Steigende Krebsraten und Gardasil

Wer unseren Leitartikel in Heft 75 aufmerksam gelesen hat, konnte es ahnen. Was soll auch passieren, wenn ein Impfstoff viel zu kurz an Surrogatmarkern getestet wird? Die fehlende Langzeitstudie läuft jetzt live an unseren Kindern, und der französische Onkologe Gérard Delépine hat unerfreuliche Neuigkeiten aus dem globalen Versuchslabor: In vier von ihm untersuchten Staaten, die eine hohe Durchimpfungsrate gegen HPV aufweisen, sind die Erkrankungsraten für Gebärmutterhalskrebs gestiegen – und zwar ausgerechnet in den Altersgruppen der Geimpften.

Vereinigte Staaten von Amerika

In den USA ist die Impfquote fast 60 Prozent niedriger als in den zuvor genannten Ländern.

Dem „Cancer Statistics Review 1975–2015“12 zufolge bleibt das standardisierte Inzidenzverhältnis von invasivem Gebärmutterhalskrebs seit Beginn der Impfung stabil (+ 0,1).

In den USA wird die gleiche Diskrepanz in den verschiedenen Altersgruppen beobachtet, jedoch mit geringerem Ausschlag.

Frauen über 50 profitieren von einem Rückgang von etwa 5 Prozent (von 10,37 pro 100.000 im Jahr 2007 auf 9,87 im Jahr 2015), während sich bei den jüngeren Frauen, zu denen die Geimpften zählen, das Risiko um 4 Prozent erhöhte (von 5,24 im Jahr 2007 auf 5,47 im Jahr 2015).

Frankreich

Die Entwicklung in den anfangs erwähnten Ländern mit hoher Durchimpfungsrate kann mit der Entwicklung in den französischen Ballungsräumen verglichen werden, wo nur eine sehr niedrige HPV-Impfdichte vorliegt (etwa 15 Prozent).

Somit kann Frankreich als Kontrollland betrachtet werden.

In Frankreich ist die Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs von 15 im Jahr 1995 stetig gesunken: auf 7,5 im Jahr 2007, 6,7 im Jahr 2012 und schließlich auf 6 im Jahr 2017. Damit ist das Inzidenzverhältnis in Frankreich viel niedriger als in Ländern mit hoher Impfabdeckung.17

Dieser Rückgang des Krebsrisikos ging einher mit einem Rückgang der Sterberate von 5 im Jahr 1980 auf 1,8 im Jahr 2012 und 1,7 im Jahr 2017.

Es ist paradox und äußerst beunruhigend, dass diese hervorragenden Ergebnisse in Frankreich – das niedrige Gebärmutterhalskrebsrisiko und der damit verbundene Sterblichkeitsrückgang – durch eine übereilte Impfpflicht gefährdet werden könnten, die auf Fehlinterpretationen und falschen Informationen seitens der Pharmaindustrie beruht.18

Die Situation in Deutschland

Seit 2007 wird in Deutschland allen Mädchen die HPV-Impfung empfohlen. Für 9- bis 17-jährige ist sie Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung. Bis 2014 waren drei Impfstoffdosen vorgesehen, nach einer Aktualisierung der Impfstoffzulassung reichen zwei Dosen für eine vollständige Immunisierung aus. Gegenwärtig sind drei Impfstoffe zugelassen.13

Seit 2018 wird die Impfung auch für Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren empfohlen.14

Im internationalen Vergleich liegt Deutschland hinsichtlich der Impfquote im Mittelfeld. 2015 lag die Quote für eine vollständige Impfserie bei den 15-jährigen Mädchen bei 31,3 Prozent, bei den 17-jährigen waren es 44,6 Prozent.15 Die Impfdichte in Deutschland ist somit nur etwa halb so hoch wie in Großbritannien oder Schweden.

In den einzelnen Altersgruppen lassen sich ähnliche Entwicklungen beobachten wie in den USA.

Bis in die frühen 2000er Jahre sank das Inzidenzverhältnis von invasivem Gebärmutterhalskrebs in allen beobachteten Altersgruppen, was vermutlich auch auf die Erfolge des Pap-Abstriches zurückzuführen ist. Bei den Frauen zwischen 20 und 25 Jahren (die geimpften Jahrgänge) stieg die Inzidenz nach Einführung der Impfung zwar von 5,3 pro 100.000 im Jahr 2007 auf einen kurzzeitigen Spitzenwert von 6,5 im Jahr 2013 an (eine Steigerung von fast 23 Prozent), ging im Jahr 2014 aber wieder auf 5,9 zurück und liegt insgesamt etwa auf dem Niveau der Werte vor 2007.

Bei den Frauen ab 40, die nicht geimpft wurden, ist in den Jahren zwischen 2007 und 2014 ebenfalls ein gleichbleibendes bis sinkendes Risiko zu beobachten. In der Altersgruppe der 45- bis 49-jährigen ist dieser Rückgang mit fast 20 Prozent von 19,2 auf 15,4 am auffälligsten. Lediglich bei den 60- bis 64-jährigen ist das Risiko seit 2007 wieder angestiegen, von 13,7 auf 16,1 im Jahr 2014.

