Geheimnisse der irischen Rundtürme (Teil 1)

Alanna Moore - Kraftturm 100px - 72dpiÜberall in Irland ragen massive Rundtürme aus den Ruinen alter Klöster empor. Obwohl sie mutmaßlich im christlichen Mittelalter errichtet wurden, sind sie mit keltischen Symbolen verziert und stehen im Zentrum alter Rituale. Welchem Zweck sie ursprünglich dienten, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Während viele Historiker sie als Glockentürme bezeichnen, gibt es Anzeichen dafür, dass sie besondere Kraftorte markieren und wie steinerne Antennen kosmische Energien in den Boden übertragen.

Der niedrige Steinturm der Anlage (ein „Cashel“) wurde 263 Meter oberhalb des Meeresspiegels auf dem Gipfel eines Rundhügels erbaut und erhebt sich inmitten dreier konzentrischer, kreisförmig angelegter irdener Ringwälle. Von diesem zentralen Punkt aus lassen sich fünf Grafschaften überblicken. Rutengänger berichten, dass hier mehrere „Ley-Linien“ zusammenlaufen. Der einzige Eingang der Anlage ist nach Osten ausgerichtet, wie traditionell bei allen Ringforts üblich. Das Mauerwerk dieses wichtigen Gebäudes zeigt alle Gestaltungselemente archaischer Rundtürme: eine typische, ringförmige Bauweise mit abgeböschten (nach innen geneigten) Wänden, primitive Türstürze und geneigte Türrahmen.

Grianán ist ein Oberbegriff für ein steinernes Gebäude auf einer Bergspitze, auf das die ersten Strahlen der Sonne treffen; später bezeichnete man damit auch einen Wintergarten auf dem Dach eines Hauses. Der Tradition nach war er eine Frauenresidenz, zu der Männer keinen Zutritt hatten. Ein solcher Grianán existierte auch in Tara. In den Legenden wurden Grianáns als Orte der Gefangenschaft dargestellt, wo Königstöchter vor der Männerwelt versteckt wurden. Sie waren außerdem Thronsäle matriarchaler Heldinnen. Von Feenköniginnen sagte man, sie würden in Grianáns aus reinem Kristall leben, sogenannte „Feenlauben“. Das Grianán von Aileach soll angeblich von drei „Prinzessinnen“ regiert worden sein: Sonne, Mond und Sterne. Es könnte also teilweise als Observatorium gedient haben.

Inneres

Das Innere eines Turms, vom Boden aus nach oben fotografiert

Das Cashel wurde zuerst im Jahr 676 zerstört und ein zweites Mal vom König von Munster im Jahr 1101, bis es im 19. Jahrhundert schließlich „restauriert“ wurde. Es ist eines der wenigen archäologischen Überbleibsel der späten Eisenzeit bzw. des frühen Mittelalters. Die restlichen, ähnlichen Cashels aus dieser Periode sind Don Aengus auf Inishmore, eine der Aran-Inseln, und Staigue Fort in der Grafschaft Kerry.

Andere Hinweise auf die Kreisform finden sich in der irischen Landschaft: Die Insel ist übersät von Steinkreisen und Menhiren. Energetisch betrachtet sind viele dieser Megalithen noch heute intakt und wirken wie Nadeln zur Erdakupunktur. In einer landwirtschaftlichen Gesellschaft dienten Fruchtbarkeitskulte dazu, die Erneuerung der Kulturzyklen aufrechtzuerhalten. Die Menschen wirkten rituell auf die Naturkräfte ein, um die Balance von Yin- und Yang-Energien zu gewährleisten. Die phallische Natur von Menhiren und Türmen scheint in diesem Kontext gut ins Bild zu passen, falls sie tatsächlich dazu bestimmt waren, die kosmischen Yang-Kräfte in den Schoß von Mutter Erde zu leiten.

Lalors Methode, die Türme gemäß ihrem architektonischen Stil zu datieren, ist äußerst überzeugend, obschon er einräumt, dass Mauerstile in dieser Hinsicht nicht sehr zuverlässig sind, weil sie keiner logischen stilgeschichtlichen Entwicklung folgen. Irische Maurer waren konservativ und hielten sich größtenteils an die alten Formen.

Das Innere eines Turms, vom Boden aus nach oben fotografiertDie Bauweise der Rundtürme blieb über die rund 250-jährige Turmbauphase hinweg unverändert. Tatsächlich überlebte das grundlegende kreisförmige Planungskonzept in Irland länger als sonst irgendwo in Europa – vom späten Neolithikum bis ins Spätmittelalter. Es wurde zunächst für Bestattungs- und rituelle Zwecke und später für Behausungs-, militärische und geistliche Zwecke herangezogen.

