so ansehe, ist das eine einzige Katastrophe. Selten so ein schwaches und "ungefährliches" Maximum des 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus gesehen. Dabei sollte es da in dieser Zeit (2011-2012) dort so richtig abgehen! Nix zu sehen.
Also, nix für ungut. Es wird alles nicht so heiß gegessen wie es gekocht wird, oder?
Bahi

17. August 2012, 16:58 Uhr, permalink

Sven

Ich habe noch nie eine Seite gesehen, die so mit angeblichen Wissenschaftlern um sich wirft, wie diese hier. Hier wird ganz einfach Kapital daraus geschlagen, dass die meisten Menschen alles Glauben was man ihnen erzählt. Die Sonne spielt in kleinster Weise verrückt, ihre Leistung variiert nur geringfügig, was in Zyklen mit je elf Jahren Länge erkennbar ist. Und dieses angebliche, ach so starke Maximum ist, wie mein Vorredner schon schrieb, enttäuschend schwach. Wobei ich mich doch so auf ein paar Monate Gratisurlaub freute, da mangels Strom mein Betrieb nicht mehr funzt.
Ansonsten Rate ich denen, die leichtgläubig in Panik verfallen, einfach mal den kostenlosen Caritas Psychologen aufzusuchen.

28. Januar 2014, 17:19 Uhr, permalink

Wolfgang

@Sven
Die Sonne wird sich wohl kaum an einen Zyklus halten. Im Universum gibt es keine Irdischen Gesetze, die der Wurm Mensch schreibt. Schon der nächste KMA kann uns Menschen erheblich dezimieren. Sie werden auch keinen Urlaub haben, denn dann geht es um das nackte Überleben, und Ihr Betrieb wird Ihnen recht egal sein. Es wird von einer zur anderen Minute nichts mehr so sein wie es war. Wir werden so leben werden wie 1750 und davor. Es wird sehr lange keinen Strom mehr geben, und der größte Teil der Erde wird Atomar verseucht sein.
Das was Sie jeden Tag auf den Straßen, in Bahnen und Bussen erleben, wird sich massivst verstärken, denn jeder ist sich selbst der nächste.
Ich könnte dies noch weiter ausschmücken, aber dies würde den Rahmen dieser Kommentarfunktion sprengen.
Gruß
Wolfgang

28. Januar 2014, 17:20 Uhr, permalink

Wolfgang

@Sven
Die Sonne wird sich wohl kaum an einen Zyklus halten. Im Universum gibt es keine Irdischen Gesetze, die der Wurm Mensch schreibt. Schon der nächste KMA kann uns Menschen erheblich dezimieren. Sie werden auch keinen Urlaub haben, denn dann geht es um das nackte Überleben, und Ihr Betrieb wird Ihnen recht egal sein. Es wird von einer zur anderen Minute nichts mehr so sein wie es war. Wir werden so leben werden wie 1750 und davor. Es wird sehr lange keinen Strom mehr geben, und der größte Teil der Erde wird Atomar verseucht sein.
Das was Sie jeden Tag auf den Straßen, in Bahnen und Bussen erleben, wird sich massivst verstärken, denn jeder ist sich selbst der nächste.
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Gruß
Wolfgang

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