Die positivste Entwicklung zeigt jedoch die Altersgruppe der über 70-jährigen Frauen. Bei den 70- bis 74-jährigen nahm die Inzidenz beispielsweise um 29 Prozent ab, von 15,9 im Jahr 2007 auf 11,3 im Jahr 2014.16

Entscheidungsträger und Medien müssen gewarnt werden

In allen Ländern, die eine hohe HPV-Impfdichte erreichten, zeigen offizielle Krebsregister eine Zunahme der Häufigkeit von invasivem Gebärmutterhalskrebs.

In der Altersgruppe der Frauen unter 20 sind die Zahlen noch zu niedrig, um statistische Signifikanz zu erreichen, aber ein ähnlicher Anstieg in allen untersuchten Ländern wirkt alarmierend.

Das ansteigende Inzidenzverhältnis bei Frauen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren nach der Aufholimpfung ist von großer Bedeutung. Im gleichen Zeitraum hat sich das Krebsrisiko bei älteren, ungeimpften Frauen aus denselben Ländern hingegen verringert.

Außerdem sinkt das Inzidenzverhältnis von Gebärmutterhalskrebs in den französischen Ballungsräumen, wo nur eine niedrige Impfdichte erreicht wird, im selben Ausmaß wie in der Zeit vor der HPV-Impfung.

Diese widersprüchlichen Ergebnisse drängen förmlich zu einer Überarbeitung der Impfempfehlungen sowie intensiven Untersuchungen, um dieses akute Problem zu lösen.

Endnoten

  1. Cancer Research UK: Cervical Cancer (C53): 1993–2015, European Age-Standardized Incidence Rates per 100.000 Population, Females, August 2018; https://tinyurl.com/y86dhn44
  2. Australian Institute of Health and Welfare: „Cancer in Australia 2017“, Cancer Series No. 101, Cat. No. CAN 10,0 (Canberra: AIHW); https://tinyurl.com/y4jpo7zg
  3. NORDCAN, Association of the Nordic Cancer Registries, 03.01.18; https://tinyurl.com/y4cmexef
  4. Hansen, B. T., Campbell, S. und Nygård, M.: „Long-term incidence of HPV-related cancers, and cases preventable by HPV vaccination: a registry-based study in Norway“ in BMJ Open, 2018; 8:e019005; https://tinyurl.com/yyb6eol4
  5. „Table 5.1, Cancer of the Cervix Uteri (Invasive), Trends in SEER Incidence and US Mortality“ in SEER Cancer Statistics Review 1975–2012; https://tinyurl.com/y6swbatt
  6. Australian Institute of Health and Welfare: „Australian Cancer Incidence and Mortality (ACIM) books“, (Canberra: AIHW), 2017
  7. Castanona, A. und Sasienia, P.: „Is the recent increase in cervical cancer in women aged 20–24 years in England a cause for concern?“ in Preventive Medicine, 2018, 107:21–28; https://tinyurl.com/yyur4m3q
  8. Karolinska Universitetssjukhuset, Regionalt Cancercentrum Väst: „Nationellt Kvalitetsregister för Cervixcancerprevention (NKCx)“; https://tinyurl.com/y62opns5 (auf Schwedisch)
  9. Engholm G. et al.: „Cancer Incidence, Mortality, Prevalence and Survival in the Nordic Countries, Version 8.1“, Association of the Nordic Cancer Registries, Danish Cancer Society, 28.06.18; www.ancr.nu
  10. Cancer Registry of Norway: „Cancer in Norway 2016“; https://tinyurl.com/y5kacepr
  11. Engholm, G. et al.: Ebd.
  12. National Center for Health Statistics, CDC: SEER 9
  13. Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin, 04.01.18, 1:8–9; https://tinyurl.com/y3f9v4e5
  14. Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin, 28.06.18, 26:1; https://tinyurl.com/yb5u5za4
  15. Robert-Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin, 04.01.18, 1:9; https://tinyurl.com/y3f9v4e5
  16. Die angegebenen Werte sind Daten der Jahre 1999 bis 2014 vom Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert-Koch-Instituts; https://tinyurl.com/y278dpce
  17. Francim, HCL, Public Health France, INCa: „Projections of Cancer Incidence and Mortality in Metropolitan France in 2017 – Solid Tumors“, Public Health France, 02.12.18
  18. Lesen Sie auch unseren Artikel „Gardasil, alert, imminent risk of mandatory vaccination against HPV unnecessary, and sometimes dangerous, for girls and boys“ in Agoravox, 23.07.18; https://tinyurl.com/yyku3fqz

Kommentar schreiben

Folgende Art von Kommentaren sind unerwünscht und werden von uns entfernt:

  • (Schleich-)Werbung jedweder Art
  • Kommentare die nichts zum Thema beitragen
  • Kommentare die der deutschen Sprache nicht gerecht werden
  • Geplänkel mit anderen Kommentarschreibern
  • Kontaktanfragen an die Redaktion (benutzen Sie hierfür bitte das Kontaktformular)

Bitte beachten Sie unsere Datenschutzhinweise