Die irische Bautradition erfuhr nach 500 Jahren zunächst leichte Veränderungen, als im 11. Jahrhundert kunstvollere romanische Stile modern wurden. Ein grundlegender Wandel vollzog sich schließlich im 12. Jahrhundert, als die Normannen ihre rechteckige und geordnete Bauweise mit Gewalt durchsetzten.

Das kreisförmige Planungskonzept spiegelt sich noch heute in der Anordnung von Häusern und Straßen um viele wichtige Kirchenzentren wider. Ein weiteres Merkmal, das immer noch mit Türmen und Klöstern in Verbindung steht, sind die Baumreihen entlang der Straßen, die zu den entsprechenden Siedlungen führen.

Von der Bronze- bis zur Eisenzeit

Etwa zwischen den Jahren 650 und 300 v. Chr. wanderten heidnische keltische Völker mit fortschrittlichen Technologien nach Irland ein und begannen die einheimische Kultur in einem gewissen Maß zu verdrängen. Die Gesellschaft veränderte sich allerdings nicht bedeutend, und nach der keltischen Invasion genoss Irland eine lange Zeit friedlicher Unabhängigkeit – bis zum Einfall der Normannen im Jahr 1169 n. Chr.

Die Eisenzeit, die mit der Ankunft der Kelten ihren Anfang genommen hatte, war im Jahr 432 n. Chr. gerade vorüber, als St. Patrick in Irland zu missionieren begann. Im Verlauf der zweiten Hälfte der Eisenzeit wandelte sich das Angesicht Irlands sehr zügig, denn mit dem Aufkommen eiserner Landwirtschaftswerkzeuge mussten immer mehr Wälder Kulturlandschaften weichen, was durch Pollenanalysen bestätigt wird.

Der Wandel beschleunigte sich im 4. und 5. Jahrhundert drastisch, was wahrscheinlich auf die Einführung des Eisenpflugs zurückgeht. Interessanterweise besagen alte Überlieferungen, Eisen halte Feen und Hexen fern. So soll ein eiserner Schlüssel unter einem Stuhl Hexen unschädlich machen. Mit der Eisenzeit begann auch der Niedergang alter Traditionen und Sagen über die Naturgeister. Unter Rutengängern ist Eisen dafür bekannt, feinstoffliche Energien zu „unterbrechen“, und da die Landschaft während der Eisenzeit so drastisch verändert wurde, lässt sich leicht nachvollziehen, warum einige Menschen ihren Siegeszug als das Ende der harmonischen Beziehung zwischen Mensch und Natur begriffen.

Während seiner Unabhängigkeit entwickelte sich in Irland eine relativ friedliche, überraschend egalitäre Kultur. Jede der fünf Provinzen wurde von einer straffen Allianz aus 150 mehr oder weniger bedeutenden Dynastien regiert, die jeweils die Königsherrschaft über zumeist recht kleine Territorien („Tuatha“) beanspruchten.

Die Gesamtbevölkerung mag damals vielleicht 500.000 Menschen betragen haben, und in den einzelnen Klans herrschte ein starkes Gemeinschaftsgefühl. In ihren umfriedeten Behausungen, den Ringforts, lebten sie in Sippenverbänden zu jeweils vier Generationen zusammen, die sich auf einen gemeinsamen Ahnen beriefen.

Fehden und gegenseitige Angriffe zwischen den Gruppen waren keine Seltenheit. Doch trotz der politischen Unterteilung in eine Vielzahl von Königreichen war die indigene Kultur Irlands überraschend homogen. Ein regelrechter Nationalkodex, die Brehon Laws, verherrlichte Gerechtigkeit und sprach Frauen einen recht ansehnlichen Status zu. Auf der ganzen Welt waren die Iren bald für ihre Weisheit und ihr Wissen bekannt. Das irische Rechtssystem war trotz der Abwesenheit einer Zentralverwaltung effektiv. Es setzte auf allgemeinen Konsens und die Autorität besonderer Rechtsgelehrter – der Brehon –, die von den Lokalherrschern eingesetzt wurden.

Der heilige Patrick von Irland

Die christliche Ära führte das formelle Ende des Heidentums herbei, obwohl es nie gänzlich ausgerottet wurde. Die Kirche war gewieft genug, heidnische Stätten für ihre eigenen Zwecke zu nutzen, um die Loyalität der Einheimischen einfacher erschleichen zu können: Im Grunde genommen ähnelte der Glaube der Römer dem der Iren – also schrieb Papst Gregor I. im Jahr 601 n. Chr. an Augustinus von Canterbury und trug ihm auf, die heidnischen Tempel nicht zu zerstören, sondern sie ausfindig zu machen, zu bereinigen und in Kirchen umzuwandeln.

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